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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte
Autoren: Jojo Moyes
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Leben war es wichtig, dass er jemanden versorgen konnte. Er spürte Dons Hand auf seiner Schulter wie ein großes Gewicht. »Was zum Teufel soll ich tun, wenn es nicht wiederkommt?«

Ein Ire, der einem Mädchen aus San Diego nachstellt, das ist, als versuchte man, eine Welle mit einer Hand zu fangen … unmöglich … manchmal muss man einfach fortsegeln und sich wundern.
    Mann an Frau, per SMS

25
    E llie bleibt bis vier Uhr morgens wach. Es ist keine Plage: Zum ersten Mal seit Monaten ist ihr alles klar. Sie verbringt den frühen Abend ausschließlich am Telefon, klemmt den Hörer zwischen Hals und Schulter ein, während sie auf ihren Computerbildschirm schaut. Sie schickt SMS, bittet um Gefallen. Sie bettelt, schmeichelt, erkennt ein Nein nicht als Antwort an. Als sie hat, was sie braucht, sitzt sie im Schlafanzug am Schreibtisch, steckt die Haare hoch und fängt an. Sie tippt rasch, die Wörter fließen leicht aus ihren Fingern. Ausnahmsweise weiß sie einmal genau, was sie zu sagen hat. Sie überarbeitet jeden einzelnen Satz, bis sie zufrieden ist; sie vermischt Informationen, bis sie so funktionieren, dass sie den größten Effekt haben. Einmal weint sie beim Durchlesen, und mehrmals lacht sie laut auf. Sie erkennt etwas in sich selbst, vielleicht jemanden, den sie seit einer Weile verloren hat. Als sie fertig ist, druckt sie zwei Kopien aus und schläft den Schlaf der Gerechten.
    Zwei Stunden lang. Sie steht auf und ist um halb acht im Büro. Sie will Melissa abfangen, bevor jemand anders da ist. Sie duscht ihre Müdigkeit ab, trinkt zwei doppelte Espressi und vergewissert sich, dass sie sich die Haare geföhnt hat. Sie strotzt vor Energie; ihr Blut sprudelt durch die Adern. Sie ist an ihrem Schreibtisch, als Melissa, eine teure Handtasche über die Schulter gehängt, ihre Bürotür aufschließt. Als ihre Chefin Platz nimmt, sieht Ellie das kaum verhohlene Stutzen, als ihr auffällt, dass sie nicht allein ist.
    Ellie trinkt ihren Kaffee aus. Sie huscht in die Damentoilette, um nachzusehen, dass nichts an ihren Zähnen klebt. Sie trägt eine glatte, weiße Bluse, ihre beste Hose und Pumps und sieht erwachsen aus, wie ihre Freundinnen scherzhaft feststellen würden. »Melissa?«
    »Ellie.« Die Überraschung in ihrem Tonfall enthält tatsächlich einen leisen Vorwurf.
    Ellie geht darüber hinweg. »Kann ich kurz mit dir sprechen?«
    Melissa schaut auf ihre Armbanduhr. »Auf die Schnelle. Ich soll in fünf Minuten mit dem Büro in China telefonieren.«
    Ellie setzt sich ihr gegenüber. Melissas Büro ist jetzt leer, bis auf ein paar Akten, die sie braucht, damit die Ausgabe an diesem Tag funktioniert. Nur das Foto ihrer Tochter ist übrig. »Es geht um diesen Artikel.«
    »Du willst mir doch nicht etwa sagen, dass du ihn nicht schaffst.«
    »Doch.«
    Es ist, als wäre sie darauf vorbereitet und kurz vor einem Wutausbruch. »Tja, Ellie, das wollte ich eigentlich nicht hören. Wir haben das arbeitsreichste Wochenende des Zeitungslebens vor uns, und du hast wochenlang Zeit gehabt, das Ding auf die Beine zu stellen. Du tust dir wirklich keinen Gefallen, wenn du in diesem Stadium zu mir kommst und …«
    »Melissa – bitte. Ich habe herausgefunden, wer der Mann ist.«
    »Und?« Melissa zieht die Augenbrauen professionell in die Höhe.
    »Und er arbeitet hier. Wir können den Namen nicht verwenden, weil er für uns arbeitet.«
    Die Putzfrau fährt den Staubsauger an Melissas Bürotür vorbei, und das dumpfe Dröhnen unterbindet kurz die Unterhaltung.
    »Das verstehe ich nicht«, sagt Melissa, als der Lärm abebbt.
    »Der Mann, der die Liebesbriefe schrieb, ist Anthony O’Hare.«
    Melissa sieht sie nichtssagend an. Beschämt wird Ellie klar, dass die Feuilletonredakteurin auch keinen blassen Schimmer hat, wer er ist.
    »Der Bibliotheksleiter. Er arbeitet unten. Jedenfalls bis jetzt.«
    »Der mit den grauen Haaren?«
    »Ja.«
    »Oh.« Sie ist so erschüttert, dass sie kurz vergisst, sich über Ellie zu ärgern. »Wow«, sagt sie kurz darauf. »Wer hätte das gedacht?«
    »Ich weiß.«
    Sie denken in beinahe einvernehmlichem Schweigen darüber nach, bis Melissa, vielleicht weil sie sich besinnt, die Papiere auf ihrem Schreibtisch hin und her schiebt. »So faszinierend das auch sein mag, Ellie, es löst nicht unser sehr großes Problem. Das heißt, wir haben jetzt eine Gedenkausgabe, die heute Abend in Druck gehen muss, mit einem Loch, in dem zweitausend Wörter fehlen, anstelle des Leitartikels.«
    »Nein«, erwidert
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