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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer
Autoren: Victoria Hislop
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würde ihn nie jemand außer ihr zu Gesicht bekommen, aber die Freude an der Arbeit war Lohn genug. Während sie so jeden Nachmittag ein paar Stunden beim Nähen saß, hätte sie ihren Zustand zwar nicht als glücklich, aber als hoffnungsfroh bezeichnet. Das Radio leistete ihr die Gesellschaft, die sie brauchte, und wenn sie ein Lied hörte, das ihr gefiel, versuchte sie, sich den Text einzuprägen. Ihr momentanes Lieblingslied war »To Minore Tis Avgis«:
    Wach auf, mein Kleines, und lausch
    den Klagen des anbrechenden Tages.
    Die tiefe Aufrichtigkeit und Intensität der Musik trafen sie mitten ins Herz.
    Eines Morgens machte sie einen ihrer regelmäßigen Besuche in der Irinistraße. Am Tag zuvor war der Postbote zu Eugenia gekommen.
    Â»Da ist ein Brief für dich«, sagte sie zu Katerina. »Von jemandem, der nicht weiß, dass du inzwischen verheiratet bist, und dazu noch deinen Namen falsch geschrieben hat!«
    Â»Das kommt öfter vor«, sagte Katerina und nahm den Umschlag entgegen. »Anscheinend haben viele Leute Probleme damit, den Namen Sarafoglou richtig zu schreiben.«
    Sie blickte auf die Adresse. »Kyria K. Sarafolgaou.« Er stammte ganz offensichtlich nicht von ihrer Mutter, die schon lange nicht mehr schrieb. Doch irgendetwas an der Schreibweise des Namens kam ihr merkwürdig vor.
    Sie riss den Umschlag auf und machte fast einen Luftsprung vor Freude.
    Â»Ich hab’s mir doch gedacht!«, rief sie triumphierend, als sie den Brief entfaltete. »Er ist von Dimitri. Er hat Olgas Namen in meinem verborgen!«
    Sie steckte ihn wieder zurück in den Umschlag, führte einen kleinen Tanz auf vor Glück und gab Eugenia einen Kuss.
    Â»Ich muss los. Ich muss ihn sofort Olga bringen.«
    Katerina ging hinaus und rannte die Straße hinunter. Während der vielen Monate, die sie ihren Mann nun schon mästete, hatte auch sie ein wenig zugenommen und war hochrot im Gesicht und ganz außer Atem, als sie ankam.
    Sie umarmte eine verwirrte Pavlina, gab ihre Neuigkeit aber nur im Flüsterton preis. Es bestand immer die Möglichkeit, dass Konstantinos in der Nähe war.
    Â»Pavlina! Er lebt. Dimitri lebt. Wo ist Olga? Hier ist ein Brief!«
    Mit feuchten Augen deutete Pavlina die Treppe hinauf.
    Olga war in ihrem Schlafzimmer, als Katerina hereinstürmte.
    Â»Hier!«, rief sie atemlos. »Lesen Sie den Brief!«
    Die beiden Frauen saßen auf dem Bett, und Olga faltete mit zitternden Händen den Bogen auseinander.
    Meine liebe Mutter,
    im Gegensatz zu vielen meiner Kameraden habe ich mich nicht über die Grenze nach Albanien abgesetzt. Schließlich habe ich nicht die ganze Zeit gekämpft, um ins Exil zu gehen. Ich habe aus Liebe für mein Land gekämpft. Im Moment weiß ich nicht, was die Zukunft mir bringt, aber ich wollte Dich wissen lassen, dass ich noch lebe. Hunderte meiner tapferen Kameraden sind hier in den Bergen gefallen. Genau wie ich glaubten sie, für eine gerechte Sache einzutreten. Und ich bin einer der wenigen, die das Glück hatten, mit dem Leben davonzukommen.
    Ich werde jetzt gesucht, deshalb muss ich – um Deinet- wie um meinetwillen – sehr vorsichtig sein, wenn ich das nächste Mal zu Dir komme. Und dann werde ich Dich auch rechtzeitig wissen lassen, wann ich komme. Ich möchte nicht riskieren, dass Du wieder ohnmächtig wirst und Dein Herz aussetzt wie beim letzten Mal!
    Â»Er macht sich Sorgen um mein Herz!«, rief Olga aus. »Im Moment hab ich allerdings das Gefühl, es könnte tatsächlich zerspringen vor Freude!«
    Â»Das könnte genauso gefährlich sein!«, sagte Katerina lachend.
    Der Brief endete mit den Worten: Bitte grüß unsere Haushälterin und die modistra . Ihr seid mir alle lieb und teuer.
    Es gab keine Unterschrift, nur das Wort filia , Küsse, und nur wenn man seine Handschrift kannte, wusste man, dass der Brief von ihm stammte. Kein Name wurde genannt, niemand konnte beschuldigt werden.
    Dimitri hielt Wort. Ein paar Wochen später traf erneut ein Brief in der Irinistraße an. Er war angeblich aus einem Krankenhaus abgeschickt worden und wieder an »Kyria K. Sarafolgaou« adressiert.
    Der nächste Arzttermin ist am Mittwoch, den 25. Januar, um zehn Uhr.
    Am angegebenen Tag saßen Olga, Pavlina und Katerina aufgeregt am Küchentisch, als es klingelte. Die Uhr auf dem Treppenabsatz schlug gerade die volle Stunde, als
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