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Eine wundersame Weihnachtsreise: Roman (German Edition)

Eine wundersame Weihnachtsreise: Roman (German Edition)

Titel: Eine wundersame Weihnachtsreise: Roman (German Edition)
Autoren: Corina Bomann
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reiste die alte Frau – trotz geschwollener Beine und Atemnot, die sie bei langen Wegen überkam – durch die Republik zu ihren Kindern und Enkeln.
    »Selbstverständlich! Und das auch wieder wie immer im Zug!«
    »Und Ihre Beine?«
    »Was sollen die schon machen, ich halte sie ja während der Fahrt ruhig. Und die Züge bringen mich überall hin. Meist sind die Leute auch sehr zuvorkommend und helfen mir beim Ein- und Aussteigen. Das ist eben der Geist der Weihnacht, der macht die Herzen der Leute weich.«
    Anna bezweifelte das. Der Geist der Weihnacht machte höchstens hektisch. Sie hielt es für wahrscheinlicher, dass die Leute auf dem Bahnhof dem Charme der niedlichen alten Dame nicht widerstehen konnten – oder ganz einfach mal ein bisschen gutes Karma bekommen wollten.
    Um ein Haar war Anna versucht, sich als Reisebegleitung anzubieten. Aber das erschien ihr zu aufdringlich. Nein, sie würde die Feiertage schon irgendwie herumbringen. Und wenn es auf Mallorca war.
    »Übrigens würde ich mich sehr freuen, wenn du mich am 23 . vormittags noch mal besuchen könntest. Ich habe ein Geschenk für dich.«
    »Ein Geschenk? Für mich? Aber das ist doch nicht nötig.«
    Natürlich tauschten sie kurz vor Weihnachten immer Kleinigkeiten aus, Frau Hallmann hatte meist ein Beutelchen mit Weihnachtsmann und anderen Süßigkeiten für sie, und Anna kaufte ihr eine Schachtel von den Cognacbohnen, für die die Dame jede andere Süßigkeit links liegen ließ. Aber ein richtiges Geschenk?
    »Doch, ich glaube schon, dass das nötig ist. Jeder Mensch braucht eine Anerkennung für das, was er tut, und du hilfst mir jetzt schon seit zwei Jahren so gut, dass ich darauf bestehe, dir etwas zu geben, von dem ich meine, dass du dich darüber freuen könntest.«
    Was konnte das sein? Anna packte die Neugier. Frau Hallmann schien das zu bemerken, denn ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
    »Und dass du dir ja nicht einfallen lässt, mir mehr als die Pralinen zu schenken. Ich brauche hier in meiner Wohnung keinen Nippes, davon wird mir meine Familie schon genug schenken.« Sie seufzte gespielt, dann setzte sie hinzu: »Weißt du, auf eine Art kann ich verstehen, dass du Weihnachten nicht magst. Was meinst du, wie oft ich während der Feiertage so tun muss, als würden mir die Geschenke meiner Kinder und Enkel ausnahmslos gefallen.«
    »Aber Sie bekommen doch sicher schöne Geschenke.«
    »Pah, wer’s glaubt, wird selig!«, platzte es aus der alten Dame heraus. »Schnell dahingeschmierte Bilder, hässliche Porzellanfigürchen, Spieluhren, Schmuck, den ich nicht mal tragen würde, wenn ich 100 wäre. Und Strickjacken! Ich weiß nicht, wie viele Strickjacken ich schon bekommen habe. Das Allerschlimmste ist aber, wenn sie mit Küchengeräten ankommen. Ich würde ja lieber einen MP 3 -Player haben oder eins von diesen neumodischen E-Book-Geräten. Die haben einige Damen aus meinem Seniorenkreis, und als ich gesehen habe, dass man da die Schrift groß stellen kann, wollte ich unbedingt auch eins. Aber wenn ich meinen Kindern mit so etwas komme, lächeln sie nur. Wahrscheinlich glauben sie, dass ich nicht damit umgehen kann. Oder schlimmer noch, dass sich für mich diese Geldausgabe nicht mehr lohnt.«
    »Wenn Sie einen E-Book-Reader haben möchten, besorge ich Ihnen gern einen. Mittlerweile gibt es viele praktische Modelle, die gar nicht mal so teuer sind.«
    »Das glaube ich, Anna, und sollte ich dieses Jahr wieder leer ausgehen, bekommst du den offiziellen Auftrag von mir, denn was die alte Paschulke kann, kann ich schon lange. Aber darum ging es mir gerade nicht, sondern darum, dass ich es leid bin, an Weihnachten immer die brave Oma zu spielen, die sich über alles freut. Vielleicht sollte ich dieses Jahr ein bisschen mehr auf den Putz hauen, was meinst du?«
    »Versuchen Sie es doch einfach mal. Oder drohen Sie Ihren Kindern damit, eine lange und teure Kreuzfahrt zu machen, wenn sie sich nicht nach Ihren Wünschen richten.«
    Frau Hallmann lachte auf. »Ja, das würde ihnen einen ziemlichen Schrecken einjagen, nicht wahr? Aber genaugenommen bringe ich das nicht übers Herz. Es ist eben meine Familie, und ganz sicher war ich damals auch nicht perfekt. Also werde ich mich über den Nippes und die Zeichnungen freuen, denn ich liebe meine Kinder und Enkel und möchte sie auf keinen Fall verletzen.«
    Diese Worte ließen Anna nachdenklich werden. Verletzte sie ihre Familie durch ihr Fernbleiben an Weihnachten vielleicht auch? Nein,
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