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Eine Familie für Julianne

Eine Familie für Julianne

Titel: Eine Familie für Julianne
Autoren: KAREN TEMPLETON
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eigentlich bin ich gekommen, weil ich mich bei Robyn entschuldigen wollte. Aber jetzt …“
    „Das ist eine private Familienangelegenheit. Wir sind nicht verpflichtet, Ihnen Auskunft …“
    „Meine Schwester ist bei einem Badeunfall ums Leben gekommen“, warf Julianne ein. „Wir waren zusammen im Urlaub in Mexiko.“
    „Ach, verdammt“, stieß Kevin leise hervor. Seine ungekünstelte Reaktion weckte ihr Mitgefühl. Robyn hatte ihn nicht geliebt. Als er sie verließ, war sie zwar schrecklich wütend gewesen – aber mehr aus verletztem Stolz.
    Wie Kevin für ihre Schwester empfunden hatte, wusste natürlich nur er. Aber dass er sie verlassen hatte, konnte man ihm kaum vorwerfen. Robyn war ein schwieriger Mensch gewesen.
    Wieder fing Julianne einen Blick ihres Vaters auf, doch sie schüttelte unbeirrt den Kopf. Und dabei wusste sie genau, was es sie kosten würde, dass sie sich in dieser Sache gegen ihn auflehnte.
    „War sie auf Droge?“, fragte Kevin.
    „Ja“, antwortete Julianne ehrlich, noch bevor ihr Vater sein „Was geht Sie das an?“ beendet hatte.
    „Natürlich geht es ihn was an“, sagte Julianne, überrascht von ihrer eigenen Heftigkeit. Es war lange her, dass sie so stark empfunden hatte. „Er hat ein Recht, es zu erfahren. Er ist …“
    „Julie!“
    Schwer auf den Stock gestützt, kam ihr Vater auf sie zu, und sie standen sich ärgerlich gegenüber. Das hatte sie nun davon, dass sie sich nicht schon viel früher gegen ihn durchgesetzt und diese Lüge beendet hatte. Aber nun war damit Schluss.
    „Tu das nicht, Juliekäferchen. Sag es ihm nicht.“
    Zur Not auch gegen deinen Willen, dachte sie.
    „Was um alles in der Welt soll sie mir nicht sagen?“ Kevin sprang auf. „Worum geht es hier eigentlich?“
    In diesem Moment ertönte aus dem Babyphon das Gegluckse eines gerade erwachten Kindes, und Kevin starrte völlig entgeistert auf das Gerät.
    „Robyn war schwanger, als Sie sie verlassen haben“, sagte Julianne leise.
    Während Kevin die Worte langsam verarbeitete, hatte Julianne das Gefühl, ihr breche das Herz.
    Als Kevin vor über einem Jahr aus purem Überlebenswillen beschlossen hatte, sein Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen, hatte er naiverweise geglaubt, gegen die Versuchung für immer gefeit zu sein. Jedenfalls, nachdem er die ersten schlimmen Entzugserscheinungen überwunden hatte.
    Doch da hatte er ja auch noch nicht ahnen können, dass das Schicksal einige heftige Überraschungen für ihn bereithielt.
    Denn als er jetzt an der Wiege seiner kleinen Tochter stand, hätte er schon viel dafür gegeben, der Realität für ein paar kostbare Momente entfliehen zu können. Aber natürlich wusste er, dass es für einen geheilten Abhängigen „nur ein Glas“ oder „nur einen Joint“ nicht gab. Ebenso wenig konnte man „nur einen Schritt“ von einer Klippe machen.
    Und noch während er ziemlich überwältigt seine Tochter betrachtete – du lieber Himmel: seine Tochter! –, die ihn mit ihren großen, graublauen Augen anstarrte, wusste er ganz genau, dass er sie niemals, niemals , im Stich lassen oder enttäuschen wollte.
    Sie nannten sie Pippa, als Abkürzung für Philippa. Wie Robyn gerade auf diesen Namen gekommen war, wusste niemand so genau. Trotzdem schien er zu dem Kind zu passen. Langsam streckte Kevin die Hand nach dem Baby aus, und fünf rosige Finger schlossen sich um seinen Daumen. Die Kleine begann mit den Beinen zu strampeln und lächelte ihn dann an. Und obwohl Robyns Schwester und ihr Vater draußen im Flur standen und sich stritten – über ihn, zweifellos –, musste Kevin leise lachen.
    Im Grunde konnte er ja sogar verstehen, warum Robyns Vater ihm die Existenz des Kindes verschwiegen hatte. An seiner Stelle hätte er es wahrscheinlich genauso gemacht. Wenn jemand seine Tochter – seine Tochter! – geschwängert und dann verlassen hätte.
    Aber so war es ja gar nicht, und das weißt du auch, sagte seine innere Stimme.
    Na ja, nicht ganz …
    Vorsichtig, um das Baby nicht zu erschrecken, kniete Kevin sich hin, legte einen Arm auf die Wiege und seinen Kopf darauf. Ungläubigkeit und Hilflosigkeit stiegen in ihm auf, als er die Kleine betrachtete.
    Das hast du ja wieder mal prima hingekriegt, dachte er mutlos. Was um alles in der Welt sollte er jetzt machen? Er wusste ja noch nicht mal richtig, wie er für sich selbst sorgen sollte – wie konnte er sich da um ein Kind kümmern?
    Sicher, er dachte seit einiger Zeit daran, wieder ein geregeltes Leben zu
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