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Eine Überwinterung im Eise

Eine Überwinterung im Eise

Titel: Eine Überwinterung im Eise
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Mal annehmen, André?
    – Das würde davon abhängen, wer der Kapitän ist, Herr Cornbutte.
    – Der werde ich sein, André; ich will mit möglichster Eile mein Schiff ausladen, meine Mannschaft zusammenbringen und in See
     stechen, um nach meinem Sohn zu suchen, erwiderte der alte Seemann.
    – Ihr Sohn ist todt! bemerkte nachdrücklich André Vasling.
    – Das ist möglich, André, versetzte Johann Cornbutte lebhaft; aber es ist auch eine Möglichkeit, daß er sich gerettet hat.
     Ich bin fest entschlossenalle Häfen Norwegens zu durchsuchen, in die er getrieben werden konnte, und erst wenn ich die Gewißheit erlangt habe, daß
     ein Wiedersehen mit ihm auf dieser Erde nicht mehr zu hoffen ist, will ich zurückkehren, um hier zu sterben.«
    Als André sah, wie unumstößlich die Entscheidung des Seemanns war, drängte er nicht mehr und zog sich zurück.
    Johann Cornbutte ließ alsbald seine Nichte wissen, welchen Entschluß er gefaßt hatte, und sah, wie ein Hoffnungsstrahl durch
     ihren Kummer brach. Das junge Mädchen war bis jetzt noch nicht darauf gekommen, daß der Tod ihres Bräutigams in Zweifel gezogen
     werden könnte, aber kaum hatte Cornbutte diesen Gedanken gegen sie ausgesprochen, als sie sich demselben rückhaltlos hingab.
    Der alte Seemann beschloß, daß die Jeune-Hardie alsbald wieder auslaufen sollte. Die fest gebaute Brigg hatte sich mit keinen
     Ausbesserungsarbeiten aufzuhalten, und so machte Johann Cornbutte bekannt, daß die Mannschaft ganz dieselbe bleiben solle,
     wenn die Matrosen nichts dawider hätten, die Fahrt noch einmal mitzumachen; an die Stelle seines Sohnes als Commandeur des
     Schiffes gedenke er selbst zu treten.
    Nicht ein Einziger von Ludwig Cornbutte's Begleitern zog sich bei diesem Aufruf zurück, und so fanden sich lauter muthige,
     erprobte Matrosen, wie Alain Turquiette, der Zimmermann Fidèle Misonne, der Bretagner Penellan als Untersteuermann und Vertreter
     Pierre Nouquet's, und außerdem Gradlin, Aupic, Gervique an Bord der Jeune-Hardie ein.
    Johann Cornbutte schlug André Vasling noch ein Mal vor, seine Stelle an Bord wieder einzunehmen.Der Obersteuermann war ein geschickter, in der Führung eines Schiffes wohl erfahrener Mann, der seine Probe rühmlich bestanden
     hatte, indem er die Jeune-Hardie sicher in den Hafen zurück geleitete. André Vasling, machte indessen, aus welchen Gründen
     konnte man nicht errathen, allerlei Schwierigkeiten und erbat sich Bedenkzeit.
    »Nun, wie Sie wollen, André, erwiderte ihm Cornbutte; aber vergessen Sie nicht, daß Sie uns willkommen sind.«
    Johann Cornbutte hatte in dem Bretagner Penellan einen treu ergebenen Mann, der lange Jahre hindurch sein Reisegefährte gewesen
     war. Die »kleine Marie« hatte so manchen Winterabend auf den Knieen des Untersteuermanns gesessen, wenn er an Land gewesen
     war, und er hatte eine väterliche Freundschaft für sie bewahrt, während Marie mit kindlicher Liebe an ihm hing. Penellan beeilte
     die Ausrüstung der Brigg, so sehr es ihm möglich war, und um so mehr, als er zu glauben schien, daß André Vasling nicht die
     äußersten Anstrengungen gemacht habe, um die Schiffbrüchigen wieder aufzufinden; andererseits aber war dieser durch die Verantwortlichkeit,
     die auf ihm als Kapitän lag, wohl zu entschuldigen.
    Noch waren nicht acht Tage verflossen, da war die Jeune-Hardie wieder in Bereitschaft, um von Neuem in See zu stechen. Anstatt
     mit Waaren, hatte man sie auf's Vollständigste mit gesalzenem Fleisch, Schiffszwieback, Mehlfässern, Kartoffeln, Schweinefleisch,
     Wein, Branntwein, Kaffee, Thee und Tabak verproviantirt.
    Die Abreise wurde auf den 22. Mai anberaumt. Am Abend zuvor begab sich André Vasling, von dem Johann Cornbutte noch immer
     keinen definitivenBescheid erhalten hatte, in die Wohnung des Alten. Er war noch immer unentschieden und mit sich uneins, welchen Entschluß
     er fassen solle.
    Johann Cornbutte war nicht daheim, obgleich die Thüre zu seinem Hause offen stand, und so drang André Vasling bis in das gemeinsame
     Wohnzimmer vor, an das unmittelbar Mariens Stube grenzte. Das Wohnzimmer war, wie sich André sofort überzeugte, leer; aber
     von nebenan ertönte eine lebhafte Unterhaltung, und als er aufmerksam hinhorchte, erkannte er die Stimme des jungen Mädchens
     und Penellan's.
    Ohne allen Zweifel hatte sich die Erörterung schon längere Zeit hingezogen, denn Marie schien den Bemerkungen des bretagnischen
     Seemannes eine unerschütterliche Festigkeit
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