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Eine Socke voller Liebe

Eine Socke voller Liebe

Titel: Eine Socke voller Liebe
Autoren: Monika Beer
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ausgeht, die diesen Weg
ganz oder teilweise gegangen sind, ist einfach überwältigend“, stellte Andrea
fest. „Mit manchen haben wir ja nur einmal zusammen gegessen oder ein
Etagenbett geteilt. Und trotzdem ist es so, als würde man einen guten, alten
Bekannten wieder sehen.“
    „Wir sind eben eine große Pilgerfamilie“, meinte Sabine.
    Erst als die letzten Straßenmusiker ihre Instrumente
einräumten, gingen die Freundinnen in ihr Quartier, um in die weichen Rüschenkissen
zu fallen.
    37. Am Ende
der Welt
    Am späten Nachmittag erreichte der Bus den kleinen Fischerort
Finisterre. Die Freundinnen meldeten sich zum allerletzten Mal in einer
Pilgerherberge an. Sie spazierten an der Küste entlang und landeten schließlich
auf der Terrasse eines kleinen Cafés am Hafen. Aus einem Lautsprecher dröhnten
beschwingte Hits. Die Luft war heiß und schwül, es wehte kaum ein Wind.
    „Hoffentlich gibt es kein Gewitter“, argwöhnte Sabine.
    „Na, und wenn“, erwiderte Andrea, „dann ist hinterher die
Luft wieder rein.“
    Das Gewitter zog vorbei, und die drei müden bayrischen Pilger
standen plötzlich an ihrem Tisch. Die Begrüßung war rau, aber herzlich und mit
einem Seufzer der Erleichterung ließen sich die Männer auf die Stühle fallen.
    „Und jetzt ein Bier!“, rief Sebastian begeistert aus, „das
übertrifft im Moment alle meine Träume!“ Er winkte die Kellnerin herbei, um
eine Bestellung aufzugeben.
    Die Männer waren zwar müde von der langen Wanderung, aber es
dauerte erfahrungsgemäß nie lange, bis sich die Müdigkeit in eine euphorische
Stimmung verwandelte.
    „Prost, auf unsere mehr als neunhundert Kilometer Fußmarsch
und unsere netten Pilgerfreundinnen“, sagte Hubert und erhob sein Glas.
    Sie prosteten einander zu und Andrea schaute Michael an. Ihr
Herz klopfte bis zum Hals, als sie in seine freundlichen Augen blickte, die
durch sein sonnengebräuntes Gesicht noch blauer erschienen. Sie saß neben ihm,
und als sein Arm den ihren zufällig streifte, hätte sie sich am liebsten an ihn
gelehnt.
    In ihrem Innern kämpften Freude, Aufregung und eine ungewisse
Anspannung miteinander. Es fiel ihr schwer, ihre Nervosität zu verbergen.
    In ihren Träumen hatte sie sich das alles so einfach
vorgestellt. Hatte geglaubt, dass er das einfach merken würde, dass „ihr Draht“
auch „sein Draht“ wäre. Dass er ihre Sehnsucht spüren und erwidern würde. Und
jetzt?
    Sie kramte Michaels Handy aus ihrer Tasche, um es vor ihm auf
den Tisch zu legen.
    „Da ist das corpus delicti“, sagte sie.
    „Ich finde es nach wie vor unfassbar, dass ausgerechnet du
das Ding im Gras gefunden hast“, brachte er seine Verwunderung noch einmal
kopfschüttelnd zum Ausdruck, „und das nach zwei Tagen.“ Er sah sie dabei mit
einem Lächeln an, das ihren Herzschlag verdoppelte.
    Andrea überspielte ihre Erregung und antwortete ein wenig
schnippisch: „Wäre es dir lieber gewesen, jemand anders hätte es gefunden?“ Im
gleichen Moment hätte sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Aber da war
die Frage schon gestellt. Michael lachte laut auf: „Nein! Auf keinen Fall!“
    Er musterte sie dabei aufmerksam und mit einem amüsierten
Grinsen, wie ihr schien. Verlegen grinste sie zurück.
    Dann stand er plötzlich auf und sagte, dass er Sehnsucht nach
einer Dusche habe. Er schlug vor, sich in einer Stunde wieder zum gemeinsamen
Essen zu treffen und danach zum Cabo Finisterre zu laufen, um dort mit etwas
Glück den legendären Sonnenuntergang zu erleben.
    Die Menschen des Altertums glaubten, dass an dieser Stelle,
wo eine Landzunge wie ein spitzer Finger ins Meer ragt, das Ende der Welt sei.
An diesem mystischen Ort wurden Sonnen- und Fruchtbarkeitsriten gefeiert. Nach
dem Auffinden des Apostelgrabes erwachte die Faszination für das „Ende der
Welt“ neu, und der Wanderführer war sogar der Meinung, dass allein die
Sonnenuntergänge über dem Atlantik eine Reise wert seien.
    Eine gute Stunde später zitierte Michael: „Wie sagt man doch
so schön? Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.“
    Draußen prasselte der Regen gegen die Fensterscheiben des
Restaurants, Blitze zuckten über den fast dunklen Himmel und der Donner grollte
so laut, dass die anderen seine Worte kaum verstehen konnten.
    „Ja, das wird wohl heute nichts mit dem faszinierenden
Sonnenuntergang“, pflichtete Sabine ihm bei, „die versinkt jetzt hinter dicken
Gewitterwolken und ohne Zuschauer im Meer. Wir können ja morgen
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