Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Stuermische Nacht

Eine Stuermische Nacht

Titel: Eine Stuermische Nacht
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
– er schaute zu Lamb und grinste – »hätte ich Lust, auf Erkundung zu gehen. Kommst du mit?«
    »Ich werde dich jedenfalls bestimmt nicht allein dort unten verschwinden lassen«, versetzte Lamb und grinste auch.
    Beide Männer wussten, warum es unklug war, die Tunnel zu erkunden, aber die Verlockung war unwiderstehlich. Wie zwei Schuljungen auf der Suche nach einem Abenteuer gingen sie, nachdem sie die Geheimtür hinter sich geschlossen hatten, im Schein ihrer Fackeln los.
    Der Tunnel war nicht sehr hoch. An manchen Stellen mussten sie die Köpfe einziehen. Es war auch eng, kaum breiter als ihre Schultern, was Barnaby, der an die zahllosen Eimer voller Erde und Felsbrocken denken musste, die mit Schaufel und Spitzhacke gefüllt und nach draußen geschafft worden waren, nicht weiter überraschte. Diesen Tunnel zu graben musste Monate gedauert haben, vielleicht sogar Jahre. Ab und zu waren Stützbalken aus Eiche eingebaut worden, aber als sie stehen blieben, um sie sich genauer anzusehen, stellten sie fest, dass sie alt waren – älter als aus dem letzten Jahrhundert, als der Sage nach sein Vorfahr die Tunnel hatte anlegen lassen. Nein, der Tunnel war weit davor gegraben worden, und Barnaby hatte die Vermutung, dass der damalige Lord Joslyn einfach einen bereits existierenden Tunnel wieder geöffnet hatte.
    Lamb sprach seine Überlegungen aus.
    »Du wirst mich nie davon überzeugen können, dass irgendjemand die Zeit, das Geld und die Arbeitskraft aufgewandt hat, so etwas zu errichten, nur um Schmuggelware zwischenzulagern und dann weiter zu vertreiben. Ich wette, das hier wurde erbaut, als Windmere noch eine echte Burg war, eine Wehranlage, um Truppen zu bewegen, ohne dass der Feind etwas davon merkte.«
    Barnaby stimmte ihm zu.
    »Das klingt weitaus glaubwürdiger als die Geschichte mit dem Schmuggel. Und wie bei den meisten Legenden scheint nur ein Teil davon wahr zu sein.«
    Im weiteren Verlauf kamen sie an zwei Abzweigungen vom Haupttunnel vorbei, aber als sie mit ihren Fackeln hineinleuchteten, sahen sie, dass sie zwar früher vermutlich begehbar gewesen waren, inzwischen aber eingestürzt waren.
    Der Tunnel verlief verhältnismäßig gerade, machte nur dann Biegungen, wenn die Erbauer auf große Felsen gestoßen waren und sich darum hatten herumarbeiten müssen. Die beiden Männer gingen immer weiter und bemerkten die Fackeln, die gelegentlich an den Wänden hingen. Als er eine genauer betrachtet hatte, stellte Barnaby fest:
    »Das hier ist keine alte Fackel – sie ist erst kürzlich verwendet worden.«
    »Vermutlich während Peckhams letztem Ausflug nach hier unten«, antwortete Lamb.
    Die ersten Anzeichen für Schmuggel kamen in Sicht, als sie mehrere Tabakbündel entdeckten, die an die Wand gestapelt waren.
    »Was denkst du, wie weit ist es noch bis zum Ende?«, erkundigte sich Barnaby und schaute auf den Tabak.
    »Nicht mehr weit«, sagte Lamb. »Deine Frau hat mir gestern erklärt, dass die Scheune nur eine Achtelmeile Luftlinie vom Haus entfernt liegt. Wenn ich mich nicht sehr verschätzt habe, sind wir fast da.«
    Sie gingen um mehrere Stapel mit Schmuggelware herum und eine Biegung, und dann waren sie in der Höhle, die Lamb am Vortag mit Emily gesehen hatte.
    Verwundert über die Größe des Raumes und die Unmengen Schmuggelware vor ihm, pfiff Barnaby anerkennend.
    »Was wettest du dagegen, dass es die Erschaffung dieser Höhle war, die zu der Sage geführt hat, dass unsere Vorfahren die Tunnel gegraben haben?«
    »Da hast du wahrscheinlich recht.«
    Aufgrund der Tatsache, dass Schmuggel gewöhnlich im Dunkel der Nacht stattfand, hatte Barnaby nicht damit gerechnet, dass sie an diesem Nachmittag auf Schmuggler stoßen könnten, aber als er am Rand der riesigen Höhle stand, erfasste ihn eine ungute Vorahnung. Er hob den Kopf, wie ein Tier, das Gefahr wittert, und suchte mit den Augen die Umgebung ab. Im flackernden Licht seiner Fackel zuckten und huschten die Schatten über die Kisten und Fässer, aber er entdeckte nichts, was ihn beunruhigte.
    Trotzdem flüsterte er, als er aus dem Tunnel in die Höhle trat, Lamb zu:
    »Bleib wachsam!«
    Lamb erwiderte:
    »Darauf kannst du dich verlassen.«
    Die beiden Männer begaben sich langsam und vorsichtig in die Mitte der Höhle und blieben stehen, als sie an eine freie Stelle kamen, an der ein Holztisch und ein Stuhl standen; mehrere Blatt Papier lagen verstreut auf der zerkratzten Oberfläche. Als sei er rasch fallen gelassen worden, lag ein Federkiel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher