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Ein unbezaehmbarer Verfuehrer

Titel: Ein unbezaehmbarer Verfuehrer
Autoren: Elizabeth Hoyt
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sehen. Draußen war jemand! Sie musste an Sir Alistairs entsetzliches Gesicht denken. Und wie groß er war! Größer noch als der Duke. Was, wenn er gekommen war, um sie davonzujagen?
    Oder Schlimmeres?
    Abigail hielt die Luft an und wartete. Die Schenkel taten ihr weh, weil sie so lange reglos über dem Nachttopf hockte, und ihr Po fing an, kalt zu werden. Vor der Tür hustete jemand und spuckte aus, ein raues, widerlich gurgelndes Geräusch, bei dem es Abigail den Magen umdrehte. Dann knarrten die Dielen unter den sich langsam entfernenden Schritten.
    Sie wartete noch, bis es wieder ganz still war, dann stand sie vom Nachttopf auf, krabbelte zurück ins Bett und zog sich und Jamie die Decke über den Kopf.
    „Was ist?", murmelte Jamie und drängte sich wieder an sie.
    „Schsch!", zischte Abigail.
    Sie hielt den Atem an und lauschte, doch nichts war zu hören außer dem leisen Schmatzen von Jamie, der am Daumen lutschte. Das sollte er eigentlich längst nicht mehr, aber Miss Cummings war ja nicht hier, um zu schimpfen. Abigail schlang die Arme um ihren kleinen Bruder.
    Mama hatte gesagt, sie müssten London verlassen. Sie könnten nicht länger in dem schönen großen Haus bleiben, bei Miss Cummings und all den anderen Dienstboten, die sie schon ihr Leben lang kannte. Sie könnten ihre hübschen Kleider und die Bilderbücher nicht mitnehmen, und, nein, auch keine Kuchen mit Zitronencreme. Kurzum: Alles, was Abigail lieb und ihr vertraut war, musste zurückbleiben. Aber gewiss hatte Mama keine Ahnung gehabt, wie schrecklich es hier sein würde. Oder? Wie düster und dreckig die Burg war, wie Furcht einflößend der Burgherr! Wenn der Duke dies alles wüsste, würde er bestimmt kommen und sie wieder nach Hause holen.
    Oder?
    Abigail lauschte dem kleinen Männchen, das im Dunkel ums Gemäuer strich, und wünschte, sie wäre sicher und wohlbehalten zu Hause in London.
    Als der Morgen heraufdämmerte, wachte Helen auf. Vor dem Schlafengehen hatte sie sich vergewissert, dass die Vorhänge aufgezogen waren, denn sie wollte beim ersten Licht des Tages aufstehen. Auch wenn man das, was sich hier durch die trübe Scheibe mühte, kaum Licht nennen konnte. Helen seufzte und wischte mit einem Vorhangzipfel über das Glas, verschmierte es aber nur noch mehr.
    „So ein schmutziges Haus habe ich noch nie gesehen", bemerkte Abigail und sah ihrem Bruder zu, der schon hellwach herumtobte.
    Der hintere Teil des Zimmers war mit etlichen Polsterstühlen vollgestopft, so, als hätte man sie vor langer Zeit dort abgestellt und dann vergessen. Jamie sprang von Stuhl zu Stuhl, und bei jeder Landung stob eine Staubwolke auf. Mittlerweile war sein Gesicht von einer grauen Schmutzschicht überzogen.
    Du lieber Himmel, wie sollte sie das nur schaffen? Die Burg starrte vor Dreck, der Burgherr war ein widerwärtiger, roher Mensch ohne Manieren und sie wusste beim besten Willen nicht, wo sie anfangen sollte.
    Doch blieb ihr kaum eine andere Wahl. Helen hatte den Duke of Lister nicht ohne Grund verlassen. Sie wusste, was für ein Mann er war. Einer, der nicht so einfach ziehen ließ, was in seinen Augen ihm gehörte. Er mochte sie seit Jahren nicht mehr begehrt und sich längst andere Mätressen genommen haben, betrachtete sie aber immer noch als sein Eigentum. Seine Mätresse, sein Besitz. Ebenso seine Kinder. Da bedeutete es gar nichts, dass er sein Lebtag kaum je ein Wort mit ihnen gewechselt und sie auch niemals anerkannt hatte. Er hatte sie gezeugt, und sie waren sein.
    Lister hielt seine Habe zusammen. Er verlor nicht gern, was ihm gehörte. Hätte er nur den geringsten Verdacht geschöpft, dass sie mit Abigail und Jamie fliehen wollte, hätte er ihr die Kinder weggenommen, dessen war sie sich sicher. Einmal, vor bald acht Jahren, als Abigail noch sehr klein gewesen war, hatte Helen ihm gegenüber erwähnt, dass sie ihn verlassen wolle. Als sie dann am Nachmittag vom Einkaufen nach Hause gekommen war, war Abigail verschwunden und die Amme in Tränen aufgelöst gewesen. Lister hatte das Kind bis zum Morgen behalten; jene Nacht verfolgte Helen noch immer bis in ihre Träume. Als er dann am nächsten Tag zu ihr gekommen war, war Helen ganz krank gewesen vor Sorge. Und Lister? Kam sorglos hereingeschlendert, das Kind auf dem Arm, und gab ihr deutlich zu verstehen, dass sie sich in ihre Beziehung zu fügen habe, wenn sie ihre Tochter behalten wolle. Sie war sein, und nichts und niemand könne daran etwas ändern.
    Als sie ihn dann doch verlassen
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