Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug
Autoren: Alan Gratz
Vom Netzwerk:
Seite des Parkplatzes stand ein kleiner Picknicktisch aus Beton unter einem Baum, und ich latschte rüber, um mich zu setzen.
    Das hohe Gras bog sich im Fahrtwind, den die Laster machten, wenn sie auf dem Highway vorüberfuhren, und ein Schmetterling tanzte um einen alten zerschrammten braunen Abfalleimer, als würde er sich über ihn lustig machen. Eine Mexikanerin schob einen Wäschewagen über den Balkon vor dem ersten Stock des Motels und pfiff eine traurige Melodie vor sich hin. Sie wurde allerdings von einem Krankenwagen übertönt, der mit heulender Sirene Richtung Dodge Charger fuhr, ohne zu wissen, dass es dort nichts mehr zu tun gab, es sei denn, Marshmallows zu rösten.
    Wir befanden uns ohne Paddel auf dem Copenhagen River, so viel war klar. Sobald Claude herausfinden würde, dass Hamilton nicht in dem Auto war, würde er Leute nach ihm suchen lassen, vielleicht sogar die Polizei von Denmark. Und das hieß, was auch immer wir machen wollten, wir mussten es schnell machen. Ich holte mein Handy heraus. Zwei Balken. Offensichtlich waren wir nahe genug an der Zivilisation.
    Aber nur mal gerade so.

    Als ich wieder in unser Zimmer kam, brachte ich drei Pizzas und was zu trinken mit. Hamilton saß auf dem Boden, mit dem Rücken an eines der Betten gelehnt, und schaute Nachrichten. Er warf mir einen flüchtigen Blick zu.
    »Hab schon gedacht, du kommst nicht mehr zurück.«
    »Traust du mir das echt zu?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich wär nicht zurückgekommen«, sagte er.
    »W ärst du doch.« Ich ließ eine der Pizzas in seinen Schoß fallen.
    »Drei Pizzas?«, fragte er.
    Ich setzte die anderen beiden auf dem kleinen Tisch ab. »Iss«, meinte ich nur.
    Im Fernsehen gab es bereits Bilder von dem glühenden Dodge Charger. Das war natürlich wunderbares Material. Ich werde es nie begreifen, warum die Menschen so interessiert daran sind zu sehen, wie Feuerwehrleute ein brennendes Haus löschen oder Polizisten mit weißer Kreide Umrisse zeichnen. Ich vermute mal, nichts lässt einen das eigene miese Leben weniger mies finden als das schreckliche Unglück, das andere Menschen trifft.
    »W as hast du die ganze Zeit gemacht?«, fragte Hamilton.
    »Ein paar Anrufe erledigt.«
    Ich setzte mich und fing mit einer der beiden anderen Pizzas an. Bei den Nachrichten wurde wieder ins Studio zurückgeschaltet, wo es jetzt die neuesten Informationen über das Mädchen gab, das durch das verseuchte Flusswasser krank geworden war. Olivia Mendelsohn war jetzt aus dem Krankenhaus entlassen, und es wurde erwartet, dass sie sich vollständig erholen würde. Nur für den Fall, dass wir nicht mitbekommen hatten, was passiert war, zeigten sie noch einmal, wie sie das Wasser runtergekippt und dann auf meine Füße gekotzt hatte. Ich fand, sie hatten mich von meiner Schokoladenseite erwischt. Danach sendeten sie Informationen über die öffentliche Veranstaltung morgen Abend in der Stadthalle, bei der Elsinore weitere Stellungnahmen abgeben wollte.
    »Sie muss mich echt hassen«, sagte Hamilton.
    »Ja, das gehört dazu.«
    »Sie hat recht. Ich hab’s verdient.«
    »Stimmt genau.«
    »Lass doch den Quatsch! Ich will ihr zeigen, wie leid es mir tut.«
    »Ernsthaft?«
    »Ja, ernsthaft«, sagte er und sah so aus, als meinte er das wirklich. »Ich hab es bei ihr echt vergurkt und das ist mir auch klar. Ich bin fast verrückt geworden, als Mom Claude geheiratet hat. Ich hab mich gefühlt … Ach ich weiß nicht. Verraten.«
    »Und wenn dich deine eigene Mutter verraten kann, warum dann nicht auch jedes andere Mädchen auf der Welt?«, fragte ich. Ich hatte das als Witz gemeint, doch als Hamilton mir nicht widersprach, dachte ich, dass ich wohl tatsächlich nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt lag. Wer brauchte hier denn überhaupt Selbsthilfebücher?
    »Ich wollte es ihr immer erklären, mich entschuldigen. Doch jedes Mal, wenn ich sie nach unserer Trennung gesehen hab, bin ich irgendwie ausgerastet. Oder sie.«
    »Sie hatte auch ganz guten Grund dazu, denke ich.«
    »Ich weiß. Ich wollte sie im Krankenhaus besuchen, aber ich hatte Angst, sie würde mir Säure ins Gesicht gießen oder so was.«
    Ich aß meine Pizza.
    »Dann magst du sie also immer noch?«, fragte ich.
    Hamilton konnte den Blick nicht vom Fernseher lösen, als sie zeigten, wie Olivia früher am Tag entlassen worden war, und sein Gesichtsausdruck gab mir alle Antworten, die ich brauchte. Als ich einen Bissen schlucken wollte, spürte ich den Knoten in meiner
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher