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Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)
Autoren: Juliet Hall
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damit, als sie sich für ihren ersten Tauchkurs angemeldet hatte. Es verriet ihr, dass er ein wenig eifersüchtig war, was sie ganz gern mochte.
    »Ich habe ein Haus geerbt«, erklärte sie. Jetzt konnte sie es laut aussprechen. Sie wollte es laut aussprechen. Sie setzte sich auf die Mauer neben die Pelargonien. Der Wind hatte eine frische Note, die ihr gefiel – eine Art Weckruf: Hey, es ist Frühling. Etwas muss sich verändern …
    »Was?«, fragte er.
    »Ich habe ein Haus geerbt«, sagte sie noch einmal. »Auf Sizilien.« Ja, es stimmte wirklich.
    »Sizilien?«, wiederholte er.
    Sie konnte es ihm nicht verübeln, dass er verblüfft war. Sie konnte es ja selbst noch nicht ganz glauben. Warum sollte Edward Westerman ihr sein Haus vermachen? Sie hatte ihn nicht einmal gekannt. Es war erstaunlich, wirklich erstaunlich. Und was sollte sie mit einer Villa in Sizilien anfangen? Dafür war gar kein Platz in ihrem Leben. Ihr Leben fand in Dorset statt – oder? Bei Ginny, bei Muma und Dad, die ebenfalls in Pridehaven lebten, nur ein paar Straßen entfernt von Tess’ viktorianischem Haus. Und bei Robin – jedenfalls so weit möglich. Ihr Leben hatte sich immer in Dorset abgespielt, abgesehen von Campingurlauben in Frankreich, einem kurzen Intermezzo in London, das sie bald beendet hatte (sie war, wie sie feststellte, keine Großstadtpflanze), und sechs Wochen als Kindermädchen bei einer Familie, die den Sommer auf Mallorca verbrachte.
    »Ja«, sagte sie, »eine Villa auf Sizilien.« Die Große Villa. Aber wie groß genau war groß?
    »Du nimmst mich auf den Arm, Tess.«
    »Nein, das tue ich nicht«, gab sie zurück. »Ich weiß, es klingt komisch, aber jemand hat sie mir in seinem Testament vermacht.«
    »Wer in aller Welt …?«, fragte er. »Ein alter Verehrer?«
    Robin war zehn Jahre älter als sie. War er auch ein alter Verehrer? Ginny wäre dieser Meinung. Wenn sie davon wüsste.
    »Ein Mann, dem ich nie begegnet bin. Edward Westerman.« Sie sprach den Namen fast genießerisch aus. Er klang ziemlich romantisch. Sie erzählte Robin das Wenige, was sie bisher wusste.
    »Ja, da will ich doch verdammt sein, Süße«, sagte er.
    »Und das ist noch nicht alles.« Tess rutschte auf der Mauer herum und dachte widerwillig an ihren Posteingangskorb. »Es gibt eine Bedingung.« Alles im Leben hatte einen Haken. Man bekam beispielsweise ein Kind von einem Mann, dem man vertraute, und prompt verließ er einen und wanderte nach Australien aus. Oder man begegnete einem Mann, der hinreißend, sexy und witzig war, und verliebte sich in ihn, und er war verheiratet – mit einer anderen.
    »Und die wäre?« Robin klang immer noch genauso verwirrt, wie Tess sich fühlte.
    »Ich muss hinfahren.«
    »Hinfahren?«
    »Ich muss das Anwesen besuchen. Bevor ich …« Sie zögerte. Darüber verfügen , so hatte der Anwalt es ausgedrückt. »Bevor ich es verkaufen kann«, erklärte sie. Wie viel würde das einbringen? Was für ein Haus war die Große Villa? Würde der Erlös ausreichen, um ihre Hypothek abzubezahlen? Für einen oder zwei Urlaube? Um ihr Leben zu verändern? , meinte sie eine leise Stimme flüstern zu hören.
    »Wer sagt, dass du das musst?«, fragte Robin.
    »Edward Westerman, wie es aussieht. Es ist eine Testamentsklausel. Ich muss das tun.« Muss . Und doch, Sizilien . Es schien beinahe nach ihr zu rufen. Für jemand anderen wäre das vielleicht nichts Besonderes gewesen, aber sie war von einer sizilianischen Mutter großgezogen worden, die kaum von ihrem Heimatland sprach und deren Augen sich vor Schmerz oder Zorn oder beidem verdunkelten, wenn man sie nach ihrer Kindheit, ihren Eltern, ihrem Leben dort fragte. Bis man es schließlich akzeptierte. Sizilien war tabu. Das Problem war nur: Tess hatte sich nie damit abgefunden. Und plötzlich stieg ein Gedanke, eine Hoffnung, eine Idee in ihr auf. Sie spürte die Welle der Nervosität zurückkehren, die mottenflügelschlagende Aufregung, den Erregungsschauer.
    »Herrgott!«, sagte Robin.
    Tess beobachtete eine Biene. Zielgerichtet flog sie auf die gelben Schlüsselblumen zu, die vor den Pelargonien wuchsen, und stürzte sich Hals über Kopf hinein. Sie wusste, wie das Tier sich fühlte. »Ich weiß«, sagte sie. Es war überwältigend, fast unglaublich. Aber andererseits war es wahrscheinlich auch nicht eigenartiger, als einem Katzenasyl oder etwas Ähnlichem Geld zu vermachen. Da war allerdings dieser geheimnisvolle Unterton. Die Klausel. Sie musste die Villa aufsuchen, bevor
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