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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte
Autoren: Hakan Nesser
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normalerweise ihre Blüte nach fünfzig – und in erster Linie nach ihrem Tod –, aber Henrik Malmgren war eine Hoffnung gewesen. Besonders, was die mehrwertige Logik und das deduktive mathematisch-logische System betraf. Was seine eher menschlichen Qualitäten anbelangte, so war es ziemlich still gewesen, hatte Astor Nilsson erklärt. Peinlich still.
    Aber so eine Geschichte zu konstruieren? Ein ertrunkenes Mädchen und dessen Großmutter? Und den Namen des Mädchens? The Root Of All Evil.
    Und wie er sich selbst durch die Augen seines fiktiven Mörders beschrieb. Entlarvt er sich hier?, fragte Barbarotti sich. Hatte Asunander hier Unrat gerochen? Er wusste es nicht. Barbarotti selbst hatte nichts Verdächtiges bemerkt. Asunander hatte ihm nur soviel erzählt, dass er gemerkt hatte, dass etwas nicht stimmte, als er das Mousterlin-Dokument zum dritten oder vierten Mal las. Da hatte er dieses Detail entdeckt. Vielleicht würde er das weiter ausführen, wenn es zu einer weiteren Whiskyséance kam – vielleicht wollte er es auch einfach für sich behalten. Asunander war ein verschrobener Kerl, und vielleicht war gerade so einer nötig, um andere verschrobene Kerle zu verstehen. Wie Henrik Malmgren.
    Am gestrigen Abend war eine andere Merkwürdigkeit eingetroffen. Als Barbarotti einkaufen gegangen war, war er auf Axel Wallman gestoßen, der sich ausnahmsweise einmal in der Stadt befand, weil er hier etwas zu erledigen hatte. Offensichtlich hatte er Henrik Malmgrens Namen in irgendeiner Zeitung gelesen – in seiner Eigenschaft als Opfer, nicht als Täter. Er hatte Barbarotti angehalten und darüber mit ihm gesprochen. »Diesen toten Philosophen werdet ihr garantiert nicht aus dem Wasser fischen«, hatte er gesagt. »Dem muss man erst einen Holzpfahl durchs Herz rammen, damit er wirklich tot ist.«
    Als Barbarotti – ohne etwas über die letzten Entwicklungen im Fall zu verraten – gefragt hatte, was er denn damit meine, hatte Wallman nur die Arme ausgebreitet und erklärt, dass er zusammen mit Malmgren einmal an einem Seminar teilgenommen hatte und in diesem Zusammenhang feststellen konnte, aus welch miesem Stoff er gemacht war.
    Aber Wallman hatte nicht darauf hingewiesen, dass Malmgren tatsächlich aus Halland stammte, daran hatte Barbarotti sich von allein erinnert.
    Es klopfte an der Tür. Er wandte seinen Blick ab von Lundholm & Sohnes Schuhfabrik und unterbrach seine gedankliche Analyse.
    »Jonnerblad hat Schnittchen gekauft«, erklärte Backman. »Es gibt wohl so eine Art Leichenschmaus zu dem Fall.«
    »Ich komme«, sagte Barbarotti.
    Doch das wichtige Resümee fand nicht während der Feierstunde statt.
    Das zog er gemeinsam mit Eva Backman, kurz bevor sie an diesem Tag nach Hause gehen wollten. Wie üblich.
    »Ja, und was haben wir nun daraus gelernt?«
    Sie hatte eine ganze Weile auf seinem Besucherstuhl gesessen, bevor sie diese Frage stellte.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Barbarotti, ohne von seinen Papieren aufzusehen. »Aber ich nehme an, dass du die Antwort bereits parat hast, wenn du so fragst. Also sage mir doch bitte, was haben wir daraus gelernt?«
    »Wenn du so redest, habe ich gar keine Lust, überhaupt etwas zu sagen«, erklärte Backman. »Aber na gut, ich sehe, dass du zumindest für Erkenntnisse ein wenig empfänglich bist.«
    Barbarotti betrachtete sie. »Du weißt, dass ich noch nie ein Wort von dem, was du gesagt hast, vergessen habe«, sagte er. »Und die allerklügsten Dinge schreibe ich mir in ein Notizbuch, das ich mir extra dafür angeschafft habe.«
    »Gut«, sagte Eva Backman. »Doch, ich denke, dass nicht immer alles von Nutzen ist, selbst wenn zehn Polizisten hundert Tage schuften und tausend Befragungen durchführen.«
    »Schöne Einleitung«, sagte Barbarotti.
    »Ich weiß, unterbrich mich nicht. Wenn wir also ein einziges pervertiertes Gehirn jagen, dann kann es wichtiger sein, dass wir auch ein Gehirn haben, das auf die gleiche Art und Weise funktioniert. Das die Voraussetzung besitzt, den Mörder zu verstehen. Wenn Asunander nicht einen Tag zu Hause geblieben wäre und über den Fall nachgedacht hätte, statt zur Arbeit zu gehen, dann hätten wir das hier nicht gelöst.«
    Das war genau das, was er vor einer Stunde gedacht hatte, stellte Barbarotti insgeheim fest. »Du meinst, wir brauchen Asunander, weil er ein pervertiertes Gehirn hat?«, fragte er laut. »Ging es nicht darum auch beim Schweigen der Lämmer? Ich werde Asunander nächstes Mal, wenn wir wieder Whisky
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