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eine Elfenromanze

eine Elfenromanze

Titel: eine Elfenromanze
Autoren: Manuela Forst
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liebe sie!“ Er sah seinem Freund tief in die Augen. „Ich liebe sie wirklich!“
    Er schwieg einen Moment. Seine Hand umklammerte Halt suchend das Heft des Schwertes an seiner Hüfte. „Nur über meine Leiche soll er sie bekommen“, knurrte er. „Ich werde mich ihm entgegenstellen. Wenn er Selina will, muss er erst mich überwinden.“
    Harras sah ihn beunruhigt an. Hass brannte in den Augen des Elfen. Hass, aber auch Furcht. Harras zweifelte keine Sekunde, dass Liones jedes einzelne seiner Worte genau so meinte, wie er es gesagt hatte. Doch der Kampf, von dem der Elf sprach, würde nicht einfach nur ein harmloses Kräftemessen der beiden Brüder bedeuten. Wenn Liones sich entschloss, um Selina zu kämpfen, dann würde es ein Blutvergießen geben. Harras wusste, dass sein Freund noch nie getötet hatte, und das Grauen, das der bloße Gedanke, seinen Halbbruder zu erschlagen, in Liones heraufbeschwor, stand dem Elfen deutlich ins Gesicht geschrieben.
    „Du bist Arikor nicht gewachsen!“, versuchte Harras an die Vernunft des jungen Emnesthar zu appellieren. „Selbst wenn ich es mit dem Rest seines Schlägertrupps aufnehmen könnte! Selbst wenn ich fünf Mann auf einmal zu bezwingen vermöchte, selbst dann wärst du ihm unterlegen. Und das weißt du auch. Liones! Du kannst diesen Kampf nicht gewinnen. Nicht hier und heute.“
    „Wenn Arikor stirbt“, keuchte Liones, verzweifelt um Fassung ringend, „wenn er stirbt, werden seine Männer nicht länger hinter ihm stehen.“
    Harras packte den Elfen fest an den Schultern. „Liones, du weißt, dass ich einen Schwur geleistet habe. Ich habe geschworen, dich mit meinem Leben zu beschützen. Ich habe geschworen, dir auf jedem Weg zu folgen, den du einschlägst. Und ich habe geschworen, niemals meine Klinge gegen einen Emnesthar zu erheben. Ich kann Arikor nicht für dich töten. Ich kann deinen Halbbruder nicht erschlagen. Es wäre Mord! Ein Mord an einem Emnesthar!“
    „Er ist kein Emnesthar!“, schrie Liones. „Er ist ein verdammter Bastard! Die Frucht des Betruges meines Vaters an meiner Mutter! Ich kann nicht akzeptieren, dass dasselbe Blut durch unsere Adern fließt.“
    Harras fürchtete, dass sein Freund nahe daran war, den Verstand zu verlieren. Zu lange trug Liones die Enttäuschung über den Vertrauensbruch seines Vaters nun schon in seinem Herzen. Zu lange hatte er die Schmach ertragen, von einer Frau bevormundet zu werden, die nicht seine Mutter war, und hinter einem Mann zurückzutreten, der nicht sein Bruder war. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Harras den Tag gefürchtet, an dem sein Freund diese Enttäuschung nicht länger würde ertragen können. Er hatte gefürchtet, dass Liones letzten Endes den Alkohol um Erlösung bitten würde. Doch mit Selina hatte der Elf nun etwas gefunden, das ihn wahre Liebe widerfahren ließ. Und Arikor bedrohte diese Liebe.
    Liones’ Halbbruder war ein Mann, der sich stets dafür rühmte, zu seinem Wort zu stehen. Nun hatte er geschworen, sich an Selina zu rächen. Es war schon längst nicht mehr der blanke Zorn, der Arikor trieb, es war die Verpflichtung, vor denen, die zu ihm aufsahen, nicht zu versagen.
    Und Arikor hatte gegenüber Harras und auch gegenüber Liones einen entscheidenden Vorteil: Er war ein Adeliger, der eine Bürgerliche jagte. Das Gesetz von Ametar bevollmächtigte ihn dazu. Wenn Arikor Selina tötete, drohte ihm keine größere Strafe, als die Missgunst einiger weniger Bürgerlicher. Kein Richter würde die Frage zu stellen wagen, welcher Adelige die unbedeutende Selina von irgendwoher geschändet und ermordet hätte. Kein Adeliger würde sich ihres Namens länger als wenige Stunden erinnern.
    Harras selbst war ein Krieger der Familie Emnesthar. Er genoss die absolute Immunität, jeden töten zu dürfen – töten zu müssen –, der einen Emnesthar, Liones im Speziellen, mit dem Tod bedrohte. Doch Harras selbst drohte die Enthauptung und die Entehrung seines Namens, sollte er seine Hand gegen einen Angehörigen der Grafenfamilie erheben, egal welch noble Absicht er mit dieser Tat verfolgen mochte.
    Liones hingegen war Arikor als Adeliger gleichgestellt. Es machte keinen Unterschied, dass er in den Adelsstand geboren war, sein älterer Halbbruder ihn jedoch erst nach der Heirat seiner Mutter erlangte. Vor dem Gesetz waren sie Brüder. Doch selbst, wenn Liones sich in seinem bisherigen Leben mehr mit der Erlernung der Kampfkunst, anstatt mit schönen Frauen befasst hätte, glaubte Harras nicht,
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