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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice
Autoren: Neville Shute
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bei Regen und Sonnenschein sich alles in Ruhe anschauen konnten.
    Wir betraten den Schönheitssalon. Die
Leiterin war eine brünette Estländerin, nicht mehr ganz jung; sie hatte zwei
australische Gehilfinnen. Ein Schaukasten und eine Vitrine enthielten
kosmetische Mittel, und alles war reinlich und nett.
    Im Haus nebenan waren vier
Waschmaschinen in Tätigkeit. Drei Jungverheiratete Frauen warteten auf ihre Wäsche
und plauderten. Im Grünkramladen nebenan gab es außer Früchten und Gemüse auch
Sämereien und Gartengeräte, und im nächstfolgenden, wesentlich größeren Haus
sah ich Mannequinpuppen in Sommerkleidern. Hinter langen Verkaufstischen
standen drei Verkäuferinnen und in einer Sonderabteilung eine Frau in mittleren
Jahren. Bei ihr fanden die älteren Willstownerinnen jene Bekleidung, die sie
von früher her gewohnt waren: schwarze Röcke, Unterröcke aus Flanell und derbe
Küchenschürzen.
    Wir überquerten die Straße. Joan zeigte
mir das Kino und das Schwimmbad. Der Tag war heiß; da ich genug gesehen hatte,
führte sie mich in die Eisdiele, und da sie noch etwas zu besorgen hatte, ließ
sie mich hier für eine halbe Stunde allein.
    Ich beobachtete die vorübergehenden und
eintretenden Gäste; es waren meist Frauen, durchwegs hübsch.
    Als Joan zurückkam, setzte sie sich zu
mir, und ich fragte sie: «Was kommt als nächstes? Gibt es ein Ende?»
    «Kein Ende!» sagte sie lachend. «Quäle
ich dich, weil ich immer wieder Geld verlange? Aber ich sage dir: Was nun
kommt, das kann ich aus den Überschüssen finanzieren.»
    «Was soll’s denn sein?»
    «Ein Selbstbedienungsladen. Weißt du,
die Bedürfnisse ändern sich und mit ihnen die Nachfrage. Zu Beginn war Bedarf
an Unterhaltung, denn alle waren jung und unverheiratet. Nach soliden,
vernünftigen Sachen wurde nicht gefragt. Eiscreme, Schwimmbad, Dauerwellen,
Puder, Lippenstifte und Filme waren wichtiger. Sie sind noch wichtig, nur wird
der Konsum nicht steigen. Aber jetzt braucht die Stadt Dinge für die jungen
Familien. Ein erstklassiges Lebensmittelgeschäft mit möglichst billigen Preisen
und danach, sobald ich es einrichten kann, ein Geschäft für
Haushaltungsgegenstände. Stell dir vor: Du bekommst gegenwärtig in Willstown
nicht einmal ein Nachttöpfchen!»
    Ich wies auf das gegenüberliegende
Warenhaus. «Führt Mr. Duncan dergleichen Dinge nicht?»
    «Der Mensch hat keine Phantasie! Seine
Töpfe sind so groß, daß das ganze Baby hineinfällt.»
    Auf meine Frage, ob alle Waren auf dem
Luftweg hierherkämen, erfuhr ich, daß das meiste per Bahn von Cairns nach
Forsayth und von da in Lastautos hierherbefördert werde.
    «Aber du siehst ja: es gibt keine
Straßen; bei diesen Holperfahrten ist ein Lastwagen in zwei, drei Jahren
kaputt, und das verteuert den Transport. Ich habe aber von Bill Wakeling
gehört: das Straßenbauamt plant eine Straße von hier über Mareeba nach Cairns,
eine richtige Chaussee. Natürlich bewirbt er sich um den Bauauftrag. In zwei
Jahren haben wir unsere Straße, da kannst du sicher sein. Die Stadt wächst
schnell! Es wäre ein Segen, in einem Tag nach Cairns fahren zu können!»
    Ende der Woche traf die Antwort des
Queensländischen Bodenverwaltungsamtes ein. Man schlug uns für die Besprechung
den kommenden Dienstag, nach Eintreffen des Flugzeugs, und Mittwoch vor. Ich
flog mit Joe über Cairns, wo wir Mr. Hope an Bord nahmen, nach Brisbane. Dort
brachten wir in einer langen Sitzung mit dem Bodenverwaltungsamt die
Hauptpunkte des Übereinkommens zustande. Harman mußte gleich wieder auf seine
Station zurück. Ich blieb mit Mr. Hope in Brisbane. Nach langem Hin und Her
brachten wir den Abschluß mit allen möglichen Zusätzen in roter, grüner, blauer
und violetter Tinte unter Dach, worauf Mr. Hope nach Hause flog, während ich
mit den Anwälten Mrs. Spears’ den Optionsvertrag zur endgültigen Übernahme von
Midhurst ausarbeitete. Alles zusammen hielt ich mich vierzehn Tage in Brisbane
auf. Nach mehrmaligem Telegrammwechsel mit Lester Robinson, meinem Teilhaber,
kam es endlich zu einer Einigung. Ich brachte den Vertrag sowie das
Übereinkommen mit dem Queensländischen Bodenverwaltungsamt nach Cairns, wo Joe
beides Unterzeichnete. Wir gaben die zwei wichtigen Dokumente auf die Post, und
damit war meine Mission in Australien beendet.
     
    Ich flog mit Joe nach Willstown zurück
und blieb noch eine Woche bei Harman. Ich blieb aus keinem anderen Grund, als
weil man im Alter allzu gefühlsselig ist. Ich saß bei Joan
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