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Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Titel: Eine tödliche Erinnerung (German Edition)
Autoren: Fiona Limar
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suchte ich noch einmal Melissa auf. Sie verabschiedete gerade einen Handwerker, mit dem sie den Einbau neuer Schlösser besprochen hatte. "Es soll jetzt endlich alles einbruchssicher gemacht werden", sagte sie. "Die Tür zum Wintergarten werde ich sogar vergittern lassen, das hat der Handwerker dringend empfohlen. Es ist schon eigenartig, Tobias hat immer gesagt, wer hier einbrechen will, der wählt den Zugang durch den Wintergarten. Deshalb hat er dort auf einem Feldbett geschlafen, um es sofort mitzubekommen. Aber dann ist sie durch das Wohnzimmerfenster eingestiegen, bloß gut, dass du gerade im Bad warst und sie dich nur eingeschlossen hat." Melissa vermied es, den Namen ihrer Tante in den Mund zu nehmen. Mich ließ etwas anderes stutzen. Tobias hatte im Wintergarten geschlafen? Jedenfalls erinnerte mich seine Erwähnung daran, dass ich Melissa noch etwas erklären wollte. Jetzt bot sich die Gelegenheit dazu. "Melissa ich wollte dir unbedingt noch sagen, dass da zwischen Tobias und mir nichts mehr war, als er bei dir eingezogen ist. Daran wird sich auch nichts ändern", sagte ich entschlossen, das Thema gleich bei den Hörnern packend. Melissas Reaktion verblüffte mich. "Das finde ich schade", meinte sie, und ihr Gesicht spiegelte echtes Bedauern wieder.
    "Aber du warst doch gekränkt, als ich das Armband von ihm ausgepackt habe. Das war nicht zu übersehen."
    "Klar war ich das. Weil ich wieder mal von nichts wusste. Dass du als meine Therapeutin deine Privatangelegenheiten nicht mit mir besprichst, das habe ich ja akzeptiert. Aber Tobias hatte mir versichert, dass ich inzwischen wie eine Schwester für ihn wäre. Da hätte er es mir doch erzählen können, mit einer Schwester bespricht man solche Sachen schließlich. Ich hatte den Eindruck, wieder beiseite geschoben zu werden."
    In diesem Moment tat sie mir furchtbar leid, ich wollte sie nicht mit ein paar banalen Floskeln trösten. "Sprich mit ihm darüber", sagte ich, "die meisten Missverständnisse entstehen dadurch, dass wir einfach zu wenig miteinander reden. Ich weiß das aus eigener Erfahrung."
    "Wann kommst du wieder?", fragte sie abschließend. "Ich möchte die Therapie unbedingt fortsetzen. Es gibt schließlich eine Menge aufzuarbeiten."
    "Anfang September bin ich wieder da. Pass bis dahin gut auf dich auf." Wir umarmten uns zum Abschied.

53.
    Die aufregenden Ereignisse der vergangenen Wochen hatten mir keine Zeit für eine ausführliche Urlaubsplanung gelassen. Meine Eltern reagierten erstaunt und erfreut, als ich verkündete, den Urlaub daheim verbringen zu wollen. Warum auch nicht? Immerhin war ich in einer wunderschönen Landschaft zu Hause. Mein Vater sorgte dafür, dass ich sie auch ausgiebig genießen konnte, indem er lange Wanderungen plante. Schon bald hatte ich dicke Blasen an den Füßen. Er unterhielt uns mit Geschichten, die ich bereits in- und auswendig kannte und meine Mutter jammerte über Mückenstiche und Sonnenbrand. Ich genoss jede Minute. Meinem Bruder, der für ein verlängertes Wochenende zu uns gestoßen war, kam meine gute Stimmung höchst verdächtig vor. "Was immer du da genommen hast, gib mir bitte auch was davon", sagte er.
    "Das ist Lebenserfahrung, die gibt es nicht auf Rezept", belehrte ich ihn.
    "Erschieße mich bitte rechtzeitig, wenn du bei mir die ersten Anzeichen bemerken solltest", stöhnte er.
    Die letzte Urlaubswoche nutzten wir für die Einrichtung meiner neuen Wohnung. Sie befand sich ganz in der Nähe meines alten Domizils, in einem würfelförmigen Neubau. Der Eigentümer hatte vier komfortable Zweizimmer-Wohnungen darin untergebracht, die er zu vermieten gedachte. Da es über zwanzig Bewerber gab, hatte ich mir kaum Chancen ausgerechnet und war hocherfreut gewesen, den Zuschlag zu erhalten. Dank des eifrigen Einsatzes von Johannes hatte auch die Versicherung schon gezahlt, so dass ich mich unterstützt von meiner Familie an die Gestaltung der Wohnung machen konnte. Während mein Vater und mein Bruder die Möbel aufstellten, kümmerte ich mich mit meiner Mutter um das schmückende Beiwerk. Am Ende der Woche sah alles schon recht behaglich aus.
    Voller Elan verließ ich an meinem ersten Arbeitstag nach dem Urlaub das Haus. Mein Weg zur Praxis war fast der gleiche geblieben. In der Lindenallee kam mir auf der Höhe ihrer Villa Melissa entgegen. Sie trug eine Tüte mit frischen Brötchen in der Hand und befand sich in Begleitung einer extravaganten jungen Frau. Melissa strahlte über das ganze Gesicht, als sie
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