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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau
Autoren: Robert Goolrick
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Wort erinnerte, so lebte in Catherines Haut auch immer noch die Erinnerung daran, wer und was sie gewesen war. Sie hatte für ihn die Welt bedeutet, und er konnte sie nicht gehen lassen. Jetzt nicht.
    Niemals.

24. KAPITEL
    â€¢ • •
    A ntonio fand sie im Wintergarten. Es war später Nachmit tag, die Singvögel flogen zwitschernd von Ast zu Ast, der Jasmin verströmte seinen schweren Duft, und die Rosen hatten in der warmen Treibhausluft zu knospen begonnen. Das späte Licht fiel durch die Wedel von Riesenfarnen und Palmen, die sie in Saint Louis gekauft hatte. Die Fenster waren von der Feuchtigkeit beschlagen. Orchideen sprossen in chinesischen Töpfen. Sie nähte, und in ihrem Schoß lag die feine dunkelblaue, fast schwarze Wolle übereinandergeschichtet, so dass sie ihn fast bedeckte, und ergoss sich auf den roten Marmorfußboden.
    Er saß ihr wie ein Hund zu Füßen, geduldig, fügsam, nach Liebe lechzend. Seine Bereitschaft, sich demütigen zu lassen, beschämte ihn selbst. Sie zeigte ihm auf einer Zeichnung, wie das fertige Kleid aussehen würde. Es war fast so weit, ein schlichtes Kleid von elegantem Schnitt, vom Saum bis zum Kragen geknöpft und mit weißer Gaze aus Seide an Ärmeln und am Kragen. Vorne hatte es Falten bis zur Taille, Ziernähte, so klein, dass man sie praktisch gar nicht sah, sorgten für den Halt der Falten. Die Wolle war dünn und teuer, wie Flüssigkeit in ihren Händen. Sie ließ den dunklen Stoff geschickt durch ihre schmalen weißen Finger gleiten, die Nadel stach blitzschnell hinein und fuhr wieder heraus, und man hörte das leise Klicken der Stahlnadel auf dem silbernen Fingerhut, den sie trug.
    Geschickt drehte sie das Kleid um und zog die ellenlange Wolle zu sich heran, um weiter am Saum zu arbeiten. Antonios Knie streifte den Stoff, und er war elektrisiert. Unter dem Dunkelblau waren ihr Schuh, ihre weißen Strümpfe und darunter ihre elastische Haut, die Landkarte ihres ganzen Körpers. Und wiederum darunter waren ihre süßen Gerüche, waren ihre geheimen Stellen, zu denen er gelangt war und in denen er geschwelgt hatte.
    Â»Hattie Reno«, sagte sie leise. »Du hast einen Brief von ihr bekommen. Ich habe die Handschrift erkannt.«
    Â»Ich habe es ihnen erzählt. Ich musste ihnen etwas sagen. Ich habe den Brief verbrannt.«
    Â»Es geht ihr gut.«
    Â»Es geht ihnen allen gut. Sie vermissen dich. Sie schreibt, das Theater sei voller langweiliger Leute. Sie schreibt, seit du fort bist, ist das Bier schal geworden, es sprudelt nicht mehr. Du hast sie amüsiert. Sie vermisst dich.«
    Â»Erzähl ihr nichts von mir. Das war ein anderes Leben.«
    Â»War das so, Mrs. Truitt?«
    Â»Menschen verändern sich, Antonio. Menschen entwickeln sich weiter.«
    Â»Ich nicht. Ich entwickle mich nicht weiter.«
    Â»Hattie Reno war meine beste Freundin. Jetzt denke ich kaum noch an sie. Nicht aus Herzenskälte, es ist nur so, dass sich alles so verändert hat.«
    Â»Du tust doch nur so.«
    Für einen Moment ließ sie ihre Handarbeit sinken. »Nein, das glaube ich nicht. Ich war es leid, so schrecklich zu sein, so schrecklich zu den Leuten.«
    Â»Du warst nie schrecklich zu mir.«
    Â»Wir waren schrecklich zueinander. Es waren andere Zeiten. Es war wie eine Art Wahn. Antonio, das ist jetzt vorbei. Du musst deinen Frieden damit machen. Du musst deinen Frieden mit deinem Vater machen.« Sie nahm ihre Näharbeit wieder auf, schnelle Stiche durch den Saum.
    Â»Ich bin zu müde. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie müde ich bin.«
    Sie sah ihn an. »Ich weiß, wie schwer es ist. Ich weiß, dass er dir Schreckliches angetan hat. Du musst ihm jetzt verzeihen. Wenn du es nicht tust, kann er sich selbst nicht verzeihen.«
    Â»Du hast versucht, ihn zu töten.«
    Â»Und dann habe ich damit aufgehört. Ich konnte es einfach nicht. Etwas in mir hat sich verändert. Ich könnte keiner Fliege mehr etwas zuleide tun.«
    Â»Einst hättest du alles für mich getan. Du hast mir ein Versprechen gegeben.«
    Â»Da war ich ein anderer Mensch. Dieses Versprechen hat dir ein anderer Mensch gegeben.«
    Â»Und das war’s dann also?«
    Ihre Augen blitzten auf. »Was brauchst du denn noch, was du nicht längst schon hast? Du hast seine Liebe. Du hast sein Geld. Du hast seine Aufmerksamkeit. Mach was daraus. Mach daraus ein eigenes
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