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Eine Überwinterung im Eise

Eine Überwinterung im Eise

Titel: Eine Überwinterung im Eise
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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entgegenzusetzen.
    »Wie alt ist Onkel Cornbutte? fragte Marie.
    – So etwa sechzig Jahre, antwortete Penellan.
    – Begiebt er sich nicht in große Gefahr, um seinen Sohn aufzusuchen?
    – Unser Kapitän ist noch ein durch und durch kräftiger Mann, versetzte Penellan; sein Körper ist fest wie Eichenholz, und
     er hat Muskeln, so hart wie eine Reservestenge. Mir ist nicht davor bange, daß er jetzt wieder in See geht.
    – Ach, mein guter Penellan, wenn man liebt, ist man stark, erwiderte Marie; was mich angeht, so habe ich mein ganzes Vertrauen
     auf Gott gesetzt; er wird uns beistehen!
    – Es ist unmöglich, Marie! rief jetzt der Angeredete; wer kann wissen, wohin wir auf unserer Fahrt verschlagen werden, und
     was wir erdulden müssen! Wie oft habe ich erlebt, daß kräftige Männer ihr Leben in diesen Meeren lassen mußten!
    – Penellan, ich kann nicht anders, sagte schließlich das junge Mädchen; es wird geschehen, ob Sie dagegen sind oder nicht.
     Wenn Sie aber in dieser Beziehung gar so sehr gegen mich ankämpfen, muß ich glauben, daß Sie mich nicht mehr lieb haben!«
    André Vasling hatte nun begriffen, was Marie beabsichtigte. Er dachte noch einen Augenblick nach; dann war auch seine Entscheidung
     getroffen.
    Er trat dem alten Seemann, der eben jetzt nach Hause kam, entgegen und sagte:
    »Ich melde mich zu Ihrer Mannschaft, Johann Cornbutte; die Gründe, von denen ich bis jetzt zurückgehalten wurde, sind beseitigt,
     und so können Sie auf mich und meine Ergebenheit zählen.
    – Ich habe niemals an Ihnen gezweifelt, André Vasling, erwiderte Cornbutte, indem er die Hand des Obersteuermanns ergriff.
     Marie! mein Kind!« rief er dann mit lauter Stimme.
    Marie sowie auch Penellan erschienen sofort.
    »Morgen mit Tagesanbruch werden wir mit eintretender Ebbe absegeln, sagte der alte Mann. Es ist dies also der letzte Abend,
     den wir mit einander verleben, mein liebes Kind!
    – Ach, mein guter Onkel! rief Marie und schmiegte sich an Johann Cornbutte.
    – Nun, Marie, mit Gottes Hilfe gedenke ich Dir Deinen Bräutigam zurück zu führen!
    – Ja, wir werden den Kapitän Ludwig wiederfinden! fügte André Vasling zuversichtlich hinzu.
    – So werden Sie mit uns in See gehen? fragte lebhaft Penellan.
    – Ja, Penellan; André Vasling fährt als unser Obersteuermann mit, erwiderte statt seiner Johann Cornbutte.
    – So! Ah so! meinte der Bretagner mit eigenthümlichem Blinzeln.
    – Seine Rathschläge werden uns von großem Nutzen sein, hoffe ich, fügte Cornbutte hinzu; er ist kühn und sehr geschickt.
    – Nun, Sie selbst sind uns Allen im Wissen und Können voraus, Herr Kapitän, entgegnete Vasling.
    – Also auf morgen, meine Freunde! Geht jetzt an Bord und trefft die letzten Anordnungen. Auf Wiedersehen, André, auf Wiedersehen,
     Penellan.«
    Obersteuermann und Matrose gingen mit einander fort, und Johann Cornbutte blieb mit Marie allein zurück. An diesem Abend floß
     noch manche Thräne bitteren Schmerzes, und Cornbutte, der seine Nichte so tief betrübt sah, faßte den Entschluß, das Haus
     am andern Morgen früh zu verlassen, ohne ihr etwas davon zu sagen, damit sie so über den Abschied hinaus käme. Er gab ihr
     noch am Abend den letzten Kuß und war um drei Uhr schon wieder auf den Beinen.
    Zur Abfahrt der Jeune-Hardie waren alle Freunde des alten Seemanns auf dem Hafendamm versammelt; der Pfarrer, von dem Ludwig
     und Marie hatten getraut werden sollen, spendete dem Schiff einen letzten Segen, und manch rauher Händedruck wurde schweigend
     ausgetauscht, als Johann Cornbutte an Bord stieg.
    Die Mannschaft war jetzt vollzählig; André Vasling gab die letzten Befehle zur Abfahrt; die Segel wurden aufgehißt, und die
     Brigg entfernte sich schnell mit einer guten Nordwestbrise, während der Pfarrer, hoch aufgerichtet unter den knieendenZuschauern stehend, Gottes Schutz auf die Seefahrer herab flehte.
    Wohin geht das Schiff? Es verfolgt die gefährliche Straße, auf der so viele Schiffbrüchige zu Grunde gegangen sind, und muß
     auf alle Gefahren gefaßt sein, der Herr allein weiß, wo ihm sein Landungsplatz winkt. Es fährt keinem bestimmten Ziel entgegen;
     möge es allen Unfällen kühn die Stirn bieten, möge Gott es geleiten!

Drittes Capitel.
Ein Hoffnungsstrahl.
    Die Jahreszeit war zu der unternommenen Expedition günstig, und so durfte die Mannschaft sich der Hoffnung hingeben, die Stätte
     des Schiffbruchs bald zu erreichen.
    Johann Cornbutte's Plan war der natürlichste und
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