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Einfach ein gutes Leben

Einfach ein gutes Leben

Titel: Einfach ein gutes Leben
Autoren: Peter Ploeger
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große Wirtschaft nicht mehr klappt. Ich habe noch den Tauschring.« Die Menschen vertrauen nicht mehr darauf, dass die Wirtschaft in Zukunft alles Lebensnotwendige vorhalten wird. Ein Armutszeugnis für die Wirtschaftsordnung des Reichtums für alle.
Mitten im Überfluss von Unglück umgeben
    Wirtschaft ist immer das, was wächst. So lautete bisher der Glaubenssatz, dem Ökonomen, Politiker, Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen vertraut haben. Solange Wachstum da war, brauchten wir uns um die Wirtschaft keine Sorgen zu machen – folglich auch nicht um unsere Arbeitsplätze und die Versorgung mit allem Nötigen. Nicht erst die Krise von 2008/2009 hat daran ernste Zweifel aufkommen lassen, wiewohl sie sie sicher vertieft hat. Das Meinungsforschungsinstitut Emnid hat in einer Umfrage herausgefunden, dass der Glaubenssatz nicht mehr von allen geteilt wird und sich die Meinung der Bevölkerung zu einem großen Teil in Skepsis gewandelt hat. »Mag sein, dass die Konjunktur wieder anzieht – aber nur noch ein Drittel der Bürger glaubt daran, dass das Wachstum automatisch auch ihre private Lebensqualität steigern wird«, fasst die Zeit eines der wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammen. Eine ebenso kleine Zahl, 33 Prozent, glaubt noch an die Selbstheilungskräfte des Marktes und an die Stabilität rein kapitalistisch organisierter Ökonomien. Die Mehrheit denkt dagegen offen über andere Wirtschaftsordnungen nach. Interessant ist auch, dass eine deutliche Mehrheit immateriellen Werten vor materiellen den Vorzug gibt, das heißt der Gesundheit, den sozialen Beziehungen oder einer unversehrten Umwelt einen höheren Stellenwert einräumt als dem überkommenen, güterorientierten Wohlstand. 2
    Der Geograf und Nachhaltigkeitsforscher Daniel Dahm sieht die Stimmung im Land ganz ähnlich: »Es herrscht eine große Sprachlosigkeit. Die Ahnung kommt durch, dass der Markt es von allein eben doch nicht richtet. Das ist jetzt erst einmal eine Überforderung.« Er stimmt den Aussagen der Emnid-Umfrage auch in Details zu, spitzt sie sogar noch zu: »Die Wachstumsstrategie der Ökonomie ist gescheitert. Ich bin sicher, dass Ereignisse wie die Krise keine kurzfristigen Sachen sein werden.«
    Nicht nur in Deutschland steigt die Kritik am Kapitalismus, weltweit werden die Gegenstimmen immer lauter. In einer Umfrage im Auftrag der BBC, die 2009 in 24 Ländern aller Erdteile durchgeführt wurde, antworteten durchschnittlich drei Viertel aller Befragten, dass entscheidende Veränderungen der globalen Ökonomie notwendig wären. In Deutschland, einem der Zielländer, sind ebenfalls 75 Prozent der Befragten dieser Meinung, wobei 67 Prozent sagen, dass Veränderungen speziell in ihrem Land anstünden. 3 Wie es aussieht, geht es nach Meinung der meisten Menschen in aller Welt nicht mehr weiter, wie es bisher war.
    In all den Zahlen, den Äußerungen von Unmut, den Protesten und Reaktionen scheint sich ein Grundgefühl zu manifestieren, das der Psychoanalytiker Bruno Bettelheim schon in den 60er-Jahren auf den Punkt gebracht hat: Die Menschen, schrieb er, seien nicht glücklich, »obwohl wir jetzt größere Möglichkeiten haben, das Leben zu genießen«. Trotzdem seien wir »unglücklich darüber, dass Freiheit und Wohlstand unserem Leben keinen Inhalt und kein Ziel geben« – und das »inmitten von Überfluss«. 4 Trotz der Erfolge der kapitalistischen Wirtschaft, die nicht von der Hand zu weisen sind, sind die Bürger, die mit ihr leben, frustriert. Mitten im Überfluss, so scheint es, sind wir von Unglück umgeben.
     
    Wogegen richtet sich aber das Unmutsgefühl, die Ahnung, dass etwas grundsätzlich falsch läuft? Und wenn es doch zu einem guten Teil von der Art, wie wir heute wirtschaften, ausgelöst wird, wie sieht dann diese Wirtschaft aus, die wir gemeinhin »kapitalistisch«, »marktwirtschaftlich« oder »den freien Markt« nennen?
    Zunächst hat sie einen bestimmten »Auftrag«, das heißt: eine gesellschaftliche Funktion. Es ist die gleiche, die jede andere Form der Ökonomie auch hat: »Ökonomisches Handeln dient dem Zweck, existenzielle menschliche Bedürfnisse zu befriedigen.« »Wirtschaft« heißen also die Tätigkeiten, die sich auf die oben schon angesprochene Versorgung mit dem Lebensnotwendigen beziehen. Auf welche Weise das geschehen soll, darauf gibt die kapitalistische Ökonomie eine spezifische Antwort: Die herrschende Verfahrensweise geht davon aus, »dass das ökonomische Handeln sowohl der Produzenten als
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