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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice
Autoren: Neville Shute
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Hauptpunkt:
     
    Obwohl Ihr gewiß einen
vertrauenswürdigen Rechtsbeistand habt, wäre ich mit Vergnügen bereit, sofern
es Euch dienlich schiene, auf einige Wochen nach Queensland zu kommen und mich
dafür einzusetzen, daß der Pachtbesitz, ehe Ihr das Geld investiert, Euch
lebenslänglich gesichert wird. Seit vielen Jahren bin ich nicht mehr aus
England herausgekommen und bedaure es eigentlich. Ich kann leider nicht damit
rechnen, daß mir noch viele Jahre beschieden sein werden, um mich in der Welt
umzusehen. Da möchte ich mir denn gerne endlich einmal ausgiebige Ferien gönnen
und auf Reisen gehen, solange es mein Gesundheitszustand erlaubt. Und wenn eine
solche Reise obendrein dazu beiträgt, Euch die Besitztitel auf Midhurst
rechtlich zu sichern, wäre sie mir eine ganz besondere Freude.
     
    Ich fügte noch bei:
    Selbstverständlich geht die Reise auf
meine Rechnung.
     
    Die Antwort war ein ausführliches
Nachttelegramm: Man erwarte mich sehnsüchtig, am besten per Flugzeug, Ende
April; es ginge dann auf den australischen Winter, der unserem englischen
Sommer ähnlich sei. «Brief folgt mit Angabe erforderlicher Bekleidung und
Arzneimittel.» Ihre Besorgnis rührte mich. Ich suchte am folgenden Tag meinen
Hausarzt Dr. Kennedy in seiner Praxis in der Wimpole Street auf und fragte ihn,
ob er etwas gegen meinen beabsichtigten Flug nach Queensland einzuwenden habe.
    Er musterte mich ein wenig spöttisch
und meinte: «Als Badekur würde ich Ihnen nicht dazu raten. Muß es unbedingt
Queensland sein?»
    «Ich möchte gern hin, sehr gern, etwa
für einen Monat. Es handelt sich um eine Angelegenheit, die ich persönlich
wahrnehmen sollte.»
    «Sind Sie in letzter Zeit gut zu Fuß?»
fragte er.
    Sollte ich ihn anlügen? Ich gestand:
«Morgens gehe ich meist bis zum Trafalgar Square und nehme dort ein Taxi.»
    «Bis zum Büro ist es Ihnen also zu
weit?»
    «Ja, schon seit einiger Zeit.»
    «Können Sie im Klub, ohne anhalten zu
müssen, die Treppe bis in den ersten Stock hinauf?»
    Ich schüttelte den Kopf. «Ich nehme den
Lift. Aber in Queensland hat man keine Treppen. Fast alle Wohnhäuser sind
Bungalows.»
    Er lächelte, bat mich, den Oberkörper
zu entblößen. «Wir wollen uns die Sache mal ansehen», und fragte nach beendeter
Untersuchung: «Haben Sie die Absicht, allein zu reisen?»
    Ich nickte. «Drüben wohne ich bei
Freunden. Sie holen mich auch am Flugplatz ab.»
    «Halten Sie die Reise wirklich für
unumgänglich?» Er schaute mir ernst in die Augen, und ich erwiderte seinen
Blick.
    «Ich möchte wirklich gerne hin.»
    «Ja, wie Sie wollen», sagte er
achselzuckend. «Sie kennen Ihren Zustand so gut wie ich. Es liegt nichts Neues
vor, nur die von uns erwartete Verschlechterung im Gesamtbefinden. Der Krieg
hat Sie zehn Jahre gekostet. Es ist wenigstens gut, daß Sie fliegen; eine Fahrt
durch das Rote Meer würde Ihnen vermutlich nicht gut bekommen.»
    Er setzte mir auseinander, was ich mir
erlauben dürfe und was ich auf alle Fälle vermeiden müsse — die alten
Vorsichtsmaßnahmen, die ich oft genug von ihm gehört hatte.
    Als ich in die Kanzlei zurückgekehrt
war, teilte ich Lester Robinson meine Reiseabsichten mit.
    «Ich gehe Ende April auf etwa drei
Monate in Ferien. Die Hinreise unternehme ich auf dem Luftweg. Wie lange ich
bleibe, ist vorläufig unbestimmt. Sollte das Fliegen mich zu sehr anstrengen,
so kehre ich zu Schiff nach England zurück.» Ich holte tief Atem. «Aber stellen
Sie die Geschäftsführung auf eine lange Abwesenheitsdauer ein! Es wird sich
ohnehin bald als notwendig erweisen.»
    «Müssen Sie sich denn wirklich
persönlich dorthin bemühen?» fragte er besorgt.
    «Ja.»
    «Es wäre mir lieber gewesen», sagte er
mit einem leichten Seufzer, «Sie hätten an diese Sache nicht so viel Kraft
verschwendet. Es ist doch ein ganz gewöhnlicher Fall.»
    «Sehen Sie, Lester, da bin ich nun ganz
anderer Ansicht. Ich halte ihn für den wichtigsten, den ich je im Leben
behandelt habe.»
    Mein Abflug von London erfolgte an
einem Montagvormittag, und nach kurzen, etwa einstündigen Aufenthalten in
Kairo, Karachi, Kalkutta, Singapore und Darwin landete das Flugzeug Mittwoch
nacht in Sydney. Es war ein sehr behagliches Passagierflugzeug und die
Stewardess liebenswürdig und aufmerksam. Trotzdem war es begreiflicherweise
ermüdend, zwei Nächte in einem Klappsessel zu schlafen, und ich war froh, als
die interkontinentale Luftreise überstanden war. Am Donnerstag ruhte ich mich
in Sydney aus und
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