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eine Elfenromanze

eine Elfenromanze

Titel: eine Elfenromanze
Autoren: Manuela Forst
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nicht viel auf abenteuerliche Reisen und großmutige Taten. Ein ruhiges, friedliches Fleckchen Erde war ihr gerade recht.
    Doch mittlerweile war sie sich nicht mehr sicher, ob Ametar für jemand mit ihren Vorlieben wirklich der passende Ort war. Denn nun wusste sie, dass es in einer Stadt zu keiner Uhrzeit friedlich war. Und auch, wenn sie nicht gewagt hätte, es ihrer Mutter gegenüber zuzugeben, so spürte sie doch, dass sie hier nicht hergehörte – nicht in ein enges, gemauertes Gemach, nicht zwischen unzählige Reihen dicht gedrängt stehender Häuser. Schon heute vermisste sie das kleine Wäldchen am Rande des Dorfes ihrer Heimat, den kühlen Wind im Gesicht, wenn er von den hohen Gipfeln des Gebirges herab blies, und den Glanz der Sterne über endlosen Weiden.
    Nicht zuletzt aufgrund ihrer Abstammung fühlte sich Selina als Teil der Natur.
    Sie war eine Halbelfe. Das Blut der Menschen und der Elfen floss zu gleichen Teilen in ihren Adern.
    Doch sehr zum Leidwesen ihrer Mutter sah man Selina ihr menschliches Erbe kaum an. Sie war etwas kräftiger gebaut als ihre feenhaften Verwandten. Ihr schwarzes Haar hatte einen rötlichen Schimmer und ihre großen, dunklen Augen verliehen ihr ein leicht exotisches Aussehen, worum sie so mache Elfenmaid beneidete.
    Ihr Vater war Sithan, ein Elf aus dem Norden. Er war ein Abenteurer, der während des Krieges vor über zwei Dekaden Anführer einer Rebellion gewesen war. Seine Bestimmung war der Kampf. Und als der Krieg vorbei gewesen war, hatte es nichts mehr gegeben, das ihn hielt, selbst seine Frau nicht. So hatte er Kathrin noch vor der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter verlassen, um auf seiner ewigen, rastlosen Suche nach neuen Herausforderungen durch die Lande zu ziehen.
    Kathrin hatte diese Trennung nie ganz überwunden. Umso mehr litt sie daher darunter, dass Selina so sehr nach dem Vater geraten war und sie tagtäglich an ihr verlorenes Glück erinnerte. Sie gab Sithans elfischer Abstammung die Schuld an seiner Untreue und verfluchte seine Rasse für die unbändige Abenteuerlust, die in jedem Elfenherzen zu brennen schien. Doch Selina maß der Abneigung ihrer Mutter gegenüber dem Blut, das in ihren Adern floss, wenig Bedeutung zu. Immerhin hatte Kathrin auch unter den Menschenmännern keinen Anschluss mehr gefunden, was Selinas Meinung nach nicht zuletzt darauf zurückzuführen war, dass Kathrins Herz immer noch für Sithan schlug.
    „Selina!“ Brunas Stimme durchdrang donnernd die Mauern des Gemachs und lies Selina hochschrecken. Nicht zum ersten Mal fragte sich die junge Dienstmagd, ob es etwas gab, das dem Ruf der dickleibigen Wirtin widerstand.
    „Selina! Bei den Göttern! Träumst du schon wieder?“ Die Wände schienen zu erzittern.
    Selina beeilte sich, den schweren Wäschekorb aufzunehmen, stieß mit dem Ellbogen die Türe des Zimmers auf, eilte auf den Flur hinaus und zwängte sich mit ihrer Last die schmale, gewundene Treppe hinunter in die Wirtsstube.
    Am unteren Absatz stand Bruna, die Arme in die breiten Hüften gestemmt, und sah ihr tadelnd entgegen. „Das muss schneller gehen, Kind! Unsere Gäste warten nicht ewig!“, wetterte sie.
    Selina senkte betroffen den Kopf. „Ich werde mir Mühe geben“, erklärte sie kleinlaut. Die Wirtin hatte ja nicht unrecht. Sie hatte wieder einmal geträumt. Sie war einfach nie mit den Gedanken bei der Arbeit.
    „Nun mach schon!“ Bruna wedelte ungeduldig mit den Armen in der Luft herum. „Und wenn du mit den Zimmern fertig bist, gehst du auf den Markt und erledigst die Einkäufe.“
    Selina sah die überaus wohlgenährte Frau ungläubig über den Turm zerwühlter Laken hinweg an. Bruna trug einen ausgewaschenen Kittel und eine ehemals weiße Schürze. Die Halbelfe zwang sich, nicht auf die unzähligen Fettflecken und Brandlöcher zu starren, welche die Kleidung der Wirtin sprenkelten.
    „Aber ...“, begann Selina. „Aber Adorata ist mit dem Einkauf dran!“
    „Ich kann heute nicht“, klang Adoratas Stimme von der Theke herüber.
    Selina wandte sich um und sah das Schankmädchen zwischen Schwaden erkalteten Tabakrauches am Tresen lehnen. Adorata hatte ihr bestes Sonntagskleid an, wie die Halbelfe bemerkte, und betrachtete versonnen ihre Fingernägel.

    „Adorata hat heute frei“, erklärte die Wirtin knapp.
    „Um sich von ihrem Freier ausführen zu lassen“, ergänzte Ria, die soeben aus der Küche kam, und gab sich keine Mühe, die Verachtung zu unterdrücken, welche in ihrer Stimme mitschwang. Als
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