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Eine Stuermische Nacht

Eine Stuermische Nacht

Titel: Eine Stuermische Nacht
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Messer war.
    Er lockerte seinen Griff und sagte:
    »Verzeihung. Ich fürchte, ich bin im Moment nicht ganz auf der Höhe.«
    Schwer atmend trat Emily – der Vorsicht gehorchend – ein paar Schritte zurück. Ihr Messer behielt sie in der Hand und erwiderte gelassen:
    »Allerdings, da stimme ich Ihnen zu – besonders wenn das Ihre Art und Weise ist, jemanden zu begrüßen, der Ihnen helfen will.«
    Der Junge war unverschämt, aber Barnaby gefiel seine Unerschrockenheit. Während er sein Gegenüber musterte, wurde das Gefühl wieder stärker, dass er etwas übersah, dass etwas nicht stimmte. Da er nicht erkennen konnte, wo es herrührte, schob er es einfach den Nachwehen des Überstandenen zu und fragte wieder:
    »Wo bin ich?«
    »Im besten Gästezimmer in der Krone .«
    Er bedachte sie mit einem ungeduldigen Blick.
    »Und wo befindet sich diese Krone ?«
    »In Broadhaven.«
    Er sah sie aus zusammengekniffenen Augen an, und Emily fügte rasch hinzu:
    »Es ist ein kleines Dorf nicht weit von Alfriston in Sussex. Wir liegen ein paar Meilen landeinwärts von der Küste.«
    Barnaby erkannte den Namen wieder und entspannte sich ein wenig. Die Ereignisse der Nacht waren verschwommen, aber er erinnerte sich daran, dass man ihm gesagt hatte, Windmere , der Familiensitz der Joslyns, befände sich in der Nähe des Dorfes Broadhaven. Seine Erinnerung war alles andere als klar, aber er nahm an, dass er auf dem Weg nach Windmere gewesen war, bevor er im Ärmelkanal gelandet war.
    »Und jemand namens ›Jeb‹ hat mich aus dem Wasser gezogen?«
    Emily nickte. Er hörte sich nicht wie ein Engländer an; wenn er sprach, hatte sein Tonfall etwas Weiches, Melodisches, das sie anziehend fand. Sie runzelte die Stirn, dachte nach und versuchte es einzuordnen. Es war kein französischer und auch kein spanischer Akzent … Gerüchte, die sie neulich gehört hatte, schossen ihr durch den Kopf, und sie erklärte atemlos:
    »Sie sind der Amerikaner!«
    Das Geräusch lauter Stimmen und Getöse von unten lenkte sie ab und verhinderte, dass Barnaby darauf antwortete. Die grauen Augen des Burschen wurden groß, und sein bereits blasser Teint wurde eine Schattierung fahler, während er sich zur Tür umdrehte und sich sichtlich wappnete.
    Die Reaktion des Burschen gefiel Barnaby gar nicht, ebenso wenig wie der Lärm einer gewaltsamen Auseinandersetzung, der zu ihnen drang; mühsam versuchte er sich aufzusetzen. Ein jäher heftiger Schmerz fuhr ihm über den Hinterkopf, er stöhnte und ließ sich wieder in die Kissen sinken. Leicht schwindelig und von der Angst beherrscht, er müsse sich gleich übergeben, rang Barnaby darum, seinen Körper wieder unter Kontrolle zu bringen.
    Schritte erklangen auf der Treppe, und eine Sekunde später wurde die Tür aufgestoßen. Es war Flora, die mittlere Tochter des Hauses, die mit geröteten Wangen und grimmiger und zugleich ängstlicher Miene ins Zimmer stürzte.
    »Er ist hier!«, rief sie und warf hinter sich die schwere Eichentür ins Schloss, ehe sie sich zu Emily umdrehte und sie anschaute.
    »Meine Schwestern und Sam können ihn nur ein paar Minuten aufhalten. Sie müssen gehen. Jetzt sofort.«
    Rasch steckte Emily ihr Messer zurück in ihren Stiefel und ging zum einzigen Fenster auf der gegenüberliegenden Zimmerseite. Nach unten war es ein Stück, da der Raum im ersten Stock lag, aber ihr blieb nichts anderes übrig.
    Flora packte sie am Arm und rief:
    »Nicht da entlang! Hier. Öffnen Sie den Schrank. Auf der Rückseite ist eine versteckte Tür – dann können Sie über den Geheimgang entkommen. Aber jetzt schnell!«
    Weil sie von unten die Schreie von Floras Schwestern hörte und das Krachen von Möbeln, riss Emily die Türen des massiven Schrankes an der Wand gegenüber von dem Bett auf und verschwand darin. Dicht hinter ihr war Flora, während Emily sich durch Decken und anderes Zeug wühlte, das sich über die Jahre in dem Möbelstück angesammelt hatte, sagte Flora:
    »Greifen Sie an der Rückseite nach oben, da ist ein kleiner Riegel. Ziehen Sie daran, dann öffnet sich die Tür nach außen. Aber seien Sie vorsichtig, dass Sie nicht die Treppe hinunterfallen.«
    Mit bebenden Fingern fand Emily den Riegel und wäre trotz Floras Warnung beinahe die schmalen engen Stufen hinuntergestolpert, die sich plötzlich vor ihren Füßen auftaten, als die verborgene Tür aufschwang.
    Beide Frauen erstarrten, als die Geräusche eines verzweifelten Kampfes näher kamen. Anhand des Fluchens und Geschreis ließ
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