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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz
Autoren: Magdalen Nabb
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schrecklichen Verdacht machen zu müssen. Das hoffe ich zumindest. Und Akiko?«
    »Sie werden übermorgen ihren Leichnam freigeben. Das Konsulat kümmert sich um alles Weitere. Was ist mit dem Fall? Wie steht’s damit?«
    »Nicht gut. Peruzzi wird nicht gegen seinen Sohn aussagen, damit haben wir kein Motiv mehr gegen ihn vorzubringen, außerdem haben wir weder Beweise noch Zeugen.«
    »Was ist mit dem Geschäftsführer der Bank?«
    Der Maresciallo zuckte mit den Schultern. »Peruzzis Sohn hatte die Handlungsvollmacht. Wir brauchen mehr als das.«
    »Ich dachte, er hätte in dem Gespräch mit Ihnen alles gestanden.«
    »Das hat er, aber was ist das schon wert? Wir waren allein, und ich hatte ihn nicht über seine Rechte aufgeklärt. Er scheint fest davon überzeugt zu sein, daß ich bestätigen müsse, er hätte genau das Richtige getan. Sie wissen, wer sein Anwalt ist?«
    »Ja, das habe ich gehört.«
    »Nun ja, der hat als erstes darauf hingewiesen, daß nichts, was Peruzzis Sohn vor seiner Ankunft ausgesagt hat, Gültigkeit besitze. Zuerst hat er uns eine Geschichte aufgetischt, daß sein Klient nicht einmal in der Nähe des Tatorts gewesen sei, die beiden auch nicht verfolgt hätte usw. usw., daß ich die ganze Geschichte nur erfunden hätte. An der Stelle habe ich ihm von der Überwachungskamera erzählt. Darauf war zu sehen, wie Akiko zögerte und dann schnurstracks in den Boboli-Garten ging. Als wir erst einmal begriffen hatten, daß sie verfolgt worden war, haben wir das Band noch einmal ablaufen lassen und gesehen, wie Gherardo Peruzzi hinter ihr hereilte. Es gab nur eine kleine Verzögerung, weil er sich noch eine Eintrittskarte kaufen mußte, während Akiko mit Esposito durchs Tor für die Carabinieri gekommen ist. Als er das erfuhr, kam der Anwalt gleich mit einer neuen Geschichte, gab zu, daß sein Klient dort gewesen sei. Sie hätten sich an dem Wasserbecken unterhalten, und dann habe sie die Füße gehoben, um ihm die Schuhe zu zeigen, die sie selbst gemacht hatte. Und als er den einen in die Hand nahm, um den Schuh näher zu betrachten, stürzte sie rücklings ins Wasser. Wahrscheinlich kommt das der Wahrheit sogar ziemlich nahe, sofern das noch von Interesse ist.«
    »Und dann? Ist er weggegangen und hat sie ertrinken lassen?«
    »So kann man das nicht sagen. Das Wasser dort ist sehr niedrig. Er wäre nie auf die Idee gekommen, daß sie ertrinken könne, dachte bloß, daß sie bestimmt schrecklich wütend auf ihn sei. Deswegen lief er davon.«
    »Und nahm den Schuh mit, den er festgehalten hatte.«
    »Alle Bankquittungen und all ihre Papiere sind den Abfluß hinuntergespült worden, nur der Schuh nicht, der ist steckengeblieben. Der Anwalt hat die Aufnahme der Überwachungskamera angefordert, und wenn er sieht, daß die Frontalaufnahme nicht gut genug ist, wird er wahrscheinlich wieder auf die erste Variante zurückgreifen. Mit welcher idiotischen Geschichte er schließlich vor Gericht aufwartet, ist völlig egal, am Ende wird er genug Zweifel gesät und den Richter und die Geschworenen so durcheinandergebracht haben, daß sie sich zu keiner Verurteilung werden durchringen können, da wir nicht einen einzigen handfesten Beweis haben. Noch dazu hat er das letzte Mal, als ich mit ihm gesprochen habe, gedroht, Espositos Name mit ins Spiel zu bringen. Ich zweifle nicht daran, daß er gesehen hat, wie Esposito in die Wache zurückgekehrt ist, aber das wird er nicht zugeben.«
    »Könnte er es so hindrehen, daß es aussieht, als deckten wir Esposito und vertuschten die Wahrheit?«
    »Das wird ihm nicht schwerfallen. Ihre Beziehung, das Baby, der Streit, die Sache mit der Abtreibung … Gherardo Peruzzi kannte Akiko kaum, und wenn sein Vater nicht aussagt, hatte er kein Motiv.«
    »Verstehe.« Schweigend dachte der Capitano einen Augenblick lang nach.
    »Dennoch hat er Ihnen den Mord mehr oder weniger gestanden.«
    »Ja. Deswegen meinte ich ja, daß die zweite Version seiner Geschichte der Wahrheit recht nahe kommt, daß sie ihre Füße hochgehoben hat, um ihm die Schuhe zu zeigen. Warum sollte sie ihm nicht trauen? Sie vertraute seinem Vater. Er hat gesagt, daß er sie eine Weile beobachtet habe. Sie hat sich an den Rand des Wasserbeckens gesetzt und ein belegtes Brot aus der Tasche geholt. Aber sie hat es dann nicht gegessen, saß einfach nur da, mit dem Brot im Schoß, blickte starr vor sich hin und weinte. Er ist zu ihr gegangen, hat sich neben sie gesetzt und mit ihr geredet. Wahrscheinlich unter dem
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