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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman
Autoren: Loretta Chase
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bin zutiefst dankbar, dass sie dir mein unsägliches Verhalten nicht zum Vorwurf gemacht hat.“ Gordmor zupfte missmutig an seiner Halsbinde, warf sie dann beiseite und nahm sich eine neue von dem Stapel säuberlich gefalteten und frisch gestärkten Linnens, der neben dem Spiegel lag. Dann ließ er das Tuch wieder sinken und wandte sich abermals an Alistair. „Car, ich möchte dich um Entschuldigung bitten“, sagte er.
    „Das hast du bereits getan. Gestern, im Hyde Park.“ „Nein, da hatte ich Miss Oldridge um Verzeihung gebeten. Aber all unsere Probleme und Auseinandersetzungen beruhten letztlich darauf, dass ich nicht an dich geglaubt habe. Meine Schwester hat mir beständig damit in den Ohren gelegen, wie sehr du dich seit Waterloo verändert hättest, und brachte mich beinahe zu der Überzeugung, dass du nicht mehr ganz zurechnungsfähig seist. Sie redete unablässig von perniziöser Melancholie, und ich wusste kaum mehr, was ich dem entgegensetzen sollte, denn du schienst nach Waterloo wahrlich all deine Kraft und Leidenschaft eingebüßt zu haben. Du schenktest nicht einmal den Frauen noch Beachtung, obwohl sie sich von allen Seiten auf dich stürzten.“
    „Vielleicht hatte deine Schwester gar nicht so unrecht“, gab Alistair zu bedenken. „Ich litt tatsächlich unter einer Form der Melancholie, wenngleich ich noch nie gehört habe, dass man sie als ,perniziöse' bezeichnen würde. Es begann nach Waterloo. Ich habe mir sagen lassen, dass ein solches Leiden unter Soldaten und Seeleuten nicht unbekannt ist - manche erholen sich nie mehr davon. Mein Fall kann somit nicht gar so perniziös gewesen sein.“
    Gordy betrachtete ihn einen Augenblick. „Nein, denn heute bist du wieder ganz der Car, den ich schon immer gekannt habe, und nicht mehr der Fremde, der du mir nach deiner Rückkehr vom Kontinent warst.“
    „Ich weiß selber nicht genau, wie oder warum ich so geworden bin“, bekannte Alistair.
    „Ich möchte meinen, dass ein Aufenthalt in jenem Lazarettzelt den Verstand eines jeden Mannes durcheinanderzubringen vermag“, fand Gordy.
    „Ich hatte entsetzliche Angst“, sagte Alistair. Es war das erste Mal, dass er sich dies laut und in Anwesenheit eines anderen eingestand. Nicht einmal mit Mirabel hatte er bislang darüber gesprochen. Aber er würde es tun.
    Doch Gordy nahm sein Eingeständnis, ohne mit der Wimper zu zucken, auf. „Du hast deine Angst sehr gut überspielt“, meinte er. „Ich ahnte nichts davon. Aber letztlich war ich wohl selbst zu entsetzt von allem, was geschah, um dir allzu viel Beachtung zu schenken. Ich wusste, dass ich dir beistehen musste, Car, und ich hätte es auch getan, doch dann hätte ich uns beiden Schande bereitet. Mir wäre übel geworden ... wahrscheinlich wäre ich gar von einer Ohnmacht heimgesucht worden. Mir ist bewusst, dass dies unglaublich und unverzeihlich eigennützig klingen muss, aber ich war auch meinetwegen zutiefst erleichtert, als du dich dem Vorschlag des Wundarztes, dein Bein zu amputieren, so vehement widersetzt hast.“
    „Dir wäre allen Ernstes übel geworden?“
    „Es war schlimmer, unendlich viel schlimmer, als in den Schlachten zu kämpfen, denn dort war man ganz in den Wirren des Kampfes befangen. Ich konnte es kaum noch erwarten, dass wir beide endlich von diesem Ort des Schreckens fortkamen.“
    „Die Säge“, erinnerte sich Alistair schaudernd. „Blutverkrustet.“
    „Die Ärzte“, fügte Gordy hinzu, „waren von oben bis unten verschmiert mit Blut und Gott weiß was noch. Und der Gestank!“
    „Wenn ich gekonnt hätte, so wäre ich schreiend davongelaufen - wie ein Mädchen“, gestand Alistair, dem das Geständnis ganz leicht ums Herz werden ließ.
    „Ich wäre dir dicht auf den Fersen gewesen“, meinte Gordy, „und hätte sicher noch viel lauter und schriller geschrien als du, denn ich habe ja leider nicht einen so wunderbar tiefen Bass wie du.“
    Und dann mussten sie lachen, weil ihnen beiden an diesem ruhmreichen, schrecklichen Tag so ganz und gar nicht gefasst zumute gewesen war, und Alistair wusste auf einmal wieder, weshalb Gordy schon immer sein bester Freund gewesen war.

21. KAPITEL
    Der Tag der Hochzeit dämmerte strahlend heiter herauf, und der Bräutigam war schon lange vor der besagten Stunde hellwach und ging ruhelos in seinem Schlafzimmer in Hargate House auf und ab.
    Crewe hatte des Nachts eine Vorahnung gehabt.
    „Warum hatten Sie eigentlich keine an jenem Tag, da Mr. Oldridge verschwand?“, wollte
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