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Eine Sündige Nacht

Titel: Eine Sündige Nacht
Autoren: Sandra Brown
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erwachsenen Mann?
    Für einen verliebten Mann?
    Ach, aber das Verliebtsein machte einen Mann gemein und verrückt. Die Liebe ließ einen zum Narren werden, sogar, wenn man merkt, dass man sich zum Narren macht und dennoch nichts dagegen tun kann. Die Liebe ließ einen eine schockierend kalte Hand ergreifen und ein lasches »Hallo, Caroline. Du siehst gut aus« sagen, wenn man sie eigentlich
in die Arme schließen möchte, sie um Verzeihung bitten und Himmel und Hölle beschwören, dass niemals wieder etwas zwischen sie kommt.
    Rink setzte sich neben sie. Sein Hosensaum berührte ihr Bein, und sie bewegte es besonnen zur Seite. Er sah, wie sie unbehaglich ihren Rocksaum umfasste, während sie in steifer Haltung auf der Bühne saß. Gott, sie war schon etwas Besonderes. Sie war noch immer sein Mädchen aus dem Wald, das Dawson-Mädel, das so sehr versuchte, Anerkennung zu erlangen. Sein Herz schmerzte vor Liebe zu ihr. Er wollte ihr zurufen: »Was zum Teufel kümmert es dich, was sie über dich denken? Du stehst meilenweit über ihnen.«
    Dann dämmerte es ihm, dass er genauso verbohrt war wie sie. Er wollte sie mehr, als dass er ohne sie weiterleben konnte. Trotzdem hatte er es zugelassen, dass die öffentliche Meinung sie entzweit hatte. Sie war mit seinem Vater verheiratet gewesen. Was machte es schon, wenn alle anderen dachten, es sei eine normale Ehe gewesen? Er wusste es besser. Und sogar wenn es nicht so wäre …
    Er drehte sich so rasch zu ihr um, dass sie ihn überrascht direkt ansah. Ihre Blicke trafen sich.
    Er studierte ihr Gesicht. Er prägte sich jedes noch so kleine Detail ein. Sie war für ihn genauso schön wie damals, als er sie zum ersten Mal getroffen hatte. Er liebte sie heute tausend Mal mehr als in dem Sommer vor zwölf Jahren.
    Und in einem blendenden Moment wusste er, dass er sie für immer haben wollte, selbst wenn er niemals erfahren hätte, wie das Verhältnis zwischen seinem Vater und ihr in Wahrheit gewesen war. Er liebte sie über all diese Schwierigkeiten hinweg, er liebte sie mehr, als die öffentliche Meinung
kaputtmachen konnte, mehr, als er seinem Vater grollte, mehr als irgendetwas liebte er Caroline Dawson.
    »Daher möchte ich jetzt Mrs. Caroline Lancaster, Roscoes Witwe, bitten, zum Podium zu kommen.«
    Rinks Augen flogen zum Mikrofon, an dem der Bürgermeister stand und gerade eben Caroline vorgestellt hatte. Rink hatte der blumenreichen Rede nicht zugehört. Sie anscheinend auch nicht. Als die Zuschauer einen lauten Applaus hören ließen, zuckte sie zusammen.
    Rink beobachtete, wie sie sich sichtbar zusammenriss und sich elegant erhob. Sie legte ihre Tasche und ihre Handschuhe auf den Stuhl und ging dann zum Podium, mit mehr Haltung als eine Königin, die für solche Auftritte ausgebildet worden war. Sie lächelte den Bürgermeister etwas zittrig aus. Die Zuschauer hielten ihre Gefühlsaufwallung für eine Reaktion auf dessen Rede. Rink sah sich jedes Gesicht in der Menge an. Sie hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Sie waren mit ihr einverstanden.
    Sie nahm die Plakette mit einer Hand entgegen und schüttelte mit der anderen die Hand des Bürgermeisters, der zur Seite trat und ihr das Mikrofon überließ. »Roscoe hätte sich sehr geehrt gefühlt, dieses Zeichen Ihrer Wertschätzung überreicht zu bekommen. Seine Familie und ich nehmen sie dankend an.«
    Es war nichts Verlogenes an ihrer kleinen Rede. Alles, was sie gesagt hatte, entsprach der Wahrheit. Sie hatte die Aufzählungen seiner Wohltaten nicht angefügt, das hatte der Bürgermeister schon erledigt. Sie hatte lediglich die Auszeichnung in Roscoes Namen entgegengenommen. Sie hatte den Leuten gegeben, was sie wollten: einen Helden für einen Tag. So wie Rink es betrachtete, war das gut und schön.

    Er sah, wie sie sich umdrehte. Ihr Gesicht hatte die Farbe des Porzellans, das in The Retreat in der Vitrine stand. Sie blieb stehen und schloss kurz ihre Augen. Ihr schien schwindelig zu sein und sie schien nach Luft zu ringen. Sie versuchte erneut zu laufen und schwankte. Der Bürgermeister griff nach ihrem Ellbogen und sprach sie mit ihrem Namen an.
    Rink schoss aus seinem Stuhl hoch. Sie sah ihn an, blinzelte ein paarmal schnell hintereinander, wie um sich auf ihn zu konzentrieren. Dann fielen ihre Augen langsam zu, ihre Knie gaben nach, und sie brach auf dem Boden zusammen.
    Ein überraschtes Gemurmel machte sich in dem Zuschauerraum breit. Laura Jane schrie auf und umklammerte Steves Hand. Mrs. Haney
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