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Eine Frau mit Geheimnis

Eine Frau mit Geheimnis

Titel: Eine Frau mit Geheimnis
Autoren: JOANNA MAITLAND
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rannte er in den brennenden Stall. Nun bereute er, dass er kein Hemd angezogen hatte, das er als schützende Maske benutzen könnte. Mindestens ein Dutzend Pferde musste noch hinausgebracht werden.
    Dunkler Qualm erfüllte den Hintergrund des Raums. Aber dort loderten keine Flammen. Er hörte das Geräusch von Hufen, die gegen die Holzwände schlugen. Anscheinend waren einige Pferde festgebunden. Geduckt, um möglichst wenig Rauch einzuatmen, lief er zu ihnen und überließ dem Reitknecht die Tiere, die sich näher beim Tor befanden.
    Wie eine geisterhafte Erscheinung in schmutzigem Weiß tauchte eine schmale Gestalt aus den wirbelnden Rauchschwaden auf und führte ein Pferd am Zügel. Soweit er das feststellen konnte, trug sie nur ein Nachthemd und Stiefel. Was für ein tapferer Junge, dachte er.
    „Gut gemacht“, keuchte Dominic, als er an ihm vorbeieilte. Keine Antwort. Natürlich konzentrierte sich der Junge auf seine Aufgabe.
    Es dauerte ziemlich lange, bis alle Pferde gerettet waren. Mittlerweile brannte fast das ganze Gebäude. Doch der Junge im Nachthemd kannte keine Furcht. Immer wieder kehrte er in den gefährlichsten Teil des Stalls zurück. Und er wusste, wie man mit scheuenden Pferden umgehen musste. Manchmal hörte Dominic eine sanfte, beschwichtigende leise Stimme. Der Bursche legte sogar seine Hand über die Nüstern, um sie vor dem beißenden Qualm zu schützen.
    Wenn das Schlimmste überstanden war, würde Dominic den Jungen für seine Tapferkeit belohnen.
    Wieder im Hof, fing er einen nassen Lappen auf, den ihm ein Dienstbote des Gasthauses zuwarf. Dankbar bedeckte er seinen Kopf damit und hoffte, der Junge würde diesem Beispiel folgen. Dann würden sie die übrigen Tiere ins Freie bringen können.
    Er rannte in den Rauch zurück und kämpfte mit dem Halteseil eines der letzten Pferde, das wild um sich trat. Beinahe wurde er von einem Huf am Kopf getroffen. Hätte er bloß ein Messer, um den straff gespannten, an einem Eisenring befestigten Strick zu durchschneiden … Verdammt! Das Seil ließ sich nicht lösen. Wenn es ihm nicht bald gelang, würde er ebenso wie das Tier verbrennen.
    Plötzlich ragte eine schmale Hand aus dem Qualm, die ein Messer umklammerte. Gott segne den Jungen! Mit einem einzigen Schnitt durchtrennte er das Seil. Keine Zeit für ein Dankeswort … Wiehernd bäumte sich das Pferd auf. Nur um Haaresbreite entging Dominic den tödlichen Hufen. Nun musste er sich beeilen, bald würde das Dach des Stalls in Flammen aufgehen, und er musste das Tier rechzeitig hinausbringen.
    Er griff nach dem losen Strick, mühsam zerrte er das Pferd durch das Tor ins Freie. Dann stürmte er in die Feuerhölle zurück und ignorierte die Funken, die seine nackte Brust versengten. Seine Haut war bereits mit kleinen Brandwunden übersät. Doch er musste sich vergewissern, dass keine Pferde zurückgeblieben waren, vom Rauch verborgen.
    Offenbar befürchtete das auch der Junge. Die weiße Gestalt, die das rötliche Dunkel absuchte, war kaum auszumachen.
    „Sind alle draußen?“, rief Dominic und lief zu ihm.
    Ehe der Bursche antworten konnte, krachte es bedrohlich über ihren Köpfen, und Dominic sah einen brennenden Balken herabstürzen. Blitzschnell schob er den Jungen beiseite.
    Nur wenige Zoll entfernt landete der Balken am Boden und überschüttete beide mit einem Funkenregen. Das Nachthemd des Jungen fing Feuer, und Dominic wollte es von dem schmalen Körper reißen.
    „Non!“ Ein schriller Schreckensschrei.
    War der Junge verrückt? Wollte er lieber verbrennen, als sich nackt zu zeigen?
    „Non!“, schrie er erneut und riss den Saum seines Nachthemds aus Dominics Hand.
    Eine Diskussion würde zu viel Zeit kosten. Und so gab es nur eine einzige Lösung für das Problem. Dominic stieß den Jungen zu Boden, warf sich auf ihn und wälzte sich mit ihm umher, bis die kleinen Flammen erloschen, die das Hemd erfasst hatten.
    Und da erkannte er die Wahrheit – das war kein Junge.
    Was er in seinen Armen spürte, bestritt sein Verstand. Doch es gab keinen Zweifel. Weiche Rundungen. Die kleine Gestalt, die sich unter ihm anspannte, gehörte einem furchtlosen Mädchen. Unglaublich …
    Nun, darüber konnte er jetzt nicht nachdenken. Bald würde das Dach des Stalls einstürzen, und er musste die junge Frau aus dieser Hölle bringen.
    Er sprang auf, packte ihren Arm und zog sie hoch. „Ve nez!“, befahl er heiser und steuerte das Tor an.
    Doch sie versuchte sich von seinem Griff zu befreien. Was
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