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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman
Autoren: Loretta Chase
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nachhaltig aus der Ruhe gebracht hat, was keine geringe Leistung ist. Ich erinnere nur daran, wie du sagtest, als der Wundarzt vorschlug, dein Bein abzunehmen: ,Wie bedauerlich. Wir fühlten uns einander so verbunden.“ Da stand ich, heulte und tobte, und du lagst da, fast zu Tode getrampelt, und warst ebenso wenig aus der Fassung zu bringen wie der Eiserne Duke höchstpersönlich.“
    Der Vergleich war absurd. Der Duke of Wellington hatte seine Armeen wiederholt zum Sieg geführt. Alistair hatte es lediglich vollbracht auszuharren, bis er gerettet wurde.
    Und was sein gefasstes Verhalten anbelangte - wenn er alles mit Fassung ertragen hätte, warum konnte er es dann nicht klar und deutlich vor sich sehen? Warum blieb das Geschehene wie von einem Nebel verschleiert und entzog sich seiner Erinnerung?
    Er wandte dem Fenster den Rücken zu und betrachtete den Mann, der ihm nicht nur das Leben gerettet, sondern auch dafür gesorgt hatte, dass er all seine Gliedmaßen behielt. „Dir fehlt meine Erfahrung, Gordy“, meinte er. „Du hattest nur eine ältere Schwester, wohingegen ich mich von klein auf von zwei älteren Brüdern prügeln und quälen lassen musste.“
    „Meine Schwester hat ihre eigenen Methoden, mich zu quälen“, ließ Gordy ihn wissen. Er zog seinen Gehrock über und warf einen letzten prüfenden Blick auf sein Spiegelbild. Er war blond, ein wenig kleiner als Alistairs beeindruckende Einsachtzig und von gesetzterem Körperbau.
    „Mein Schneider macht wahrlich das Beste aus den Gegebenheiten“, meinte er nun, „aber was ich auch tue oder wie viel ich dafür ausgebe, immer gelingt es mir, einen Deut weniger elegant auszusehen als du.“
    Alistairs Bein verlangte nach Ruhe. Er verließ seinen Platz am Fenster und humpelte zum nächsten Sessel. „Das liegt daran, dass Kriegsverletzungen dieser Tage sehr in Mode sind.“ „Nein, es liegt an dir. Du humpelst sogar mit Stil.“
    „Wenn man schon humpelt, dann sollte man es formvollendet tun.“
    Gordmor lächelte nur.
    „Auf jeden Fall verdanke ich dir einiges“, sagte Alistair zu seinem Freund. „Wärst du nicht gewesen, würde ich nun in aller Stille ruhen.“
    „Nicht in aller Stille“, berichtigte Seine Lordschaft. „In Verwesung. Soweit ich weiß, ein sehr reger Vorgang.“ Er ging zu einem kleinen Kabinett hinüber und nahm eine Karaffe und zwei Gläser heraus.
    „Ich dachte, wir wollten ausgehen“, wandte Alistair ein. „Gleich.“ Gordmor goss ihnen ein. „Zunächst will ich mich mit dir über einen Kanal unterhalten.“

1. KAPITEL
    Derbyshire
    Montag, 16. Februar 1818
    Mirabel Oldridge kam aus den Stallungen und lief den Schotterweg hinauf in Richtung Oldridge Hall. Als sie in den Garten einbog, stürmte der Hausdiener Joseph zwischen einigen Büschen hervor auf den Weg.
    Man sah Miss Oldridge keineswegs an, dass sie kürzlich ihren einunddreißigsten Geburtstag begangen hatte. Besonders in diesem Moment - ihr rotgoldenes Haar war vom Wind zerzaust, ihre milchweißen Wangen schimmerten rosig, ihre blauen Augen funkelten lebhaft - wirkte sie überaus jung.
    Dennoch war sie in jeder Hinsicht das Familienoberhaupt, und sobald ein Problem auftauchte, war es Miss Oldridge -und nicht ihr Vater -, an die sich alle Bediensteten wandten. Das mochte daran liegen, dass ihr Vater oft die Ursache des Problems war.
    Aus Josephs plötzlichem Erscheinen und seinem atemlosen Zustand schloss sie, dass es Schwierigkeiten gab, noch bevor er auch nur ein Wort gesprochen hatte - was er aber schließlich in grammatikalisch bedenklicher Weise tat.
    „Wollen Sie so freundlich sein, Miss“, fing er an, „da wär’ ein Gentleman, der wo Mr. Oldridge sprechen will. Der wo einen Termin hat, sagt er. Hat er auch, sagt Mr. Benton, weil das Buch von unserm Herrn offen gewesen ist und Mr. Benton es so klar wie am helllichten Tag gesehen hat, in der Schrift vom Herrn selbst.“
    Wenn Benton, der Butler, sagte, dass es diesen Kalendereintrag gab, dann gab es ihn wohl, so unwahrscheinlich das auch war.
    Mr. Oldridge vereinbarte nie mit irgendjemandem Termine. Seine Nachbarn wussten, dass sie ihre Besuche mit Mirabel absprechen mussten, wenn sie ihren Vater zu sprechen wünschten. Ging es um das Anwesen, musste man sich an Oldridges Verwalter Higgins wenden oder aber auch an Mirabel, die ohnehin ein wachsames Auge auf die Arbeit des Verwalters hatte.
    „Möchte der Gentleman nicht lieber mit Higgins sprechen?“, fragte sie.
    „Mr. Benton sagt, das schickt sich
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