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Ein Traummann auf Mallorca

Ein Traummann auf Mallorca

Titel: Ein Traummann auf Mallorca
Autoren: Penny Roberts
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nicht mehr weit“, entgegnete Javier beruhigend. „Und wir wollen doch, dass wir und das Vogelbaby heil ankommen, nicht wahr, mi corazón ? Selbst in einer Situation wie dieser darf man keine unnötigen Risiken eingehen und sich selbst und andere damit gefährden, verstehst du?“
    Aurora nickte, doch als Charlene sich zu ihr umdrehte, sah sie dem Kind deutlich an, dass die Worte seines Vaters gar nicht zu ihm durchgedrungen waren. Und das war in Charlenes Augen auch kein Wunder. Generell hatte sie zwar nichts dagegen einzuwenden, wenn Eltern ihren Kindern Ratschläge fürs Leben gaben. In diesem speziellen Fall jedoch konnte der Zeitpunkt kaum ungünstiger sein.
    „Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet Sie einen Tierarzt in der Nähe kennen würden“, sagte sie nun an Javier gewandt, um das Thema zu wechseln.
    Es war das zweite Mal im Verlauf der letzten halben Stunde, dass sie ihr loses Mundwerk verfluchte. Nicht genug damit, dass sie ihren künftigen Arbeitgeber zuerst für den Gärtner gehalten hatte, nein! Selbst später, als ihr längst aufgegangen war, wen sie vor sich hatte, war sie mit ihm umgesprungen wie mit einem Dienstboten. Was ist bloß in mich gefahren? schoss es ihr durch den Kopf.
    Nun, zumindest hatte er sie nicht gleich wieder vor die Tür gesetzt, sondern auf ihre Anweisung hin tatsächlich umgehend den Wagen geholt. Aber vielleicht hielt er sich auch nur in Gegenwart seiner Tochter zurück, wer konnte das schon sagen?
    Charlene musterte ihn aus den Augenwinkeln. Er trug noch dieselbe Kleidung wie vorhin im Park. Trotzdem fragte sie sich mittlerweile, wie sie ausgerechnet ihn für den Gärtner hatte halten können. Die Aura von Dominanz und Überlegenheit, die er ausstrahlte, passte definitiv nicht zu einem einfachen Arbeiter. Nur im Umgang mit seiner Tochter wirkte er überraschend gehemmt und unbeholfen. So, als sei er nicht daran gewöhnt, das Kind um sich zu haben.
    Sie holte tief Luft und schob die seltsamen Gedanken von sich, ehe sie sich in ihrem Kopf einnisten konnten. Wenigstens schien er nicht wütend über ihren Auftritt, doch das mochte täuschen. Manchen Menschen sah man nicht an, ob sie innerlich brodelten. Und nach allem, was sie über Javier Santiago wusste, gehörte er nicht gerade zu den Menschen, die sich eine respektlose Behandlung von einer Angestellten bieten ließen.
    Verflixt, Charlene, was hast du nur wieder angerichtet? Wenn du den Job nicht bekommst, gibt es nichts, was du noch für deinen Vater tun kannst …
    Sie stieß den Atem aus. Nicht zum ersten Mal in den vergangenen paar Tagen wunderte sie sich über sich selbst. Die Beziehung zu ihrem Vater war nie sonderlich eng gewesen, im Gegenteil. Ich habe nie auf ihn zählen können, wenn ich ihn brauchte, erinnerte sie sich bitter . Fast immer blieb er bis spät in die Nacht in der Werft und nahm sich dann oft noch Büroarbeit mit nach Hause . Anders als für andere Väter waren für ihn Sonn- und Feiertage kein Anlass gewesen, etwas mit seiner Tochter zu unternehmen. Wie viele Weihnachtsfeste hatte sie allein unter dem Weihnachtsbaum verbracht? Oder schlimmer noch: im Kreise der Familie einer Freundin, wo ihr der enge Zusammenhalt von Eltern und Kindern nur noch deutlicher vor Augen führte, was sie selbst so schmerzlich vermisste.
    Sie konnte sich noch an eine Zeit erinnern, bevor ihre Mutter sie verlassen hatte. Eine Zeit, als sie Nachmittage am Strand verbracht und Ausflüge nach Palma unternommen hatten oder auf den Puig Mayor, den höchsten Berg Mallorcas, gewandert waren. Heute erschien ihr diese Zeit manchmal wie ein schöner Traum, denn danach hatte sich ihr Leben radikal verändert …
    Zu Anfang, Charlene war gerade fünf geworden, machte es sie furchtbar traurig, dass ihr Vater anscheinend nichts von ihr wissen wollte. Mit allen Mitteln, die einem Kind zur Verfügung standen, versuchte sie, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – vergeblich. Graham Beckett schien in seiner eigenen Welt zu leben, in der er von den Nöten seiner Tochter vollkommen unberührt blieb.
    Mit den Jahren schlug ihre Traurigkeit in Wut um. Anstatt ihn für sich interessieren zu wollen, brach sie immer häufiger Streit vom Zaun. Doch auch das rüttelte ihren Vater nicht wach. Schon während ihrer Ausbildung zur Erzieherin, die sie in einem privaten Haushalt absolvierte, wurden die Spannungen zwischen ihnen unerträglich. Kurz nach ihrer Abschlussprüfung kam es dann zum Krach, und Charlene packte ihre Koffer und ging
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