Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein unbezaehmbarer Verfuehrer

Titel: Ein unbezaehmbarer Verfuehrer
Autoren: Elizabeth Hoyt
Vom Netzwerk:
versetzte ihm einen Stich. Sie war so schön, so voller Liebe. Aber irgendwann musste doch auch sie bemerken, dass er nichts weiter war als ein grässlicher alter Feind der Menschen, der nichts weiter
    zu bieten hatte als eine ebenso grässliche alte Burg. Er hatte noch nicht einmal mit ihr besprochen, ob sie mit ihm nach Schottland zurückkehren wollte. Vielleicht würde sie auch, wenn sie erst wieder auf Castle Greaves wäre, alles viel zu provinziell finden und ihn endgültig verlassen. Er sollte endlich mit ihr darüber reden, aber wenn er ganz ehrlich war, so wollte er sie nicht verfrüht darauf ansprechen. Gut möglich, dass er ein Feigling war. Aber dann war er eben einer.
    Während der nächsten Stunde plapperten die Kinder ohne Pause. Meist war es Jamie, der redete. Ganz aufgeregt erzählte er von ihrer Entführung und der entsetzlich langen Kutschfahrt nach London mit dem widerlichen Wiggins. Alistair fiel auf, dass der Junge seinen Vater kaum erwähnte. Wenn überhaupt, sprach er vom „Duke". Die Kinder schienen keinerlei Gefühle für ihren Vater zu hegen. Vielleicht war das ganz gut so.
    Kurz hinter London fuhr die Kutsche rumpelnd in den Hof eines Wirtshauses und hielt.
    Helen beugte sich vor, um aus dem Fenster zu sehen. „Weshalb halten wir hier?"
    „Ich muss kurz etwas erledigen", wich Alistair aus. „Warte bitte hier."
    Ehe sie ihm noch mehr Fragen stellen konnte, war er auch schon aus dem Wagen gesprungen. Der Kutscher stieg vom Bock. „Eine halbe Stunde, hatten Sie gesagt, Sir?"
    Alistair nickte. „Ganz richtig."
    „Zeit für ein Bierchen", meinte der Mann und verschwand im Wirtshaus.
    Alistair schaute sich im Hof um. Es war ruhig um diese Zeit, außer der ihren war keine Kutsche zu sehen. Nur ein Fuhrkarren stand unter dem Stalldach, das Zugpferd döste träge vor sich hin. Da trat ein Gentleman aus dem Wirtshaus. Er schirmte seine Augen mit einer Hand ab und sah über den sonnenbeschienenen Hof, schließlich entdeckte er die Kutsche und Alistair. Er ließ die Hand sinken und ging langsam auf Alistair zu. Der Gentleman trug eine graue Perücke mit kurzem Haar, und als er näher kam, konnte Alistair sehen, dass seine Augen von einem strahlenden Blau waren. Glockenblumenblau.
    Der Gentleman richtete seinen Blick an ihm vorbei auf die Kutsche. „Ist sie ...?"
    Alistair nickte. „Ich warte im Wirtshaus. Dem Kutscher habe ich gesagt, dass wir in einer halben Stunde weiterfahren würden. Es steht Ihnen frei, ob Sie so lange bleiben wollen."
    Ohne abzuwarten, was der andere tun würde, ging Alistair zum Wirtshaus hinüber.
    „Was will er nur hier?", murmelte Helen, während sie wartend in der Kutsche saß.
    „Bestimmt muss Sir Alistair mal", meinte Jamie altklug. Aufmerksam musterte sie ihren Sohn. Jamie war zwar schon fünf, aber die Blase eines Fünfjährigen ...
    Da klopfte es einmal kurz an die Kutschentür. Helen runzelte die Stirn. Wer konnte das sein? Gewiss würde Alistair doch nicht an seine eigene Kutsche klopfen? Dann flog der Schlag auf, und sie verlor fast den Verstand.
    „Papa", flüsterte sie mit bebender Stimme.
    Seit vierzehn Jahren hatte sie ihn nicht gesehen, doch nie würde sie sein Gesicht vergessen. Um die Augen hatte er ein paar Falten mehr, ebenso auf der Stirn, und seine graue Doktorenperücke sah neu aus; mag sein, dass er um den Mund verkniffener schien, als sie ihn in Erinnerung hatte, aber er war zweifelsohne ihr Papa.
    Er sah sie an, doch er lächelte nicht. „Darf ich hereinkommen?"
    „Natürlich."
    Er stieg in die Kutsche und nahm ihr gegenüber Platz. Sein Rock, seine Weste, seine Breeches waren schwarz, was ihn sehr düster wirken ließ. Nun, da er in der Kutsche war, schien er nicht so recht weiterzuwissen.
    Helen legte die Arme um ihre Kinder. Sie räusperte sich, um klar und deutlich zu sprechen. „Das sind meine Kinder. Abigail, die neun ist, und Jamie, er ist fünf. Kinder, das ist mein Vater — euer Großpapa."
    „Guten Tag, Sir", sagte Abigail höflich.
    Jamie starrte seinen Großvater bloß an.
    „Jamie." Papa räusperte sich. „Ah ... nun ja.”
    Sein eigener Vorname war James. Helen wartete, ob er noch etwas dazu sagen würde, doch es schien ihm die Sprache verschlagen zu haben.
    „Wie geht es meinen Geschwistern?", erkundigte sie sich förmlich.
    „Alle verheiratet. Timothy gerade letztes Jahr mit Annie Harris. Du erinnerst dich doch noch an sie, oder? Hat zwei Häuser weiter gelebt und dieses schlimme Fieber gehabt, als sie kaum zwei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher