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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Straße. Sie hatte Angst, aber sie zeigte es nicht. Angst vor den kommenden Tagen und Wochen, Angst vor Eduards möglichem Zusammenbruch, Angst vor Monikas Entziehungsterror, Angst, daß sie doch eine Spur bei Makaroff hinterlassen hatten, Angst vor dem künftigen Zusammenleben. Angst vor sich selbst.
    Kann man einen gespaltenen Berg kitten?
    Eduard Barrenberg würde sagen: Aber ja! Seht euch den Drachenfels am Rhein an. Als der morsch wurde, haben sie ihn mit Beton ausgespritzt. Nun hält er noch ein paar Jahrhunderte. So alt möchte ich gar nicht werden. Betonieren wir also unser Leben!
    Sie hatte Angst. Kann man mit dieser Angst noch zwanzig Jahre leben?
    Die Mordkommission mit Hauptkommissar Engelbrecht fand das Haus Nummer 4 am Hünengrab unverschlossen. Die Türen standen sogar offen.
    »Hereinspaziert!« sagte Engelbrecht übellaunig. »Zweiter Gang links, dritte Tür liegt der Tote. So etwas habe ich gern! Das sind die Fälle, wo wir uns in den Hintern beißen. Ein Toter auf dem Servierteller.« Er betrat die Eingangshalle, sah sich um und rieb sich die Hände. »Das muß man fotografieren fürs Album. 1001 Nacht in Frankfurt. Jungs, wenn das 'ne orientalische Angelegenheit ist, haben wir eine Aktenleiche mehr im Archiv.«
    Was die Todesursache betraf, gab es keine Unklarheiten: Der Mann war erschossen worden. Ein sauberer Herzschuß, aus ziemlich kurzer Entfernung; das Projektil war am Rücken wieder ausgetreten und hatte sich in das Bücherregal gebohrt. Es stak in einem Buch mit dem Titel ›Die merkwürdigen Reisen des Leonid Charkow‹. Ein Kriminalobermeister holte es mit einer Pinzette heraus.
    »Neun Millimeter, Chef!« sagte er und hielt Buch und Projektil hoch.
    »Sieht ganz nach einem Profi aus.« Engelbrecht ging aus dem Weg, weil der Polizeifotograf noch einige Aufnahmen machen wollte. Er sah sich in der Bibliothek um, stand sinnend vor dem wertvollen Monet und setzte sich dann auf Makaroffs Sessel hinter den Schreibtisch.
    »Auf welchen Besitzer ist das Haus eingetragen?«
    »Auf einen George Petrescu. Gebürtiger Rumäne. Ex- und Import.« Ein Kriminalinspektor blätterte in den Abrissen einer Telexinformation. »Das Haus Nummer 4 wurde vor drei Jahren verkauft.«
    »Aber die Frau, die angerufen hat, sagte, ein Makaroff sei erschossen worden.« Engelbrecht betrachtete den Toten nachdenklich. Vor der Tür erschienen jetzt die Leichenträger mit der Zinkwanne. Ein Kriminalbeamter streute Kreide um den Toten, um seine Lage auch nach dem Abtransport des Körpers festzuhalten. »Den Mord hat doch eine weibliche Stimme gemeldet?«
    »Ja, Chef. Die Telefonzentrale sagt, die Frau sei sehr ruhig gewesen. Und sie sagte auch noch: Nein, kein Mord. Es war doch ein Unfall.«
    »Mitten ins Herz mit einer neun Millimeter? Ein Blattschuß! Was die Leute so Unfall nennen … Fangt mal mit der Durchsuchung an!« Er nickte den Leichenträgern zu. »Ihr könnt abräumen, wenn der Doktor es erlaubt.«
    »Ich bin fertig.« Der Polizeiarzt winkte ab. »Eine ganz klare Diagnose. Das muß ein Meisterschütze gewesen sein.«
    »Oder eine Schützin!« Engelbrecht erhob sich wieder. Er war seltsam unruhig. Der Hergang schien völlig klar zu sein – aber trotzdem signalisierte ihm sein Gefühl, daß Makaroffs Sterben nicht vorgeplant gewesen war.
    Während man Makaroff wegtrug, durchwühlten sieben Beamte die Villa. Sie durchsuchten die Schränke, brachen Schubläden auf, rückten Möbel weg, blätterten in Akten und Alben, nahmen Bilder ab und waren enttäuscht, daß der Tote anscheinend keinen Tresor besaß, dessen Inhalt Licht in das Dunkel gebracht hätte. Dafür wurde der Kriminalinspektor Biermann fündig. Unter einem Sessel am Fenster der Wohnhalle fand er ein Foto. Er betrachtete es, pfiff anerkennend durch die Zähne und kam in die Bibliothek.
    »Chef –«, sagte er und wedelte mit dem Foto. »Kann man Sie mit Naturaufnahmen erfreuen?«
    »Ich liebe die Berge«, antwortete Engelbrecht.
    »Ich habe zwei Hügel hier, die gerade bestiegen werden.« Er legte das Foto auf die Tischplatte und hüstelte provozierend. »Unsere Leiche war'n aktiver Bursche, was?«
    Engelbrecht blickte auf das Foto, ohne es zu berühren. Makaroff – oder Petrescu, das mußte man noch feststellen – war deutlich zu erkennen. Der Kopf der Frau war zur Seite gedreht, das Gesicht abgewendet, man sah nur ihre zerwühlten Haare.
    »Noch mehr?« fragte Engelbrecht nüchtern.
    »Bisher nicht. Lag unter einem Sessel. Muß runtergerutscht
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