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Eine Socke voller Liebe

Eine Socke voller Liebe

Titel: Eine Socke voller Liebe
Autoren: Monika Beer
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der in die
Stadt hinunter führte. Die Bewegung tat ihr gut, und langsam löste sich ihre
angespannte Haltung.
    „Wie ist es dir ergangen?“, fragte sie und bemühte sich,
ihrer Stimme einen sachlichen Ton zu verleihen, „du siehst gut erholt aus und
abgenommen hast du auch.“
    „Ja, inzwischen fühle ich mich hier auch recht wohl. Ich habe
eine gute Therapeutin. Wenn du willst, kannst du später noch mit ihr sprechen.
Sie weiß, dass du heute kommst und hat es angeboten.“
    „Mal sehen. Vielleicht.“
    Die Sätze kamen nur mühsam und schleppend über ihre Lippen.
Das Geschehene lag wie ein tiefer Graben zwischen ihnen. Ein Gespräch wollte
nicht in Gang kommen.
    Als sie sich in ein kleines Café gesetzt hatten, um einen
Capucchino zu trinken, sagte Markus: „Es tut mir sehr leid, was geschehen ist.“
    „Du weißt also, was passiert ist?“
    „Ja, man hat es mir im Krankenhaus erzählt.“
    „Und?“
    Markus schnäuzte sich und seine Stimme klang traurig: „Ich
konnte mich an keine Einzelheiten mehr erinnern.“
    Er warf ihr einen fragenden Blick zu. „Weißt du, ich bin mir
erst hier richtig bewusst geworden, was ich dir und den Kindern in den
vergangenen Jahren alles angetan habe. Ich lebte so sehr in meinem eigenen
Teufelskreis, dass ich nicht gemerkt habe, was ich alles zerstöre. Jedes
unangenehme Gefühl habe ich sofort durch Alkohol unterdrückt. Ich musste mein
schlechtes Gewissen immer wieder aufs Neue im Alkohol ertränken. Weil ich tief
in meinem Innern wusste, dass ich mich selbst belüge, war ich ständig auf der
Flucht vor mir selbst. Ich hatte die Aufmerksamkeit für mich verloren und damit
natürlich auch die für dich und die Kinder. Zum Schluss drehte sich alles nur
noch um den Suff.“
    Nachdenklich hielt er einen Augenblick inne und starrte in
die Luft, bevor er Sabine ansah: „Und trotzdem hast du immer zu mir gehalten,
all die Jahre lang. Dafür danke ich dir.“
    Er nahm ihre Hand in die seine: „Glaubst du, dass du mir das
alles irgendwann verzeihen kannst?“
    Sie schwieg und fühlte seine warme Hand auf der ihren. Die
Berührung löste eine sanfte Vertrautheit aus.
    Sie sah ihn einen Moment lang an, bevor sie langsam
antwortete: „Ja, ich habe dir schon verziehen, als ich unterwegs war auf dem
Jakobsweg.“ Behutsam und bewusst zog sie ihre Hand wieder zurück. „Weißt du, wir
können das Geschehene nicht ungeschehen machen, aber jeder von uns hat jeden
Tag die Gelegenheit, neu anzufangen.“
    „Würdest du noch einmal mit mir neu anfangen?“
    „Das kann ich dir jetzt noch nicht beantworten. Es ist so
viel passiert…“, sie wischte die Tränen ab, die in ihren Augen aufstiegen, „ich
hatte… meine Achtung und meine Liebe zu dir verloren… lass mir Zeit… Bitte.“
    Eine Weile verstummten sie beide.
    „Ja, das kann ich verstehen“, sagte Markus nachdenklich,
„aber du sollst wissen, dass ich dich sehr liebe und alles tun werde, damit
sich so etwas nicht mehr wiederholt. Ich weiß, dass das ein schwerer Weg ist,
aber ich bin fest entschlossen, ihn nie mehr zu verlassen.“
    Jetzt war es Sabine, die Markus Hand ergriff.
    Lange saßen sie sich so gegenüber und sahen sich an. Sabines
Gedanken und Gefühle fuhren Achterbahn.
    Das kleine Fünkchen Hoffnung, das sich irgendwo versteckt
gehalten hatte, entfachte sich in ihrer Brust und flackerte unruhig vor sich
hin.
    Sie spürte, dass ihre Liebe zu ihm nicht erloschen, sondern
nur verschüttet war und schickte ihr Vertrauen in den Himmel.
    Markus blickte sie abwartend an. Sein Lächeln stellte tausend
Fragen. Die Wärme seiner Hände schenkte Nähe.
    Sie war sich sicher, dass Gott ihnen hier und jetzt eine
erneute Chance bot, ihre Liebe und ihr Glück wiederzufinden.
    Vielleicht sollte sie gemeinsam mit Markus darum kämpfen?
    „Das Glück trifft nur den vorbereiteten Geist.“ Von wem war
dieser Ausspruch und wo hatte sie ihn gelesen? Egal. Aber warum fiel er ihr
ausgerechnet in diesem Moment ein?
    Der Pilgerweg hatte sie oft an ihre Grenzen gebracht. Sie
hatte diese Herausforderungen angenommen und sie gemeistert.
    Der Camino hatte ihr Kraft und Zuversicht geschenkt. Sie
hatte nicht nur eine dicke Socke voller Vertrauen, sondern auch eine Socke voll
mit Gottes Liebe in ihrem Gepäck, die sie verschwenden wollte.
    Warum also sollten sie es nicht versuchen?
    Plötzlich fühlte sie sich wagemutig und stark zugleich.
    Ja, sie wollte auch diese Herausforderung annehmen.
    Aufmunternd lächelte sie Markus an: „Komm,
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