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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar
Autoren: Andreas Eschbach
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überwältigte und ihm ein starkes Beruhigungsmittel verabreichte.

50
    Er erwachte mühsam, brachte die Augen auf gegen einen Druck von Tonnen und Tonnen und fühlte sich seltsam abgetrennt von seinem Körper, der entsetzlich schmerzte. Doch zum Glück kamen die Schmerzen nur wie durch rosarote Watte zu ihm, waren mehr Informationen als wirkliche Empfindungen. Er blinzelte, und die Augenlider bewegten sich wie die Panzertore an den Eingängen atombombensicherer Bunker, langsam, wuchtig, und es piepste in einem fort.
    Ach nein, das war über ihm, ein Gerät in einem dunkelblauen Gehäuse aus Metall, das aussah wie aus einer dieser Arztserien im Fernsehen.
    Diese Beobachtung rollte eine Weile in seinem Geist umher, träge, schwerfällig, sich ganz allmählich zu einer Vermutung umformend: Konnte es sein, dass er in einem Krankenhaus lag?
    Oh-oh.
    Da war doch was gewesen. Undeutliche Bilder von Blut, das zwischen seinen Fingern hervorquoll. Eine Umgebung schreiender und rennender Menschen und wie sie zusammenschrumpfte, weil sich von den Rändern des Blickfelds dunkle Schatten immer weiter zur Mitte hin schoben.
    Ein Schuss, konnte das sein? Dass man auf ihn geschossen hatte? Und so verdammt schrecklich fühlte sich so etwas an? Das hatte im Fernsehen immer ganz anders ausgesehen.
    Nicht so… andauernd.
    Er dämmerte eine Weile weg, schwebte zwischen den Sternen, trieb durch goldene Ozeane, bis er Stimmen hörte, die ihn zurückriefen. Diesmal ging es leichter, die Augen aufzukriegen, dafür dauerte es, bis er scharf sah. Ein heller Fleck wurde zum Gesicht einer Frau mit mandelförmigen Augen.
    »Er ist wach«, sagte sie zu jemandem und verschwand. Ein anderes Gesicht tauchte am Himmel auf und sagte leise: »Hallo, John.«
    Er kannte sie. Ja. Klicke-di-klick , alles kam wieder, die ganzen Erinnerungen, sein ganzes Leben. Ursula. Wenn nur sein Mund nicht so trocken gewesen wäre, seine Zunge nicht so dick aufgequollen, und steckte ihm da etwas im Hals? In der Nase? Es war alles so anstrengend.
    »Du brauchst nicht zu sprechen, wenn es dir zu schwer fällt«, sagte sie mit traurigem Lächeln. Ihre Augen waren gerötet, wie von einer Erkältung oder einem Transatlantikflug. Es gab noch etwas, das Augen so röten konnte, aber er kam nicht drauf, was. Nur dass Augen von der trockenen, dünnen Luft in Flugzeugen so rot und verschwollen werden konnten, das wusste er.
    »Ich…«, brachte er heraus.
    Sie lächelte, berührte ihn am Arm, weit weg war das.
    »Ich habe… versucht, dich anzurufen…«
    »Ja«, sagte sie. »Ich weiß.«
    »Du warst… nicht da…«
    »Ich war die ganze Zeit in Florenz«, erklärte sie mit traurigem Lächeln. »Im Archiv, du weißt schon. Hab mich in Arbeit vergraben.«
    Er versuchte zu nicken, aber es ging nicht. »Aber jetzt bist du… da.«
    »Ja. Jetzt bin ich da.«
    Er schloss die Augen, atmete tief durch, fühlte sich glücklich. Er sah sie wieder an, dachte an die Zeit, die sie zusammen gehabt hatten. »Weißt du«, sagte er, »ab jetzt wird alles anders. Glaub mir. Ich muss Erbschaftssteuer zahlen, stell dir vor. Das hast du wahrscheinlich schon gehört. Ich denke, das restliche Geld werde ich auch weggeben. Na ja, bis auf ein paar Millionen vielleicht. Und wenn du… also, wenn du dir vorstellen könntest, mit mir… ich weiß nicht, wie ich sagen soll…«
    Seltsam, sie schien ihm nicht zuzuhören. »John?«, rief sie, und ihr Blick wanderte wie panisch über die Geräte über seinem Kopf. »John, was ist?«
    »Wieso?«, fragte er. »Was soll sein?«
    »Schwester!« Sie wandte sich ab, stürmte davon. John wollte ihr nachsehen, sah aber nur noch die beiden Flügel der Tür in den Angeln nachschwingen, mit leisen, quietschenden Geräuschen.
    Doch er war nicht allein. Da war noch eine Gestalt.
    Der Padrone .
    Er stand da, so gelassen, wie er ihn in Erinnerung hatte, und sagte: »Hallo, John.«
    »Hallo«, erwiderte John zögernd. Er war überrascht, ihn zu sehen. Es gab einen Grund, aus dem er nicht hätte hier sein dürfen, aber der wollte ihm gerade nicht einfallen. »Ich hab’s vermasselt, nicht wahr?«
    »Wieso denkst du das?«
    »Ich hätte die Prophezeiung erfüllen sollen. Den Menschen die verlorene Zukunft wiedergeben.« Er fühlte sich plötzlich so traurig. »Aber ich habe es nicht geschafft. Jetzt sterbe ich, und McCaine wird das Vermögen erben. Und weiß der Himmel, was er damit machen wird.«
    »Wieso denkst du, dass McCaine das Vermögen erben wird?«
    »Ich habe vergessen,
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