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Einmal durch die Hölle und zurück

Einmal durch die Hölle und zurück

Titel: Einmal durch die Hölle und zurück
Autoren: Josh Bazell
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wenigstens sagen, worüber er mit
mir
sprechen will?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Ganz unter uns?«
    »Tut mir leid«, sagt sie, »das will er Ihnen selbst sagen. Rec Bill legt großen Wert auf Vertrauen.«
    Sie blinkt, um zur Ausfahrt zu gelangen. »Da wir gerade davon reden: Ich soll warten und Sie nach dem Gespräch zu Ihrem Hotel bringen, aber ich glaube, da weigere ich mich. Ich finde Katastrophen dermaßen interessant, dass ich fremde Männer damit zu Tode langweile, aber sogar ich muss mich hinterher betrinken und so tun, als hätte ich noch nie was davon gehört. Bitten Sie Rec Bill einfach, Ihnen ein Taxi zu bestellen. Und heben Sie die Quittung auf.«

3 Portland, Oregon
    Immer noch Montag, 13 . August
    Das elfte Stockwerk des Hauptgebäudes von Rec Bills Bürokomplex scheint ein einziger riesiger Raum zu sein, der bis auf einen Strahler über dem Empfang und einen weiteren über dem Wartebereich dunkel ist. In die vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster des Wartebereichs wurden Rinnen gefräst, die das Regenwasser in Baumformen leiten. Das Plätschern des Wassers erschwert es mir, die übrigen Geräusche auf dieser Etage zu erkennen.
    Etwa sieben Meter entfernt leuchtet plötzlich ein ganzes Büro in einem Glaskubus auf. Es sieht aus wie ein Diorama in einem Naturkundemuseum. Dann gibt es sogar einen Mann, der vom Schreibtisch aufsteht.
    Einen Augenblick denke ich, dass er im Dunkeln gesessen und gewartet hat, bis das Licht angeht, aber dann wird mir klar, dass das nicht sein kann: Der dunkle Kubus ist bloß lichtdurchlässig geworden. Flüssigkristall im Glas oder so was.
    Als der Mann aus dem Büro tritt und auf mich zukommt, springen weitere Strahler an, um ihm den Weg zu weisen. Ende vierzig, durchtrainierter Körper und Pferdeschwanz. Blazer, über der Hose getragenes Hemd, Designerjeans und elegante Halbschuhe – die komplette Yuppietrottel-Bekleidung, aber als ich sein Gesicht sehe, beschließe ich, mich mit meiner Meinung zurückzuhalten. Es sieht schmerzzerfurcht aus. Um nicht zu sagen, von Schmerz zerschnitten.
    Doch im Augenblick lächelt er. »Was meinen Sie?«, fragt er mich. »Echt oder gefälscht?«
    Ich habe keine Ahnung, wovon er spricht. Nach dem aufleuchtenden Büro und Calamity Jane in ihrem Wagen frage ich mich, ob er mich mit unheimlichen Dingen hypnotisieren will, wie es Milton Erickson angeblich konnte. Dann sehe ich, dass er ein Ölgemälde an der frei stehenden weißen Wand neben mir betrachtet.
    Es ist ein Stadt-unterm-Sternenhimmel-Bild im Stile van Goghs, das tatsächlich mit
»Vincent«
signiert ist.
    »Ich weiß nicht«, erwidere ich.
    »Raten Sie mal.«
    »Darf ich das Bild berühren?«
    »Nur zu.«
    Ich lege die Hand auf die dick aufgetragene Farbe. »Gefälscht.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Sie haben mir erlaubt, es zu berühren.«
    »Sie haben recht«, sagt er. »Obwohl es fast so viel gekostet hat wie das Original.«
    Er steht weiter stirnrunzelnd davor, bis ich irgendwann frage: »Warum?«
    »Es wurde von einem Computer gemalt. Wir wollten die Reihenfolge der Pinselstriche und die dabei verwendete Farbe mit Hilfe einer Computertomographie ermitteln. Aber neben dem Original sieht das hier einfach beschissen aus. Einer der Materialexperten meint, es liegt daran, dass es beim Original zu viele falsche Anfänge und Korrekturen gibt.«
    »Nächstes Mal sollten Sie jemanden kopieren, der malen konnte.«
    »Ha«, sagt der Mann. »Ich bin Rec Bill.« [7]
    »Lionel Azimuth.«
    »Ich weiß. Kommen Sie mit in mein Büro.«
     
    »Ich glaube, ich zeige Ihnen erst mal die DVD «, sagt Rec Bill. Er sitzt hinter seinem gläsernen Schreibtisch. Darauf befinden sich nur ein kleiner rosagoldener Aschenbecher mit einer Visitenkarte, deren beschriftete Seite nach unten zeigt, und ein aufgeschnittener gepolsterter weißer Umschlag.
    »Möchten Sie etwas trinken?«, fragt er.
    »Nein, danke.« Falls Rec Bill meine Fingerabdrücke haben will, muss er jemanden auf das verdammte Schiff schicken.
    Falls.
    Ich weiß nicht, was er vorhat, denn ich weiß nicht, für wen er mich hält. Professor Marmoset dürfte ihm nicht die Wahrheit über mich erzählt haben, aber ich gehe davon aus, dass jemand, der so reich ist, meine Vorgeschichte überprüft hat. [8] Doch Lionel Azimuth hat kaum eine Vorgeschichte.
    »Was hat Ihnen Dr. Hurst erzählt?«, fragt er.
    »Nichts.«
    »Gut. Mal sehen, was Sie hiervon halten.«
    Rec Bill drückt und tippt auf einige nicht näher gekennzeichnete Punkte auf
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