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Einfach losfahren

Einfach losfahren

Titel: Einfach losfahren
Autoren: Fabio Volo
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ihr den Einkauf machen würde. Einmal schickte ich ihr einen Strauß noch fast geschlossener Tulpen in die Bar. In jeder Tulpenblüte hatte ich einen kleinen Zettel mit einem Satz versteckt. An den darauffolgenden Tagen sollte sie, wenn sie nach Hause kam, auf dem Tisch die Zettelchen sehen, die plötzlich aus den sich öffnenden Tulpen herausgeflattert kamen. Die üblichen pathetischen Plattheiten, zu denen nur ein Mann fähig ist, der Feuer gefangen hat.
    Dann kamen mir Zweifel. Vielleicht machten die Aufmerksamkeiten eines Unbekannten ihr Angst oder weckten zumindest ihr Misstrauen.
    »Und wenn sie mich für einen Verrückten hält? Wenn ich ihr auf die Nerven gehe?«
    Auf das nächste Zettelchen schrieb ich deshalb: »Ich bin nur neugierig auf dich. Ich habe dich eines Tages gesehen, und du bist mir irgendwie nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Ich würde gern herausfinden, warum. Ich bin kein Verrückter. Aber wenn dieses Spiel dir Angst macht oder auf die Nerven geht, höre ich sofort damit auf. Du musst morgen nur etwas anziehen, das so gelb ist wie die Tulpen, die ich dir geschickt habe, dann gebe ich auf. Ciao.«
    Am nächsten Tag ging ich in die Bar, um einen Kaffee zu trinken: Sie trug nichts Gelbes, nicht mal einen Armreif.
    So lief das Spielchen eine Weile weiter. Ich hinterließ nicht jeden Tag ein Zettelchen, denn manchmal hatte sie direkt vor der Bar geparkt. Eines Abends ging ich dann auf eine Party. Während ich mich unterhielt, entdeckte ich in der Menge plötzlich Francescas Gesicht. Einen Augenblick lang sahen wir uns an. Boom! Unsere Blicke hatten sich berührt. Dann wandte sie sich ab und sprach weiter mit den anderen. Da ich ja offensichtlich unsichtbar war, überlegte ich, ob sie vielleicht die Wand hinter mir angeschaut hatte.
    »Okay, jetzt gehe ich zu ihr hin und sage, dass ich der Typ mit den Zettelchen bin«, nahm ich mir vor. Aber dann tat ich so, als ob nichts wäre, und holte mir lieber etwas zu trinken. Nur ab und zu sah ich verstohlen zu ihr hinüber. Nach einer Weile begann ich mich zu langweilen und beschloss zu gehen. Ich suchte Francesca, um mich mit einem Blick von ihr zu verabschieden, fand sie aber nicht. Ich machte einen Rundgang durch die Wohnung, um nachzusehen, ob sie in irgendeiner Ecke mit einem anderen knutschte. Ich war schon eifersüchtig… Nichts, sie war nicht mehr da. Dafür traf ich sie draußen vor der Haustür. Die Freundin, mit der sie da stand, fragte mich, ob ich sie beide bis zur Piazza mitnehmen könne, wo sie geparkt hatten.
    »Gern.«
    Was ein Glück, dass ihre Freundin mich bemerkt hatte, für sie war ich offenbar nicht durchsichtig.
    Im Auto saß Silvia neben mir, Francesca saß hinten und fragte irgendwann: »Darf ich im Auto rauchen?«
    »Ja, klar.«
    Es nervt mich, wenn jemand im Auto raucht – als Exraucher ertrage ich den Gestank nicht –, doch in diesem Fall war ich feige. Wie hätte ich auch dagestanden, wenn ich geantwortet hätte: Nein, du darfst hier nicht rauchen. Ich werd’s ihr später mal sagen, dachte ich, wenn wir ein Paar sind, wenn wir Kinder haben, wenn wir vertrauter miteinander sind.
    »Möchtest du auch eine Zigarette?«
    »Ich hab aufgehört.«
    »Seit wann denn?«
    »Seit zwei Jahren oder so.«
    »Und wieso hast du mich dann vor nicht mal einem Monat um eine gebeten?«
    Jippie!, jubelte ich heimlich. Ich bin nicht unsichtbar, sie sieht mich! Dann sagte ich: »Das war ein Rückfall, und ich hab sie auch gar nicht aufgeraucht. Dann erinnerst du dich also an mich, ich dachte, du hättest mich nicht bemerkt…«
    »Hm… sagen wir mal, die anderen Gäste sind nicht so nett wie du.«
    »Ah ja…«
    Schweigen. Ich brachte kein Wort mehr über die Lippen. Ich konzentrierte mich aufs Fahren und sah sie dann mit einem idiotischen Lächeln durch den Rückspiegel an.
    Vor lauter Glückseligkeit trommelten meine Zehen in den Schuhen auf und nieder.
    »Ich fand die Party ein bisschen öde, deshalb bin ich gegangen. Aber ich bin noch gar nicht müde. Habt ihr Lust, noch was trinken zu gehen?«
    »Wir haben vor allem Hunger, können wir auch etwas essen gehen?«
    Der Gefühlsakrobatiker, der in mir wohnte, schlug einen Salto nach dem anderen, wie ein Windrädchen. Von meinen Zehen ganz zu schweigen. Wir aßen eine Pizza im Stehen, tranken dazu Bier und bummelten dann unter den Arkaden entlang und schauten uns die Auslagen der geschlossenen Geschäfte an. Ich platzte fast vor Glück. Mein Bauch kribbelte. Es war lange her, dass ich mich so
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