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Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug
Autoren: Alan Gratz
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eine der Gelegenheiten. »Hör mal, Hamilton, ich weiß nicht, was zwischen dir und deinem Onkel ist, aber du kannst nicht einfach solche Schlüsse ziehen. Du kannst es einfach nicht sicher wissen, dass er es war.«
    Hamilton trat einen Schritt zur Seite und wollte mir nicht ins Gesicht blicken.
    »Nein, nein, ich denke, du hast recht. Wir wissen es nicht mit absoluter Gewissheit«, sagte er und machte sich über meine Zurückhaltung lustig. »Aber bis es so weit ist, keine noch so leise Andeutung von keinem von uns. Zu niemandem.«
    Frank und Bernard krochen wieder aus den Aktenschränken hervor und nickten
    »W arum nicht?«, fragte ich.
    »Das ist eine Familienangelegenheit«, belehrte Hamilton mich. »Die Princes waschen ihre schmutzige Wäsche nicht öffentlich.«
    »Bist du verrückt? Damit müssen wir zur Polizei gehen.«
    »Nein. Kein Wort. Kein Wort zu irgendjemandem. Schwört es!«
    »W ir schwören es«, sagten Frank und Bernard fast gleichzeitig.
    Hamilton starrte mich an. »Schwöre!«
    Und in genau diesem Moment machte ich einen Fehler. Wenn ich den nicht gemacht hätte, hätte ich uns eine Menge Ärger erspart. Vielleicht hätte ich sogar verhindern können, dass jemand niedergeschossen wird. Aber ich hab noch nie behauptet, ich wäre ein Genie.
    »Ist ja schon gut, ich schwöre.« Ich fühlte mich wie ein Drittklässler, der gerade in die Hände gespuckt hat, um ein Abkommen mit feuchtem Händedruck zu besiegeln.
    »Mit dem Verstand magst du dir nicht sicher sein, Horatio, doch ich weiß es hier ganz genau«, sagte Hamilton und zeigte auf sein Herz.
    Auf einem Monitor hinter ihm sah ich Olivia am Zaun, die ihr Schild hochhielt. Ich konnte sogar jedes einzelne Wort lesen. »Elsinore vergiftet den Copenhagen River.«
    Eines war jedenfalls sicher. Irgendwas war faul in Denmark, Tennessee. Was hier so stank, war nicht nur die Papierfabrik.

Zweites Kapitel

    Ein Angestellter kam uns in der Auffahrt mit zwei aufgespannten Schirmen entgegen, damit wir nicht im Regen gehen mussten. Für sich hatte er keinen, und ich bemerkte, wie er selbst bei der Aktion triefend nass wurde. Als wir dann drinnen und im Trockenen waren, teilte er uns mit, dass wir das Abendessen verpasst hatten. Ich vermutete, dass unser kleiner Abstecher genau aus diesem Grund zu diesem Zeitpunkt stattgefunden hatte.
    Hier im Haus war der Gestank der Fabrik keineswegs geringer, und ich fragte mich langsam, ob ich nicht alle meine Klamotten verbrennen musste, wenn ich am Ende des Sommers nach Hause kam. Ich schnüffelte am Ärmel meines Shirts, gut roch das nicht.
    Hamilton führte mich über eine riesige mit Teppich ausgelegte Treppe in das erste Stockwerk des Hauses. Natürlich ist ›Haus‹ hier ein sehr weitgefasster Begriff. Anwesen käme besser hin, vielleicht sogar Schloss. Ich wusste, dass die Familie Prince reich war, doch erst, als es mir direkt ins Auge stach, wurde mir klar, dass sie maßlos, ja unverschämt reich war. Das Haus roch nicht nach Geld, aber auf jeden Fall sah es danach aus.
    »Mein Zimmer liegt in dieser Richtung. Meine Mutter und … ihr neuer Mann, also deren Zimmer ist um die Ecke im Westflügel.«
    Hamilton warf einen vernichtenden Blick durch den Flur zum Zimmer seiner Mutter.
    »Ist hier schon mal wer verloren gegangen?«, fragte ich.
    »Jeder, der hier wohnt, ist verloren«, entgegnete Hamilton düster.
    Wieder das Melodram. Aber wenn man bedenkt, was wir gerade auf dem Überwachungsmonitor gesehen hatten, war das vielleicht gar nicht so übertrieben. Ja klar, Hamiltons Vater war gerade mal vor zwei Monaten gestorben, und seine Mutter Trudy geht hin und heiratet wieder, noch bevor sie den Kleiderschrank ihres toten Mannes ausräumen konnte. Aber sie hat nicht einfach nur geheiratet, sie hat den Bruder ihres Ehemanns geheiratet. Das war verrückt und alles, aber Hamilton benahm sich, als wäre es mehr als das, als hätte seine Mutter irgendwie die Familie verraten. Und nun, nachdem er seinen Vater in voller Lebensgröße bei Crime Time hatte auftreten sehen, konnte ich verstehen, wenn sich seine Wut in etwas Härteres verwandelte. Etwas Grausameres.
    Alles das machte die Situation für mich etwas peinlich. Fairerweise muss gesagt werden, dass mein Sommerbesuch vor dem Tod von Hamiltons Vater geplant worden war und lange bevor Mrs Prince wieder heiraten wollte. Andererseits brauchen viele Dinge länger als die Hochzeit seiner Mutter. Außerdem wäre es irgendwie mies, seinen besten Freund im Stich zu lassen,
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