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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice
Autoren: Neville Shute
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Geld hineinstecken ließest. Willst Du es Dir überlegen und
mich bald wissen lassen, ob wir die Summe haben können? Wenn nicht, muß ich
einen anderen Ausweg finden. Vielleicht müßte ich dann eines oder mehrere der
Unternehmungen, die ich aufgebaut habe, verkaufen oder verpfänden. Ich täte es
ungern. Wie leicht kann so ein Geschäft in unrechte Hände geraten und
herunterkommen!
    Diese Stadt ist wie ein kleines Kind —
und von kleinen Kindern verstehe ich jetzt etwas. Sie brauchen ständige Pflege,
bis sie größer sind.
     
    Weitere zehntausend Pfund! Damit hätten
wir ihr erlaubt, die Hälfte der Erbschaft in hochspekulative Unternehmungen zu
stecken und dies in einer Gegend, die keineswegs den Wünschen Mr. Macfaddens
zur Zeit der Testamentserrichtung entsprochen hätte! Oder? Wie würde Douglas
Macfadden, der Klausner von Ayr, an unserer Stelle entscheiden?
    Er war kränklich, aber vernünftig und
gütig gewesen. Nicht aus Mißtrauen gegen seine Nichte hatte er unsere Vormundschaft
für so lange Zeit eingesetzt, sondern nur aus Sorge, die Alleinstehende könne
von einem Heiratsschwindler um ihr Vermögen geprellt werden. Joan Paget aber,
die nunmehr Dreißigjährige, war Mutter zweier Kinder und ihr Gatte - abgesehen
von seiner Poddy-Duffer-Ideologie – ein vernünftiger, durchaus gediegener
Mensch. Hätte Douglas Macfadden unter diesen Umständen die unangebrachte
Bevormundung für hinfällig erklärt?
    Ich hatte von ihm den Eindruck eines
gutherzigen Menschen empfangen. Es konnte unmöglich in seiner Absicht liegen,
seine Erbin von Haus und Hof vertrieben zu sehen. Aber — er war ein
vorsichtiger Mann, der richtige Schotte, und hätte vermutlich die einzelnen
Bedingungen, unter denen die Kapitalanlage in Midhurst erfolgen sollte, genau
unter die Lupe genommen, um sich zu vergewissern, daß sie für ihr Geld den
Gegenwert erhielt.
    Als ich nun das Gesuch unter diesem
Gesichtspunkte ansah, frappierte und beunruhigte mich vor allem der
kurzbefristete Pachtbesitz. ‹Was sind siebzehn Jahre, wenn es sich darum
handelt, den Wert der Uferdämme und Staubecken, die Harman errichtete, und
seiner andern Verbesserungen auf Midhurst herauszuwirtschaften?› fragte ich
mich und fand, er könne unmöglich an weitere Investitionen herangehen, bevor
ihm nicht eine wesentliche Verlängerung des Pachtvertrages sicher sei.
    Ich besprach Mrs. Harmans Brief
eingehend mit meinem Partner Lester Robinson, und auch er erkannte im
Pachtbesitz und in dessen Dauer den springenden Punkt.
    «Die Frage der Treuhänderschaft sollte
man nicht übertreiben», meinte er, «sondern, wie Sie es mit Recht getan haben,
sich an die Stelle des Erblassers versetzen und von dort aus seine Entscheidung
treffen. Sehen Sie: Er hat damals das Geld seiner Schwester, solange der
Ehegatte noch lebte und ihr zur Seite stand, ohne jede Einschränkung vermacht.
Erst nach dem Tode seines Schwagers Arthur Paget hielt er die Bevormundung für
angebracht. Und nun haben die Töchter von beiden bereits einen Gatten. Könnte
Mr. Macfadden heute sein Testament errichten, er dächte wohl nicht im
entferntesten an Treuhänderschaft.»
    «Ausgezeichnet!» pflichtete ich meinem
Partner bei.
    Er fuhr fort: «Trotzdem möchte ich die
Treuhänderschaft gerade in diesem Moment nicht aufgehoben sehen. Vielmehr
möchte ich sie als Hebel benutzen, um die Pachtfrage in einem für Mrs. Harman
günstigen Sinne zu lösen. Erklären wir klipp und klar, daß wir die zehntausend
Pfund erst freigeben, wenn die Pachtverhältnisse zu unserer Zufriedenheit
geregelt sind! Dann kann sie von mir aus noch die restliche Hälfte von ihrer
Erbschaft abheben.»
    Ich lächelte. «Das will ich ihr lieber
nicht mitteilen.»
    Am folgenden Tag setzte ich mein
Antwortschreiben auf, ungefähr so:
     
    Ich halte es nicht für unmöglich,
weitere zehntausend Pfund freizugeben, halte es aber für notwendig, daß vorher
die Frage der Pachtdauer zu unserer Zufriedenheit geregelt wird. Beim
gegenwärtigen Stand der Angelegenheit könntet Ihr, nach Ablauf von siebzehn
Jahren, Eures Heimes samt all dem Geld, das Ihr und Mrs. Spears im Laufe der
Jahre für Meliorationen der verschiedensten Art hineingesteckt habt, verlustig
gehen. Deiche und Staubecken fielen zugleich mit dem Boden an den Staat zurück,
und Ihr erhieltet nicht einmal eine Entschädigung, soweit ich darüber
unterrichtet bin.
     
    (Ich erfuhr später, daß ich mich hier
in einem Irrtum befand.) Nun aber gelangte ich zum
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