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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel
Autoren: Terry Pratchett
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sieht schlimm aus!«
    »Das ist gar nicht schlimm. Ich wurde gestern Abend nach dem Festmahl tätowiert. Schau mal.«
    Sie sah es sich an. Auf Maus linkem Handgelenk war ein kleiner, blauer Einsiedlerkrebs.
    »Das sieht gut aus!«
    »Milo hat es gemacht. Und auf dem anderen Arm…« Er drehte sich um.
    »Die Sonnenuntergangswelle«, sagte Daphne. »Ach, ich bin so froh, dass du dich doch dazu entschieden hast…«
    »Schau genauer hin, Geistermädchen«, sagte Mau lächelnd.
    »Was? Äh… Oh, die Welle läuft in die falsche Richtung.«
    »Nein, in die richtige. Es ist die Sonnenaufgangswelle, und wir sind ihre Kinder, und wir werden nie wieder in die Dunkelheit zurückkehren. Das schwöre ich. Es ist eine neue Welt. Sie braucht neue Menschen. Und du hast recht. Dein Vater ist ein guter Mann, aber er braucht dich mehr als… als diese Insel.«
    »Also, ich glaube…«
    »Er braucht deine Kraft«, fuhr Mau fort. »Ich habe euch beide beobachtet. Du gibst seiner Welt Gestalt. Er wird seiner armen Nation Gestalt geben. Du musst mit ihm auf dieses Schiff gehen. Du musst an seiner Seite sein. Das weißt du in deinem Herzen. Dein Leben wird einen Sinn haben. Und die Menschen werden dir zuhören.«
    Mau nahm ihre Hand. »Ich habe dir gesagt, dass Imo viele Welten gemacht hat. Ich habe dir auch gesagt, dass ich manchmal glaube, ein kleines Stück in die Welt blicken zu können, in der die Welle nicht geschehen ist. Du wirst jetzt dieses Schiff besteigen oder… du wirst es nicht tun. Wie auch immer du dich entscheidest, es bedeutet, dass es zwei neue Welten geben wird. Und vielleicht werden wir manchmal kurz vor dem Einschlafen den Schatten der anderen Welt sehen. Es wird keine unglücklichen Erinnerungen geben.«
    »Ja, aber…«
    »Genug Worte. Wir kennen sie, all die Worte, die nicht gesagt werden sollten. Aber du hast meine Welt vollkommener gemacht.«
    Daphne wollte etwas erwidern, suchte verzweifelt nach den passenden Worten, doch ihr fiel nicht mehr ein als: »Der Verband um Mrs. Whi-aras Bein sollte morgen abgenommen werden. Äh, ich finde, Caah-as Hand sieht immer noch sehr schlimm aus. Der Arzt der Wren meinte, sie würde verheilen, aber ich würde Mrs. Glucker wecken, damit sie einen Blick darauf wirft. Ach, und lass dich von ihr nicht täuschen – mit den Goldzähnen kann sie kein Fleisch kauen, also muss es jemand anderer für sie tun… Ich mache alles falsch, oder?«
    Mau lachte. »Was könnte daran falsch sein?« Er küsste sie etwas unbeholfen auf die Wange. »Und jetzt werden wir beide fortgehen, ohne zu bereuen, und wenn wir uns wiedersehen, werden wir gute, alte Freunde sein.«
    Daphne nickte und schnäuzte sich mit ihrem letzten guten Taschentuch. Und das Schiff segelte davon.
    Und Mau ging fischen. Er schuldete Nawi noch einen Fisch.

Heute
    In einer Ecke des Büros tickte leise ein Seismograph vor sich hin.
    Der alte Mann hörte auf zu reden, weil er von einem Flugboot abgelenkt wurde, das auf der Lagune landete.
    »Ach, das dürfte der junge Jason sein, der am Radiointerferometer arbeiten wird.« Er seufzte.
    »Ich bin mir sicher, dass sie da drüben wunderbare Sachen machen, aber unter uns gesagt konnte ich mich nie so richtig mit einem Teleskop anfreunden, durch das man nicht hindurchschauen kann. Entschuldigung, wo war ich stehen geblieben?«
    Der Junge und das Mädchen blickten ihn mit großen Augen an.
    »Du hast gesagt, dass das Schiff davongesegelt ist«, antwortete der Junge.
    »Ach ja«, sagte der alte Mann. »So war es. Das Schiff segelte davon. Schiffe tun so etwas.«
    »Und?«, hakte der Junge nach.
    »Das war alles. Das Schiff segelte davon.«
    »Und sie haben nicht geheiratet oder so?«, sagte das Mädchen mit todunglücklicher Miene.
    »O nein«, sagte der alte Mann. »Na, zumindest haben sie nicht geheiratet. Was das ›und so‹ betrifft, möchte ich mich nicht festlegen. Vielleicht ein Kuss? Oder zwei?«
    »Aber so hört doch keine Geschichte auf!«, sagte der Junge.
    »Er ging fischen!«
    »Aber im wirklichen Leben hören die Dinge nun mal so auf«, sagte der alte Mann, »und in dieser Geschichte geht es doch um das, was wirklich ist, nicht wahr? Obwohl ich mir immer vorgestellt habe, dass er fischen ging, damit die anderen Leute ihn nicht weinen sehen. Er muss sich sehr einsam gefühlt haben. ›Wenn ihr opfern wollt‹, sagte Mau später, ›dann opfert eure Zeit auf dem Altar des Gemeinwohls. Esst den Fisch oder gebt ihn jemandem, der Hunger hat.‹«
    Er bemerkte die
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