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eine Elfenromanze

eine Elfenromanze

Titel: eine Elfenromanze
Autoren: Manuela Forst
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Vater pflegte nach diesem Motto zu leben. Du hast mehr von ihm geerbt, als du glaubst, Selina!“
    Draußen wieherte ein Pferd.
    Selina blickte auf. „Ranora.“
    „Ihr ist der ewige Regen lästig”, meinte Kathrin. „Wer kann es ihr verübeln?“
    Ranora wieherte erneut, laut und schrill. Mutter und Tochter warfen einander beunruhigte Blicke zu.
    Selina beschloss, nach ihrem Pferd zu sehen, und verließ das Haus. Sie hatten Ranora an der Rückseite der Hütte einen kleinen Unterstand gebaut und die Wiese ringsum eingezäunt, damit die Stute ausreichend Auslauf hatte. Nun stand Ranora dicht am Zaun, warf immer wieder unruhig den Kopf zurück und wieherte. Selina trat zu ihr heran und redete beschwichtigend auf sie ein. Die Rappstute tänzelte nervös auf und ab.
    „Was hat sie?“, fragte Kathrin, die sich einen alten, wollenen Umhang umgeworfen hatte und ihrer Tochter nach draußen gefolgt war. Der Regen prasselte unaufhörlich herab.
    „Ich weiß nicht!“ Selina betrachtete ratlos das aufgeregte Tier. „So hat sie sich nicht mehr benommen, seit ...“
    Sie brach abrupt ab, als sie sich an jene folgenschwere Nacht erinnerte. Damals hatte es auch in Strömen geregnet – damals, mit Harras bei der kleinen Hütte. Selina wandte sich um und blickte zum nahen Waldrand. Sie fühlte sich wie in jener Nacht vor so vielen Wochen. In Gedanken stand sie wieder vor der Jagdhütte. Und sie sah Liones, wie er langsam aus dem Schatten der Bäume auf sie zuritt. Seine müde Gestalt, vom Regen durchnässt.
    Selina stieß einen Schrei aus und rannte über die Wiese auf den Reiter zu.
    Liones sprang vom Pferd, lief ihr entgegen und fing sie auf. Seine Arme umschlangen ihren schlanken Körper und er presste sie fest an sich.
    „Liones! Du bist es! Ich habe nicht geglaubt, dich je wieder zu sehen!“, rief Selina. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen wollte.
    „Ich hatte doch gesagt, ich würde dir folgen, sobald ich kann“, meinte Liones und betrachtete sie liebevoll. „Niemand wird uns je wieder trennen! Das verspreche ich dir!“
    „Aber deine Familie! Arikor ...“, stammelte sie.
    „Haben wir hinter uns gelassen!“, hörte Selina jemanden hinter ihr sagen. Verwundert drehte sie sich um. „Harras!“, rief sie überrascht aus, löste sich aus Liones’ Umklammerung und umarmte den Krieger freundschaftlich.
    „Schön, Euch zu sehen, Selina.“ Harras erwiderte ihre stürmische Begrüßung verlegen.
    Selina wandte sich wieder dem Elfen zu. „Was soll das heißen, ihr habt sie hinter euch gelassen?“
    Liones ergriff ihre Hände und blickte tief in ihre dunklen Augen. „Ich habe meine verräterische Familie verlassen und dem Adelsstand den Rücken gekehrt.“
    „Aber, das bedeutet ...“, brachte Selina hervor. Sie konnte kaum glauben, was sie da hörte.
    „Ich habe meinen Vater um seinen Segen gebeten, doch er hat ihn mir verweigert, wie er mir seit Jahren seine Liebe verweigert. Doch du, liebste Selina, besitzt mein Herz und es würde zerbrechen, müsste ich noch einen Tag länger ohne dich sein. So habe ich dem Adelsstand entsagt und den Emnesthars den Rücken zugekehrt. Ich bin nun nicht länger ein Graf, ohne Haus und Heim und mit nur noch wenig Habe – gewiss hättest du mehr verdient. Dennoch habe ich die letzten Wochen nur noch geatmet, um dir endlich die Frage stellen zu können.“ Er ließ sich vor Selina auf die Knie ins nasse Gras fallen. „Willst du die Meine sein für den Rest der Jahrhunderte?“
    Selina starrte ihn entgeistert an. Hatte er sie soeben gefragt, ob sie ihn heiraten wollte? Sie wollte ja rufen und sich ihm um den Hals werfen, doch sie war wie gelähmt. Noch vor wenigen Minuten hatte sie geglaubt, Liones niemals wieder zu sehen. Und nun kniete er hier vor ihr und offenbarte ihr, dass er alles aufgegeben hatte, nur um sie, das Dienstmädchen aus einer zweitklassigen Schenke, ein Halbblut aus einem entlegenen Bauerndorf, zu ehelichen. Selina wurde beinahe schwindlig.
    „Ah! Da haben wir ja die ganze Verräterbande beieinander! Welch idyllisches Familienbild!“, rief eine Stimme, eine schneidende Stimme, die Selina das Blut in den Adern gefrieren ließ. Sie wurde unsanft von ihrer Wolke der Glückseligkeit gerissen und landete schmerzhaft am Boden der Realität. Als sie aufsah, zügelte Arikor soeben sein Pferd in unmittelbarer Nähe. Fünf Männer, bis an die Zähne bewaffnete Soldaten, sprangen aus den Sätteln und bauten sich drohend zu beiden Seiten ihres Anführers auf.
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