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Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)

Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)

Titel: Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)
Autoren: Martin Johannson
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Aufmerksamkeit wieder auf ihre Person, was mir in diesem Augenblick allerdings nicht so recht war.
»Ich habe weiter recherchiert, wie geplant. Für den Osterartikel gibt es immer genügend zu tun«, antwortete ich ihr wahrheitsgemäß, obwohl ich ohne Claras Bild vor meinem inneren Auge an einem Tag sicher wesentlich mehr geschafft hätte.
»Wirst du denn pünktlich fertig?« Sie nahm zwei Teller und den Topf mit den Spaghetti und ging damit ins Wohnzimmer.
Ich folgte ihr. »Ja, ich denke schon. Ich bin geübt im Recherchieren.«
»Ich hatte schon Angst, ich hätte dich von der Arbeit abgehalten.«
»Nein, nein. Hast du nicht.«
Sie lächelte mich an, als wüsste sie, dass meine Antwort keinesfalls der Wahrheit entsprach, und ging wieder hinaus, um noch etwas aus der Küche zu holen, während ich mich in ihrem Wohnzimmer umsah.
Es war ebenfalls kleiner als meines, aber hell und freundlich. Auf dem großen Esstisch neben der Tür brannten zwei Kerzen und spiegelten sich in den Metallteilen eines Regals. Eine gemütliche Couch samt passendem Sessel befand sich in der Ecke, dahinter führte eine Tür auf eine kleine Terrasse. Die Möbel bildeten eine interessante Mischung aus Alt und Neu, dunkel und hell, was auf den ersten Blick zwar ein bisschen wie zufällig ausgesucht aussah, aber dafür für ein behagliches Gefühl sorgte.
Als Clara wiederkam, brachte sie zwei Gläser und den Topf mit der Soße und setzte ihn auf den Tisch, wo neben Tellern und Besteck auch eine Flasche Wein stand. Sie forderte mich zum Setzen auf und bat mich, zuzugreifen.
    Während des Essens versuchte ich, meine Blicke von Clara fernzuhalten und mich auf meinen Teller zu konzentrieren, aber das war unmöglich. Wie ein liebestoller Rüde beobachtete ich jede ihrer Bewegungen und lauschte jedem ihrer Worte, wobei mich das Blitzen ihrer Augen immer kribbliger machte. Ich wusste nicht, wie lange ich ihr noch widerstehen konnte.
Seit Wochen traf ich sie zufällig oder gewollt im Haus, beim Müll runterbringen oder Post holen oder wenn sie Mehl oder Zucker brauchte, und mit jedem Mal verdrehte sie mir mehr den Kopf. Von der ersten Minute an hatte ich mich von ihr angezogen gefühlt. Bei unserer Begegnung vor der Wohnungstür direkt an dem Tag, als ich in das Haus eingezogen war, hatte sie mich angelächelt und willkommen geheißen. Daraufhin lud ich sie zur Einweihungsparty ein, bei der wir uns stundenlang unterhielten. Wie eine Motte immer wieder ins Licht fliegt, selbst wenn es sie verbrennt, kam ich stets wieder zu ihr, besuchte sie in ihrem Laden, der nur ein paar Straßen entfernt lag, wenn ich in der Nähe war, traf sie im Haus oder an den Mülltonnen und fragte sie gelegentlich um Rat und Beistand. Sie hörte mir zu, lachte über meine Witze und bewunderte meine Arbeit. Sie kaufte sich jetzt sogar regelmäßig den Financial Report, für den ich arbeitete, um meine Artikel darin zu lesen. Wenn sie mich mit ihren grünen Augen ansah und dabei lächelte, vergaß ich alles andere um mich herum.
»Was passiert eigentlich, wenn du nicht pünktlich fertig wirst mit deinem Osterartikel?« Ihre Stimme war wie brauner Samt. Wie weicher, brauner Samt, der über meine Haut strich und sie prickeln ließ.
»Dann müssen sie einen Bericht vom letzten Jahr drucken, in dem einfach nur die Daten aktualisiert werden.«
Sie lachte. »Mehr nicht?«
»Ach ja, ich werde dann wahrscheinlich gefeuert.«
»Oh.«
Das Kerzenlicht reichte inzwischen fast nicht mehr aus, um das Zimmer zu erhellen. Die Sonne war bereits vollständig untergegangen, und die Dunkelheit kroch durch die Fenster in die Wohnung.
Ich hatte das Gefühl, dass mir der Kragen zu eng wurde – und nicht nur der – als sie mich mit mitleidiger Miene ansah und ich das Kerzenlicht in ihren Augen glitzern sah. Ihre Nähe und die Intimität der Nacht, die wie mit einem Schwarzstift alles um uns herum ausradierte, machten mich schwindelig. Der Wein vernebelte meinen Kopf zusätzlich, denn wann immer ich mich von meinen Gedanken an sie und ihre offensichtlich nicht vorhandene Unterwäsche ablenken wollte, griff ich zum Glas.
Sie lächelte mich an. »Es ist lange her, dass ich einen Mann bekocht habe.« Ihr Blick verhakte sich in meinem.
»Dafür hast du es ziemlich gut hingekriegt.« Ich hatte das Gefühl, dass meine Stimme so heiser klang wie die eines Teenagers im Stimmbruch. Ich wollte wieder zum Glas greifen, doch es war leer.
Ich musste raus hier.
    Eilig stand ich auf und ging zu der Terrassentür, um
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