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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte
Autoren: Hakan Nesser
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ihrem Liegestuhl zurück. »Und was denkst du?«
    Es war offensichtlich, dass sie nicht so leicht aufgab.
    »In welcher Hinsicht?«
    »Na, über den Brief natürlich. Ist das ernst gemeint?«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    Jetzt schob sie ihren Strohhut in den Nacken und zog beide Augenbrauen hoch. »Wie kannst du das sagen?«
    Er seufzte noch einmal. »Weil ich ziemlich viele anonyme Drohungen bekomme. Fast alle sind falsch.«
    »Ich dachte, ihr müsstet alle erst einmal ernst nehmen. Wenn jemand zum Beispiel behauptet, in einer Schule sei eine Bombe, dann müsst ihr doch …?«
    »Wir nehmen alle ernst. Es bleibt kaum etwas dem Zufall überlassen. Aber du hast gefragt, ob ich glaube, dass es ernst gemeint ist. Und das ist etwas anderes.«
    »Okay, Sheriff. See your point. Und du glaubst also, dass es nur ein Bluff ist?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    Gute Frage, dachte Gunnar Barbarotti. Verdammt gute Frage. Weil … weil ich will, dass es nur ein Bluff ist, natürlich. Weil ich im Paradies Gustabo sitze mit einer Frau, von der ich ziemlich sicher bin, dass ich sie liebe, und da will ich nicht von irgendeinem Idioten gestört werden, der plant, einen anderen Idioten umzubringen. Und wenn es sich doch herausstellen sollte, dass es ernst gemeint war, dann will ich … ja, dann will ich sagen können, dass ich den Brief erst geöffnet habe, als ich nach meiner Stippvisite im Paradies wieder nach Hause gekommen bin.
    »Du antwortest mir nicht«, stellte Marianne fest.
    »Ähm«, sagte Gunnar Barbarotti. »Nun ja, ich weiß nicht so recht. Man soll natürlich niemals nie sagen. Lassen wir es erst einmal darauf beruhen.«
    Sie beugte sich vor und starrte ihn an. »Was ist das für ein Quatsch? Es auf sich beruhen lassen? Du musst doch wohl auf jeden Fall irgendwie darauf reagieren. Bist du nun Kriminalinspektor oder nicht?«
    »Ich bin auf Urlaub im siebten Himmel«, erinnerte Gunnar Barbarotti sie.
    »Ich auch«, konterte Marianne. »Aber wenn eine schwangere Frau in den siebten Himmel kommt und ihr Kind gebären will, dann werde ich ihr helfen. Kapiert?«
    »Logisch«, sagte Gunnar Barbarotti.
    »Eins zu null für die Hebamme«, sagte Marianne und lächelte breit. »Übrigens, danke für letzte Nacht, ich liebe es, mit dir zu schlafen.«
    »Ein paar Sekunden lang befand ich mich kurz vorm Abheben«, gab Gunnar Barbarotti zu. »Aber ich war ein Idiot, dass ich den Brief geöffnet habe. Können wir nicht so tun, als würden wir ihn vergessen, und wenn ich nach Hause komme, tue ich so, als würde ich ihn finden?«
    »Nie im Leben!«, rief Marianne aus. »Und wenn Erik Bergman tot ist, wenn du zurück nach Kymlinge kommst, wie willst du damit leben? Ich dachte, ich hätte einen Mann mit Moral und Herz kennen gelernt.«
    Gunnar Barbarotti gab auf. Nahm die Sonnenbrille ab und betrachtete sie ernsthaft. »All right«, sagte er. »Was schlägst du also vor?«
    »Soll ich etwas vorschlagen?«
    »Warum nicht? Ein bisschen Arbeitsteilung kann man sich doch wohl gönnen, wenn man im Urlaub ist?«
    Sie lachte. »Dann kümmerst du dich also um alle Schwangeren im siebten Himmel?«
    »Selbstverständlich.«
    »Warst du bei der Geburt deiner Kinder dabei?«
    »Bei allen dreien.«
    Sie nickte. »Gut. Ich wollte nur sichergehen, dass keine Babys aufs Spiel gesetzt werden. Ich sehe zwei Alternativen.«
    »Und welche?«
    »Entweder, wir gehen damit zur Polizei in Visby …«
    »Ich will nicht nach Visby fahren. Wie sieht die andere Alternative aus?«
    »Wir rufen deine Kollegen in Kymlinge an.«
    »Keine dumme Idee«, sagte Gunnar Barbarotti. »Sie hat nur einen Haken.«
    »Und der wäre?«
    »Wir haben kein Telefon.«
    »Das lässt sich lösen. Ich gehe mit und stelle dich dem Bauern vor. Er heißt übrigens Jonsson. Hagmund Jonsson.«
    »Hagmund?«
    »Ja. Sein Vater hieß auch Hagmund. Und sein Großvater ebenfalls.«
    Gunnar Barbarotti nickte und kratzte sich an den Bartstoppeln.
    »Darf ich dann etwas vorschlagen?«, fragte er.
    »Und was?«
    »Dass du dir ein bisschen mehr als dieses durchsichtige Taschentuch anziehst, sonst fällt Hagmund der Dritte noch in Ohnmacht.«
    Sie lachte. »Aber dir gefällt es?«
    »Mir gefällt es außerordentlich. Du siehst damit tatsächlich noch nackter als nackt aus.«
    »Grr«, sagte Marianne, zweiundvierzigjährige Hebamme aus Hel singborg. »Ich glaube, wir gehen erst noch einmal rein, ich habe das Gefühl, dass Hagmund in den nächsten Stunden sowieso nicht zu Hause ist.«
    »Grr«, sagte Gunnar
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