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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer
Autoren: Victoria Hislop
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setzte sich an den Tisch. Als er sich über seinen Teller hermachte, musste er zwischen den einzelnen Bissen Pausen einlegen, und selbst die Gabel zum Mund zu führen schien ihn anzustrengen.
    In den folgenden Wochen schwebte Katerina wie auf Wolken. Selbst wenn sie Eugenia besuchte und kein Brief von Dimitri eingetroffen war, machte ihr das nichts aus. Sie fand die Zeit des Wartens erträglich, weil sie wusste, dass er eines Tages zurückkehren würde.
    Sechs Wochen nach Dimitris Besuch stellte Katerina fest, dass sie, genau wie ihr Mann, um die Taille alarmierend zunahm. Auch ihre Brüste waren größer geworden.
    Â»Du bist schwanger«, sagte Eugenia. »Ganz sicher.«
    Â»Aber Grigoris wird sofort wissen, dass es nicht von ihm ist«, rief Katerina aus. »Wir haben seit Monaten nicht mehr miteinander geschlafen! Er schnarcht doch immer schon, wenn ich ins Bett komme …«
    Â»Wir überlegen uns etwas«, erwiderte Eugenia lächelnd. »Aber an deiner Stelle würde ich niemandem ein Sterbenswörtchen davon sagen. Zumindest eine Weile lang nicht.«
    Während der nächsten Tage rebellierte Katerinas Magen gegen jede Art von Speisen, und ihr war so übel, dass sie nur in Olivenöl getunktes Brot bei sich behalten konnte. Trotzdem kochte sie mit verstärktem Eifer weiter. Spinat im Teigmantel, Rindfleisch mit Halloumi-Käse, Blätterteig mit Sahnegrießpudding gefüllt, lauter Lieblingsspeisen ihres Mannes, dessen Appetit kaum zu befriedigen war.
    Eines Abends bereitete Katerina ein weniger gehaltvolles Mahl zu als sonst. Sie servierte als Hauptgang Fisch ohne Kartoffeln. Selbst die Nachspeise war leichter: Erdbeeren mit Zucker bestäubt und eine dünne Waffel dazu.
    Â»Hast du Grigoris auf Diät gesetzt?«, fragte ihr Mann und wedelte mit der Waffel durch die Luft. »Findest du vielleicht, dass Grigoris Gourgouris ein bisschen zu massig wird?«
    Er klopfte auf seinen Bauch, wie um seine Worte zu unterstreichen, aber Katerina lächelte ihn honigsüß an und erwiderte nur: »Ich dachte einfach, es wäre mal was anderes.«
    Als er an diesem Abend zu Bett ging, schlief er nicht so schnell ein wie sonst, und während sich Katerina nebenan für die Nacht zurechtmachte, hörte sie nicht die gewohnten Schnarchtöne. Sie streifte das bestickte Nachthemd über, das für ihre Hochzeitsnacht gefertigt worden war, ging ins Schlafzimmer und ließ die Nachttischlampe an, damit ihm das auf reizende Negligé nicht entging, als sie zu ihm ins Bett schlüpfte.
    Sie spürte, wie er die Seide über ihre Schenkel hinaufschob und sich dann wortlos auf sie wälzte. Sie kam in Atemnot, konnte aber nicht einmal schreien und war nicht weit vom Erstickungstod entfernt. Und dann, genau in dem Moment, als er in sie eindringen wollte, erschlaffte sein massiger Körper.
    Als sie merkte, dass sie unter dem riesigen, leblosen Fettkloß eingeklemmt war, wurde sie einen Moment lang von Panik gepackt. Doch im Bewusstsein, dass sie jetzt alles besaß, wofür es sich zu leben lohnte, entwickelte sie fast übermenschliche Kräfte. Sie drückte Gourgouris ein wenig hoch und schaffte es, sich unter ihm herauszuwinden.
    Ihr erster Gedanke galt der Sicherheit ihres Babys. Ihr zweiter, wie sie die Freude darüber verbergen sollte, dass dieser schreckliche Mensch tot war.
    Sobald sie sich angezogen und wieder beruhigt hatte, ging sie ins Nachbarhaus, um Hilfe zu holen. Im Lauf der nächsten Stunde kam der Arzt und bestätigte Grigoris Gourgouris’ Tod. Als Todesursache wurde akutes Herzversagen festgestellt, nicht unüblich bei einem Mann seines Alters mit so starkem Übergewicht.
    Katerina verbrachte den Rest der Nacht in einem der Gäste zimmer unter dem schönen Quilt, den sie zum Andenken an ihre Freunde bestickt hatte, und am Morgen wurde die Leiche ihres Gatten abgeholt.
    Katerina tat alles, was von ihr erwartet wurde. Sie trug Trauerkleider und beantwortete Kondolenzbriefe. Zur Beerdigung kamen die Angestellten des Ateliers, viele Kunden und Konstantinos Komninos. Alle fanden, dass sie sich ausgesprochen gefasst verhielt. Vielleicht erklärten sie sich damit die Tatsache, dass die Witwe keine Träne vergoss.
    Ein paar Tage später wurde das Testament eröffnet. Katerina erfuhr, dass Gourgouris’ Neffe, der das Atelier in Larissa führte, den Betrieb in Thessaloniki übernehmen sollte. Zudem war
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