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Eine Braut für alle

Eine Braut für alle

Titel: Eine Braut für alle
Autoren: Richard Gordon
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Miles, holen Sie meinen Ulster für die Dame. Unserem hohen Gast bestellen Sie bitte, daß ich zu einem dringenden Fall abberufen wurde. Unser Beruf versieht uns ja zum Glück stets mit einer unangreifbaren Ausrede. Kommen Sie, Madame. Wir wollen unseren faux pas wieder zurücknehmen.»
    «Ich sterbe», stöhnte der Bischof.
    «Nicht sehr rücksichtsvoll von dir, Charles. Bedenke doch die Mühen, die wir alle deines Dinners wegen auf uns genommen haben.»

21

    «Miles war heute nicht im Spital», teilte mir seine Frau Connie mit, als ich am nächsten Abend bei ihnen vorsprach. «Der arme Kerl ist völlig zusammengebrochen. Wahrscheinlich infolge der Überarbeitung bei der Kommission.»
    Ich war ein wenig irritiert, hatte ich doch geplant, mir’s gemütlich zu machen und von seinem Whisky zu trinken, bis er nach Hause kam. Statt dessen traf ich meinen Cousin an, wie er in Hemdsärmeln zwischen seinen Moraltraktaten auf und ab schritt, mit der Miene eines Propheten, der eine Kanzel sucht, um von ihr den Weltuntergang zu künden.
    «Hallo, Alter», begrüßte ich ihn. «Wie war das Dinner?»
    Miles wand sich in Pein.
    «Wie eine grauenvolle Halluzination... Dieses entsetzliche Weib!»
    «Clementine entpuppte sich am Ende als eine recht fidele Person. Während wir mit ihr quer durch London fuhren, lernten wir sie ziemlich gut kennen.»
    «Was geschah?» fragte er düster.
    «Alles ließ sich so glatt an wie eine von Sir Lancelots Blinddarmoperationen. War ich auch jahrelang nicht mehr bei Willie gewesen, kannte ich doch wenigstens den Drill des Hauses bei sämtlichen Verstößen, vom Kitzeln der Empfangsdamen angefangen bis zum Verschachern von Maschinengewehren.»
    «Du hast mit Bestechung gearbeitet?» murmelte Miles schwerfällig.
    «Gewiß hat ein bißchen Geld die Hände gewechselt. Ganze Packen Banknoten sogar aus Sir Lancelots Brieftasche.»
    Mein Cousin verfiel in Schweigen.
    «Du hättest wenigstens zurückkehren und uns mitteilen können, daß die Sache in Ordnung gebracht worden war», sagte er endlich. «Wir saßen wie auf glühenden Kohlen - es war einfach schrecklich.»
    «Daran war Sir Lancelot schuld. Er bestand darauf, sich die Show anzusehen.»
    «Er muß sie doch ekelerregend gefunden haben.»
    «Im Gegenteil, er fand sie recht amüsant. Gar nicht zu reden davon, daß er einen Fall von X-Beinigkeit, zwei Leistenbrüche und mehrere Fälle von ausgedehnter Hypertrophie der Brüste zu diagnostizieren Gelegenheit fand.»
    «Sir Lancelot ist einfach unverbesserlich.»
    «Er half dir, mit heiler Haut davonzukommen, Alter», rief ich ihm ins Gedächtnis. «Sonst hätte sich das ganze Land morgen beim Frühstück gefreut, dich zerreißen zu können.»
    Er blickte auf. «Es steht also nichts in der Presse?»
    Ich schüttelte den Kopf. «Hab jede Zeitung in der öffentlichen Bibliothek durchgeblättert. Freilich gibt’s immer noch den Sonntag und die News of the World.»
    Miles stöhnte abermals auf.
    «Aber laß dir keine grauen Haare wachsen, es wird bestimmt alles gut gehen. Clementine wurde übrigens bei Willie ein überaus warmer Empfang zuteil. Obwohl sie meiner Meinung nach mit dem Hut besser ausgesehen hat.»
    «Ich bin dir selbstverständlich zutiefst verpflichtet, Gaston», rang Miles sich ab.
    «Gern geschehen», wehrte ich leichthin ab. «Schließlich sind wir doch eines Fleisches und Blutes, etcetera.»
    «Meine gesamte Karriere ist dir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.»
    «Großer Gott, du glaubst doch nicht, daß ich petzen werde?» rief ich schockiert. «Verdammt, das hab ich doch nicht einmal auf der Schule getan, als du mir meinen Kümmelkuchen geklaut hast.»
    «Ich bedaure die Sache mit dem Kümmelkuchen, Gaston. Bedaure sie zutiefst.»
    «Bin durchaus bereit, sie zu vergessen», erwiderte ich kavaliersmäßig.
    «Möchtest du nicht ein Glas Whisky-Soda? Bediene dich. Sooft du willst.» Als ich seiner Einladung folgte, fuhr er fort: «Zugegeben, wir haben in der Vergangenheit unsere Auseinandersetzungen gehabt -»
    «War nichts als ein Zusammenprall unsere Temperamente. Wirkt nur anfeuernd auf den Familiensinn. Schau dir die Familie Lear an.»
    Miles spielte mit einer Seite seines Berichts.
    «Ich muß dir gestehen, Gaston, daß ich im Lauf der Jahre ganz automatisch dazugeführt wurde, dich als einen Narren einzuschätzen.»
    «Die heitere Maske trügt oft.»
    «Aber die Art und Weise, wie du gestern abend einer äußerst gefährlichen und komplizierten Situation begegnet bist,
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