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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte
Autoren: Jojo Moyes
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melancholischen Augen einen anderen. Sie sieht ihn jetzt durch seine Worte.
    Sie nimmt ihre Handtasche an sich. »Eh … ist Rory in der Nähe?«
    Rory wird es wissen. Rory wird wissen, was zu tun ist.
    Sein Lächeln ist wie eine stillschweigende Entschuldigung, eine Bestätigung dessen, was sie beide wissen. »Ich fürchte, er ist heute nicht da. Wahrscheinlich ist er zu Hause und trifft Vorbereitungen.«
    »Vorbereitungen?«
    »Für seine große Reise. Sie wussten doch, dass er fortgeht.«
    »Ich hatte irgendwie gehofft, er würde nicht verreisen. Noch nicht.« Sie greift in ihre Tasche und kritzelt eine Notiz. »Vermutlich … kennen Sie seine Adresse nicht?«
    »Wenn Sie in mein Büro gehen wollen, oder was davon übrig geblieben ist, werde ich sie für Sie ausgraben. Ich glaube, er fährt erst frühestens in einer Woche.«
    Als er sich abwendet, bleibt ihr der Atem in der Kehle stecken. »Eigentlich, Mr O’Hare, wollte ich nicht nur Rory sehen.«
    »Oh?« Sie sieht ihm seine Überraschung an, als sie seinen Namen nennt.
    Ellie zieht die Akte aus ihrer Tasche und reicht sie ihm. »Ich habe etwas von Ihnen gefunden. Vor ein paar Wochen. Ich hätte es schon früher zurückgegeben, aber ich … ich habe erst gestern Abend erfahren, dass es Ihnen gehört.« Sie sieht zu, während er die Kopien seiner Briefe öffnet. Sein Gesicht verändert sich, als er seine eigene Handschrift erkennt.
    »Woher haben Sie die?«, fragt er.
    »Sie waren hier«, erwidert sie vorsichtig aus Angst, was diese Information ihm antun wird.
    »Hier?«
    »Vergraben. In Ihrer Bibliothek.«
    Er schaut sich um, als könnten ihm die leeren Regale einen Hinweis darauf geben, was sie sagt.
    »Tut mir leid. Ich weiß, sie sind … persönlich.«
    »Woher wussten Sie, dass sie mir gehören?«
    »Das ist eine lange Geschichte.« Ihr Herz rast. »Aber Sie sollen etwas erfahren. Jennifer Stirling hat ihren Mann am nächsten Tag verlassen, nachdem sie Sie 1964 gesehen hat. Sie kam hierher in die Zeitungsredaktion, wo man ihr sagte, Sie seien nach Afrika gegangen.«
    Er ist so still. Er konzentriert sich mit allen Fasern auf ihre Worte. Er vibriert förmlich, so intensiv hört er zu.
    Sie …
    »Sie hat versucht, Sie zu finden. Sie wollte Ihnen sagen, dass sie … frei war.« Ellie hat ein wenig Angst vor der Wirkung, die diese Information anscheinend auf Anthony hat. Die Farbe ist ihm aus dem Gesicht gewichen. Er setzt sich auf den Stuhl und atmet schwer. Aber sie kann jetzt nicht aufhören.
    »Das ist alles …«, fängt er an, seine Miene ist besorgt, so anders als Jennifers kaum verhohlenes Entzücken. »… das ist alles so lange her.«
    »Ich bin noch nicht fertig«, sagt sie. »Bitte.«
    Er wartet.
    »Das sind Kopien. Und zwar, weil ich die Originale zurückgeben musste. Ich musste sie zurückgeben.« Mit zitternder Hand, entweder vor Nervosität oder Aufregung, hält sie ihm die Postfachnummer hin.
    Kurz bevor sie in die Bibliothek hinunterging, hat sie eine SMS erhalten:
    Nein, er ist nicht verheiratet. Was für eine Frage ist das denn?
    »Ich weiß nicht, wie Ihre Lage ist. Ich weiß nicht, ob ich nicht entsetzlich aufdringlich bin. Vielleicht mache ich einen furchtbaren Fehler. Aber das hier ist die Adresse, Mr O’Hare«, sagt sie. Er nimmt sie entgegen. »Dorthin schreiben Sie.«

Ein weiser Mensch hat mir einmal gesagt, Schreiben sei gefährlich, weil man nicht immer dafür garantieren kann, dass die eigenen Worte in dem Sinne gelesen werden, in dem sie verfasst wurden. Daher will ich offen sein. Es tut mir leid. Sehr leid. Verzeih mir. Wenn es eine Möglichkeit gibt, wie ich deine Meinung über mich ändern kann, muss ich es wissen.
    Frau an Mann, per Brief

26
    L iebe Jennifer!
    Bist du es wirklich? Verzeih mir. Ich habe ein Dutzend Mal versucht, das hier zu schreiben, und ich weiß nicht, was ich sagen soll.
    Anthony O’Hare
    Ellie ordnet die Notizen auf ihrem Schreibtisch, schaltet den Computer aus, macht ihre Handtasche zu und verlässt die Redaktion, wobei sie sich mit Lippenbewegungen lautlos von Rupert verabschiedet. Er ist über ein Interview mit einem Autor gebeugt, der stinklangweilig ist, wie er sich den ganzen Nachmittag über beklagt hat. Sie hat eigens darum gebeten, jetzt nicht für die Buchredaktion zu schreiben. Sie hat die Story über Leihmütter abgeschlossen, und morgen wird sie nach Paris reisen, um die chinesische Mitarbeiterin einer Wohltätigkeitsorganisation zu inter- viewen, die nicht wieder in ihr Heimatland
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