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Eine Überwinterung im Eise

Eine Überwinterung im Eise

Titel: Eine Überwinterung im Eise
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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alsbald in Stand gesetzt, um den Gefahren der Polarmeere trotzen zu
     können. Fidèle Misonne, der Zimmermann, untersuchte sie mit scrupulöser Sorgfalt und versicherte, daß ihr solider Bau gegen
     die Stöße der Eisschollen Widerstand leisten würde.
    Auf den Rath Penellan's, der bereits auf Wallfischfang in den nördlichen Eismeeren gewesen war, wurden wollene Decken, Pelzkleider,
     zahlreiche Mocassins aus Robbenfell und das nothwendige Holz, um Schlitten anfertigen zu können, an Bord eingeschifft. Auch
     vergrößerte man die Vorräthe an Kohlen und Weingeist, denn es war immerhin möglich,daß man an irgend einem Punkt der grönländischen Küste überwintern mußte. Mit vieler Mühe und großen Kosten wurde auch eine
     bedeutende Quantität Citronen herbeigeschafft, die als Mittel gegen den Scorbut dienen, denn diese Krankheit pflegt in den
     Eisregionen die Mannschaften furchtbar zu decimiren. Mit den Vorräthen an gesalzenem Fleisch, an Zwieback und Branntwein,
     die in vorsorglicher Weise vermehrt worden waren, begann man, den Schiffsraum der Brigg anzufüllen, denn die Kombüse reichte
     nicht mehr dazu aus. Auch Pemmican, ein indisches Präparat, das viel nährende Bestandtheile in kleinem Volumen concentrirt,
     wurde in beträchtlicher Menge an Bord gebracht.
    Auf die Befehle Johann Cornbutte's schiffte man auch Sägen ein, um nötigenfalls die Eisfelder durchschneiden zu können, wie
     auch Picken und Keile, um sie zu spalten. Die zum Ziehen an den Schlitten nothwendigen Hunde sollten von der grönländischen
     Küste mitgenommen werden.
    Die ganze Mannschaft wurde zu diesen Vorbereitungen verwandt und entwickelte eine großartige Thätigkeit. Die Matrosen Aupic,
     Gervique und Gradlin folgten eifrig den Rathschlägen des Untersteuermanns Penellan, der sie veranlaßte, sich jetzt noch nicht
     an wollene Kleider zu gewöhnen, obgleich die Temperatur unter diesen über dem Polarkreise gelegenen Breiten schon sehr niedrig
     war.
    Penellan beobachtete schweigend und ohne etwas davon merken zu lassen, die scheinbar geringfügigsten Handlungen André Vasling's.
     Ueber der Vergangenheit dieses Mannes, eines Holländers von Geburt, schwebte ein gewisses Dunkel; doch hatte er bereits zwei
     Fahrten an Bord der Jeune-Hardie mitgemachtund sich hierbei als ein tüchtiger Seemann erwiesen. Penellan konnte ihm nichts vorwerfen, wenn nicht etwa, daß er sich zu
     sehr um Marie bemühte; aber Penellan überwachte ihn auf's Schärfste.
    Dank der Rührigkeit der Mannschaft konnte die Brigg bereits am 16. Juli, sechzehn Tage nach ihrer Ankunft in Bodoë, klar gemacht
     werden. Es war jetzt die günstigste Zeit, um in den arktischen Meeren Forschungen zu unternehmen, denn da es bereits seit
     zwei Monaten thaute, konnten die Untersuchungen bis in ziemlich weite Entfernung durchgeführt werden. Die Jeune-Hardie steuerte
     also auf das an der Ostküste von Grönland unter dem siebenzigsten Breitengrade gelegene Cap Brewster zu.

Viertes Capitel.
Im Fahrwasser.
    Am 23. Juli kündigte ein eigenthümlicher Reflex, der sich über das Meer breitete, die ersten Eisbänke an, die aus der Davisstraße
     kamen und sich in den Ocean stürzten. Jetzt empfahl man den Wachen an, scharf aufzupassen, denn es war von Wichtigkeit, daß
     ein Zusammenstoß mit den enormen Massen vermieden wurde.
    Die Mannschaft theilte sich in zwei Wachen; die erste bestand aus Fidèle Misonne, Gradlin und Gervique, die andere aus André
     Vasling, Aupic undPenellan. Jede Wache sollte nur zwei Stunden dauern, denn in den kalten Regionen kann man der Kraft eines Mannes nur halb
     so viel zumuthen, als unter gewöhnlichen Verhältnissen. Obgleich die Jeune-Hardie erst unter dem dreiundsechzigsten Breitengrade
     war, zeigte das Thermometer schon neun Grad Celsius unter Null.
    Es regnete und schneite häufig, aber wenn der Himmel klar war und der Wind nicht zu heftig wehte, hielt Marie sich auf dem
     Verdeck auf, um die rauhen Scenen des Polarmeeres gewohnt zu werden.
    Am 1. August ging sie plaudernd mit ihrem Onkel, André Vasling und Penellan auf dem Hintertheil der Brigg auf und ab. Die
     Jeune-Hardie trat nun in ein drei Meilen breites Fahrwasser, durch das ganze Züge zerbrochener Eisschollen schnell dem Süden
     zurollten.
    »Wann werden wir wohl Land sehen? fragte das junge Mädchen.
    – Spätestens in drei bis vier Tagen, antwortete Johann Cornbutte.
    – Ob wir dort wohl neue Spuren von meinem armen Ludwig finden werden?
    – Vielleicht, mein
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