Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einem Tag in Paris

Einem Tag in Paris

Titel: Einem Tag in Paris
Autoren: E Sussman
Vom Netzwerk:
dünnes Top, legt sich um ihren Körper und heizt ihren Bauch auf.
    »Nein«, sagt sie, während sie ein paarmal tief und lange Luft holt.
    »Hey, Josie. Kommen Sie hier herüber«, rief Brady von der anderen Seite des Saals.
    Sie sah auf. Brady nannte sie normalerweise Ms Felton. Sie bestand darauf, dass ihre Schüler sie Josie nannten, und beobachtete dann, wie sie mit dem Namen rangen – ein Kindername für eine Lehrerin, eine junge Lehrerin, die sich so kleidete wie sie, eine Lehrerin, die es hasste, Autorität aus irgendeinem anderen Grund einzufordern als dem, dass sie sie verdient hatte.
    Er stand neben dem Büfett, einen Plastikbecher in der Hand, als wäre es ein Gin Tonic, den Arm um eine attraktive ältere Frau gelegt. Das war der neue Brady, der Star der Vorstellung.
    Josie ging auf ihn zu, während sie dachte: Ja, er wird eines Tages doch der Sohn seines Vaters sein. Da ist dieses forsche Lächeln, dieser schräg gelegte Kopf, als wollte er sagen: »Sieh mich an.« Josie blieb stehen, und jemand rempelte sie von hinten an. Die attraktive Frau unter Bradys Arm war seine Mutter. Josie ging weiter, um die Ehefrau ihres Liebhabers kennenzulernen.
    »Mom, das ist Josie. Ms Felton. Die Regisseurin!«
    Josie gab der Frau die Hand, sah auf ihre Hand, und dann, als sie dort einen Diamanten sah, blickte sie auf, in warme Augen, ein breites Lächeln. Eine winzige sichelförmige Narbe auf einem hohen Wangenknochen.
    »Ich möchte mich bei Ihnen bedanken«, sagte die Frau. Ihre Stimme war tief und honigsüß. Eine schöne Stimme.
    Josie, die sonst nie um Worte verlegen war, war sprachlos. Die Hand der Frau glitt zu ihrem Arm, hielt sie fest.
    »Sie haben so viel für ihn getan«, sagte sie in einem verschwörerischen Flüsterton.
    »Mom«, stöhnte Brady.
    »Er ist gut«, sagte Josie dümmlich, als wüsste sie nichts Besseres zu sagen.
    »Er ist umwerfend«, sagte die Frau. »Aber bis heute hat das niemand sonst gewusst. Nur sein Vater und ich. Nicht einmal Brady hat es gewusst.«
    Josie starrte sie an.
    »Aber Sie müssen es gewusst haben«, beharrte die Frau.
    »Mom.« Brady schüttelte den Kopf. »Eltern und Lehrer sollten sich nie unterhalten. Das ist einfach so peinlich.«
    »Haben Sie meinen Mann kennengelernt?«
    »Nein.«
    »Doch«, sagte Brady. »Bei der Probe neulich.«
    »Ach ja, das hatte ich vergessen. Ist er heute Abend hier?«
    Sie wusste, dass er in San Francisco war. Sie würde heute Abend hinfahren und bei ihm in seiner Zweitwohnung übernachten.
    »Er hat eine Besprechung in der Stadt«, sagte Brady. »Er wird morgen Abend kommen.«
    »Sie haben wundervolle Arbeit geleistet«, sagte die Frau, ihre Hand noch immer auf Josies Arm. »An der Stelle, wo Brady sagt: ›Liebst du mich‹ – oder ›Wirst du mich lieben‹ –, was war es gleich wieder …«
    »Liebe mich«, sagte Brady mit leiser Stimme, die Augen hinter seinem Vorhang aus Haaren verborgen.
    »Genau«, fuhr seine Mom fort. »Als er das zu dem Mädchen – das sehr gut war, und eine solche Schönheit, wirklich – sagte, na ja, da hätte ich fast geweint. Ich weiß auch nicht, warum. Es hat mich einfach … irgendwie berührt.«
    »Das ist ein guter Moment in dem Stück«, sagte Josie.
    Die Frau war wunderbar. Sie war warmherzig und aufrichtig und lebhaft. Josie hatte sich eine Hexe gewünscht. Stattdessen lächelte diese Frau und sagte: »Sie haben ein besonderes Talent.«
    Sie stiegen die Treppe zum dritten Stock hoch. Josie sah auf jede Wohnungstür dieses Stadthauses in Russian Hill, während sie im Stillen flehte: Komm nicht heraus. Sie konnte sich nicht vorstellen, was Simon zu seinen Nachbarn sagen würde. Das ist die Lehrerin meines Sohns! Das ist meine Geliebte! Das ist Josie. Ich habe sie vor ein paar Wochen kennengelernt, und jetzt nehme ich sie für eine schnelle Nummer mit nach oben!
    Er sperrte die Tür zu seiner Wohnung auf, und sie huschte in den dunklen Raum. Er tastete nach dem Lichtschalter an der Wand und knipste das Licht an, während er die Tür hinter ihnen schloss. Dann schlang er von hinten die Arme um sie.
    »Du zitterst ja«, sagte er.
    »Ich habe Angst. Ich komme mir vor wie ein Dieb, der in ein Haus einbricht.«
    Er drehte sie zu sich um. »Sieh mich an.« Er hob ihr Kinn an.
    Sie sah ihm in die Augen und lächelte. Er machte es ihnen leicht. Er schien sich dieser Sache so sicher zu sein, als stünde es völlig außer Frage, dass sie beide jetzt hier stehen sollten, eng umschlungen und einander in die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher