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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman
Autoren: Loretta Chase
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ich seit dem Frühjahr 1815 keine solche Episode mehr gehabt habe?“
    „Du bist nur deshalb nicht in Schwierigkeiten geraten, weil du die meiste Zeit außer Gefecht gesetzt warst“, bemerkte Lord Hargate. „Unterdessen sind jedoch Wagenladungen von Rechnungen eingetroffen. Ich kann mich kaum entscheiden, was schlimmer ist. Für die Summen, die du für deine Garderobe ausgibst, könntest du einen ganzen Harem französischer Mätressen unterhalten.“
    Dem konnte Alistair nichts entgegensetzen. Er war schon immer sehr eigen gewesen, was seine Garderobe anbetraf. Und es mochte stimmen, dass er in letzter Zeit noch mehr auf sein Äußeres bedacht war als zuvor - vielleicht, weil es ihm half, sich von anderem abzulenken. Dem achtzehnten Juni zum Beispiel, jenem Tag und jener Nacht, an die er sich nicht erinnern konnte. Waterloo war wie ein verschwommener Fleck in seinem Gedächtnis. Allerdings gab er vor, sich durchaus daran erinnern zu können, ebenso wie er vorgab, nicht zu bemerken, was sich seit seiner Heimkehr verändert hatte: die Heldenverehrung, die ihn vor Verlegenheit erschaudern ließ, das Mitleid, das ihn zur Raserei brachte.
    Er verdrängte diese Gedanken und runzelte die Stirn, weil er einen Fussel auf dem Ärmel seines Gehrocks entdeckte. Doch er widerstand dem Impuls, ihn wegzuschnippen. Das konnte als eine nervöse Geste gedeutet werden. Er fing an zu schwitzen, aber das sah man nicht. Noch nicht. Er hoffte, sein Vater würde ein Ende finden, bevor seine steif gestärkte Halsbinde zu erschlaffen begann.
    „Ich verabscheue es, über Geld zu sprechen“, stellte sein Vater klar. „Eine Unsitte. Leider lässt sich das Thema nun nicht mehr umgehen. Wenn du deine jüngeren Brüder um das bringen willst, was ihnen zusteht, dann soll es wohl so sein.“
    „Meine Brüder?“ Alistair begegnete dem argwöhnenden Blick seines Vaters. „Warum sollte ich ...“Er verstummte, weil Lord Hargates Mundwinkel leise zuckten und die Andeutung eines Lächelns erkennen ließen.
    Oh, dieses Lächeln verhieß nie etwas Gutes.
    „Lass es mich dir erklären“, meinte Lord Hargate.
    „Er gibt mir Zeit bis zum ersten Mai“, berichtete Alistair seinem Freund Lord Gordmor an jenem Nachmittag. „Hast du schon jemals so etwas Grausames gehört?“
    Er war eingetroffen, während sein einstiger Waffenbruder sich gerade ankleidete. Gordmor brauchte nur einen einzigen Blick auf Alistairs Miene zu werfen, um seinen Kammerdiener hinauszuschicken. Sowie sie ungestört waren, hatte Alistair von dem morgendlichen Treffen mit seinem Vater zu erzählen begonnen.
    Anders als die meisten Adeligen war der Viscount bestens imstande, sich ohne fremde Hilfe anzukleiden, und genau das tat er, derweil sein Besucher ihm Bericht erstattete.
    Nun stand Seine Lordschaft gerade vor dem Spiegel und legte die Halsbinde an. Da dies einem nicht nur abverlangte, den Knoten einwandfrei zu schnüren, sondern auch die Falten mit peinlichster Sorgfalt aufzuwerfen, vertat man meist ein halbes Dutzend frisch gestärkter Linnentücher, bevor Vollkommenheit erreicht war.
    Alistair lehnte am Fenster des Ankleidezimmers und sah seinem Freund dabei zu, wenngleich das kunstfertige Anlegen einer Halsbinde mit dem heutigen Morgen ein wenig seines einstigen Reizes für ihn verloren hatte.
    „Dein Vater ist mir ein Rätsel“, bemerkte Gordmor.
    „Er findet, ich solle eine Erbin heiraten. Ist das zu fassen? Nach der Katastrophe mit Judith?“
    Gordmor hatte Alistair damals gewarnt, dass ein Einzelkind nie die Aufmerksamkeit und die Liebe seiner Eltern mit Geschwistern habe teilen müssen und daher oft die Neigung zeige, verzogen und verwöhnt zu sein.
    „Sicher gibt es zumindest eine Erbin in England, die nicht unansehnlich oder anderweitig unerfreulich ist“, meinte Gordy.
    „Das ändert nichts an der Sache“, befand Alistair. „Ich gedenke nicht zu heiraten, bevor ich alt und schwach bin. Mit fünfundvierzig vielleicht. Nein, besser mit fünfundfünfzig. Sonst begehe ich nur erneut eine furchtbare Dummheit und werde dann bis ans Ende meiner Tage damit leben müssen.“ „Du hattest bislang lediglich Pech mit den Frauen“, beschwichtigte ihn Gordy.
    Alistair schüttelte den Kopf. „Nein, es ist eine verheerende Charakterschwäche - ich verliebe mich zu rasch und stets unbedacht, und dann folgt ein Unheil auf das andere. Ich frage mich, weshalb mein Vater nicht einfach eine reiche Gemahlin für mich auswählt. Seine Urteilskraft ist sicherlich besser als
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