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Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Titel: Eine tödliche Erinnerung (German Edition)
Autoren: Fiona Limar
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Patienten geschickt, denn oft lag das eigentliche Problem bei den Eltern und nicht bei den Kindern. Allerdings sahen die Eltern das nicht immer ein. Ob sich die Stalkerin tatsächlich bei uns melden würde, erschien zumindest fraglich. Entsprechend überrascht war ich, als sie am nächsten Morgen tatsächlich anrief und mit mir einen Termin für die kommende Woche vereinbarte. Dann kam sie doch nicht. Ich ärgerte mich über ihre Unzuverlässigkeit und über den vergeudeten Termin. Allerdings war das nichts gemessen an dem Ärger, den mir ausgerechnet diese Patientin später noch bereiten sollte.

5.
    Melissa dagegen versäumte keinen Termin und war stets pünktlich. Sie gab sich äußerst höflich und kooperativ. Trotzdem hatte ich das Gefühl, ihr keinen Schritt näher zu kommen. Vieles von dem was sie sagte, klang einfach zu glatt und wie auswendig gelernt. Begriffe wie Dankbarkeit und Verständnis traten in ihrem Sprachgebrauch geradezu inflationär auf. Gleichzeitig wirkte ihr schönes Gesicht weiterhin seltsam leer und wurde von keiner Emotion bewegt. Dabei hatte ich längst herausgehört, dass durchaus nicht alles in ihrer Entwicklung so unkompliziert und harmonisch verlaufen sein konnte wie sie es darzustellen versuchte. Das Verhältnis zu ihren Adoptiveltern gab mir einige Rätsel auf. Denn diese hatten nicht nur die Adoption gelöst, sondern auch den Kontakt zu Melissa völlig abgebrochen. Ich vermutete, dass es dafür Gründe gegeben haben musste, die Melissa auch bekannt sein dürften. Doch sie gab sich in dieser Frage völlig ahnungslos.
    "Weißt du, eigentlich habe ich nie wirklich zu dieser Familie gehört. Ich war immer nur so etwas wie ein Gast. Meine Adoptivmutter habe ich komischerweise gar nicht richtig kennen gelernt. Ich kann mich an kein einziges Mal erinnern, dass sie etwas mit mir unternommen hätte. Sie war immer nur mit ihrem Kind beschäftigt."
    "War dieses Kind ein Junge oder ein Mädchen?", wollte ich wissen. "Du hast das noch nie erwähnt."
    "Sie hieß Amanda. Das bedeutet die Geliebte . Der Name passt perfekt. Ihre Mutter hing mit einer wahren Affenliebe an ihr. Und verteidigt hat sie sie wie eine Löwin ihr Junges. Sie hat niemanden an das Kind heran gelassen, mich am allerwenigsten. Einmal waren wir alle zusammen auf einer Hochzeitsfeier. Ich weiß nicht, wer da eigentlich geheiratet hat. Ich glaube, es war eine Nichte meiner Adoptivmutter. Ich war damals 12 und Amanda war 3 Jahre alt. Jedenfalls zog sich die Kaffeetafel ewig hin und wir Kinder haben uns gelangweilt. Ich bin deshalb mit Amanda raus in den Garten gegangen. Es gab da einen kleinen Teich, und wir haben die Goldfische beobachtet. Auf einmal kam meine Adoptivmutter dazu und ist wie eine Furie auf mich losgegangen. Sie hat so getan  als hätte ich Amanda ertränken wollen. Ich bin dann wieder mal umgekippt, und die ganze Szene hat sich wohl ziemlich störend auf den Ablauf der Feier ausgewirkt. Danach bin ich nie wieder mit Amanda allein gewesen. Ihr war anzumerken, dass sie mir aus dem Weg ging. Ihre Mutter muss ihr regelrecht Angst vor mir gemacht haben."
    "Kam dir das nicht merkwürdig vor?", fragte ich.
    Sie schüttelte unwillig den Kopf. "So war sie eben", sagte sie und schien auf einmal zu bedauern, dass sie mir diese Episode überhaupt erzählt hatte. Eine ganze Weile saß sie einfach nur schweigend da und erweckte den Eindruck, das Gespräch am liebsten nicht weiterführen zu wollen. Erst als ich auf ihren Adoptivvater zu sprechen kam, wurde sie wieder etwas zugänglicher. "Mit ihm war es ganz anders. Er hat sich viel mehr um mich gekümmert, obwohl er doch beruflich so eingespannt war. Wir haben zu zweit wunderschöne Reisen unternommen und Kunstausstellungen besucht. Er hat mich wirklich sehr gemocht und ich ihn auch."
    Umso unverständlicher erschien mir der Bruch zwischen ihnen. Melissa versuchte nichts zu erklären, sondern schilderte ganz sachlich den weiteren Ablauf der Dinge. "Nach der Auflösung des Adoptionsverhältnisses wurde er für längere Zeit krank. Er hatte Probleme mit dem Herzen und bekam deshalb einen Schrittmacher. Ich wollte ihn gern besuchen, doch seine Frau hat das abgelehnt. Sie meinte, er würde absolute Ruhe brauchen. Eines Tages hat sie mir dann am Telefon erklärt, dass sie keinen weiteren Kontakt mit mir wünschen würden. Ich denke, dass sie das einfach für ihn mit entschieden hat. Aber er hat sich auch nie wieder bei mir gemeldet und es ist jetzt schon über zwei Jahre her, dass
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