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Eine Überwinterung im Eise

Eine Überwinterung im Eise

Titel: Eine Überwinterung im Eise
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Landung. Die hohen Segel waren
     aufgegeit, und man konnte einige Matrosen erkennen, die in die Takelage eilten. Aber weder Marie noch Johann Cornbutte hatten
     bis jetzt dem Kapitän der Brigg einen Gruß zuwinken können.
    »Dort ist der Obersteuermann André Vasling! rief Clerbaut.
    – Und dort Fidèle Misonne, der Zimmermann, bemerkte ein Hochzeitsgast.
    – Und jetzt sehe ich auch unsern Freund Penellan!« rief ein Anderer, indem er dem Erwähnten ein Zeichen machte.
    Die Jeune-Hardie war nur noch drei Kabellängen vom Ufer entfernt – da stieg ein schwarzes Segel an der Gaffel des Briggsegels
     auf ... Es war Trauer an Bord!
    Ein Gefühl namenlosen Schreckens durchzuckte Alle, besonders aber das Herz der jungen Braut.
    Die Brigg lief langsam in den Hafen ein, und kaltes, tiefes Schweigen herrschte auf dem Verdeck. Bald hatte sie das Ende
     des Hafendammes passirt, und Marie sowie Johann Cornbutte und alle Freunde stürzten nach dem Kai, an dem sie beilegen sollte,
     und befanden sich in wenigen Augenblicken an Bord.
    »Mein Sohn!« rief Johann Cornbutte; er konnte kein weiteres Wort hervorbringen.
    Die Seeleute wiesen, entblößten Hauptes, auf die Trauerflagge.
    Marie schrie verzweiflungsvoll auf und sank dem alten Cornbutte in die Arme.
    André Vasling hatte die Jeune-Hardie zurückgeleitet; Ludwig Cornbutte, Mariens Verlobter, war nicht mehr an Bord.

Zweites Capitel.
Johann Cornbutte's Plan.
    Sobald das junge Mädchen unter der Obhut liebender Freunde die Brigg verlassen hatte, theilte der Obersteuermann André Vasling
     Johann Cornbutte des Näheren das Ereigniß mit, durch welches er des Wiedersehens mit seinem Sohn beraubt worden war, und das
     in dem Schiffsjournal folgendermaßen verzeichnet stand:
    »Unser Schiff, das bei schlechtem Wetter und stürmischen Südwestwinden beigelegt hatte, bemerkteam 26. April auf der Höhe des Maëlstroms Nothsignale, die ihm von einem Schooner unter dem Winde gemacht wurden. Dieser Schooner,
     der seines Fockmastes beraubt war, ließ sich willenlos vom Winde auf den Strudel zutreiben. Als Kapitän Cornbutte sah, wie
     das Schiff einem gewissen Untergang entgegenging, beschloß er, sich an Bord zu begeben; trotz der Vorstellungen seiner Leute
     ließ er die Schaluppe in's Meer setzen und stieg mit dem Matrosen Cortrois und dem Untersteuermann Pierre Nouquet ein. Die
     Mannschaft folgte ihnen mit den Augen, bis sie im Nebel verschwanden. Die Nacht kam heran, und das Meer ging immer höher.
     Die Jeune-Hardie lief, von den in diesen Breiten herrschenden Strömungen angezogen, Gefahr, vom Maëlstrom verschlungen zu
     werden, und sah sich genöthigt, vor dem Winde zu fliehen. Es war vergebens, daß sie mehrere Tage an dem Orte des Unheils kreuzte:
     die Schaluppe der Brigg sowohl, wie der Schooner und Kapitän Ludwig nebst den beiden Matrosen blieben verschwunden. André
     Vasling versammelte nun die Mannschaft, ergriff den Oberbefehl über das Schiff und segelte nach Dünkirchen zurück.«
    Als Johann Cornbutte diese Erzählung, die mit der trockenen Kürze eines einfachen See-Erlebnisses in das Schiffsbuch eingetragen
     war, gelesen hatte, konnte er seine Thränen nicht zurückhalten; er weinte lange und schmerzlich, und wenn irgend etwas ihm
     Trost geben konnte, so war es der Gedanke, daß sein Sohn das Opfer seines Edelmuths geworden war. Der Anblick des Schiffes,
     der ihn zuerst mit so großer Freude erfüllt hatte, verursachte dem armen Vater Schmerz, und so kehrte er in sein verödetes
     Haus zurück.
    Bald verbreitete sich die Trauerkunde in ganz Dünkirchen, und die zahlreichen Freunde des alten Seemanns fanden sich ein,
     um ihm ihr lebhaftes, herzlich gemeintes Beileid zu bezeugen. Sodann gaben die Matrosen von der Jeune-Hardie die genauesten
     Details über das Ereigniß, und Marie ließ sich von André Vasling die Aufopferung ihres Bräutigams mit allen Einzelheiten erzählen.
    An dem folgenden Tage, als Johann Cornbutte seine Thränen getrocknet hatte, beschied er André Vasling in sein Zimmer und sprach:
    »Sind Sie fest überzeugt, daß mein Sohn umgekommen ist, André?
    – Leider ja, Herr! antwortete der Obersteuermann.
    – Und haben Sie alle nur möglichen Anstrengungen gemacht, um ihn wieder aufzufinden?
    – Gewiß! wie können Sie daran zweifeln, Herr Cornbutte! Es ist aber leider nur zu gewiß, daß er und seine beiden Matrosen
     vom Strudel des Maëlstroms verschlungen sind.
    – Wollen Sie die Obersteuermannschaft bei meinem Schiffe noch ein
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