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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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argwöhnischen Blick hinter Lord Peters sich entfernendem Rücken her. »Guter alter Sugg«, sagte der Gentleman liebevoll, »mein lieber, guter Alter, wie mußt du mich doch hassen!«

2. Kapitel
    »Ausgezeichnet, Bunter«, sagte Lord Peter und ließ sich seufzend in einen luxuriösen Sessel fallen. »Das hätte ich selbst nicht besser gekonnt. Der Gedanke an den Dante macht mir den Mund wäßrig - und die  Four Sons of Aymon!  Und dann haben Sie mir noch sechzig Pfund gespart - hervorragend. Wofür wollen wir die ausgeben, Bunter? Denken Sie mal nach - sie gehören ganz uns, wir können damit machen, was wir wollen, denn wie Harold Skimpole so richtig sagt: Sechzig Pfund gespart sind sechzig Pfund verdient, und ich hatte ja damit gerechnet, sie ausgeben zu müssen. Es ist Ihre Ersparnis, Bunter, also sind es genaugenommen Ihre sechzig Pfund. Was brauchen wir? Etwas in Ihrem Metier? Möchten Sie in der Wohnung etwas verändert haben?«
    »Nun, Mylord, wenn Eure Lordschaft so gütig sind -«, der Diener hielt inne, um einen alten Kognak einzuschenken. »Los, heraus damit, Bunter, Sie undurchschaubarer Heuchler. Sie brauchen gar nicht erst in einem Ton zu reden, als ob Sie das Abendessen ankündigen wollten - Sie verschütten den Kognak. Die Stimme ist Jakobs Stimme, doch sind es Esaus Hände. Also, was fehlt in Ihrer geheiligten Dunkelkammer?«
    »Es gibt da jetzt einen Doppel-Anastigmat mit einem Satz Zusatzlinsen, Mylord«, sagte Bunter in einem Ton beinahe religiösen Eifers. »Wenn wir zum Beispiel einen Fall von Urkundenfälschung hätten - oder Fußabdrücke - könnte ich sie direkt in der Kamera vergrößern. Oder das Weitwinkelobjektiv wäre auch sehr nützlich. Es ist, als ob die Kamera hinten Augen hätte, Mylord. Sehen Sie - ich habe es hier.«
    Er zog einen Katalog aus der Tasche und legte ihn, vor Aufregung zitternd, seinem Arbeitgeber vor.
    Lord Peter las langsam die Beschreibung durch. Die Winkel seines breiten Mundes hoben sich zu einem feinen Lächeln. »Das ist für mich Chinesisch«, sagte er, »und fünfzig Pfund für ein paar Stückchen Glas kommen mir lächerlich viel vor. Aber Sie, Bunter, würden wahrscheinlich sagen, daß siebenhundertfünfzig Pfund für ein schmutziges altes Buch in einer toten Sprache auch ein bißchen viel sind, nicht?«
    »Es stände mir nicht an, so etwas zu sagen, Mylord.«
    »Nein, Bunter, ich zahle Ihnen zweihundert Pfund im Jahr, damit Sie Ihre Ansichten für sich behalten. Sagen Sie, Bunter, finden Sie das in diesen demokratischen Zeiten nicht ein bißchen ungerecht?«
    »Nein, Mylord.«
    »Nein? Dann sagen Sie mir mal ganz ehrlich, warum Sie das nicht ungerecht finden.«
    »Offen gesagt, Mylord, beziehen Eure Lordschaft die Einkünfte eines Edelmannes, damit Sie Lady Worthington zum Essen einladen und es sich versagen, dabei von Eurer Lordschaft unbezweifelbarer Schlagfertigkeit Gebrauch zu machen.«
    Lord Peter ließ sich das durch den Kopf gehen. »So sehen Sie das, Bunter?  Noblesse oblige -  für gutes Geld. Wahrscheinlich haben Sie recht. Dann geht es Ihnen besser als mir, denn ich müßte mich gegenüber Lady Worthington auch dann benehmen, wenn ich keinen Penny besäße. Bunter, wenn ich Sie auf der Stelle feuerte, würden Sie mir dann sagen, was Sie von mir halten?«
    »Nein, Mylord.«
    »Sie hätten alles Recht dazu, mein Lieber, und wenn ich Ihnen kündigte, obwohl ich Ihren Kaffee trinke, würde ich sogar alles verdienen, was Sie mir an den Kopf zu werfen hätten. Sie sind ein Kaffeezauberer, Bunter - ich will gar nicht wissen, wie Sie ihn machen, denn ich halte es für Hexerei und habe keine Lust, im ewigen Feuer zu schmoren. Also, kaufen Sie sich Ihre schielende Kamera.«
    »Vielen Dank, Mylord.«
    »Sind Sie im Eßzimmer schon fertig?«
    »Nicht ganz, Mylord.«
    »Dann kommen Sie wieder, wenn Sie fertig sind. Ich habe Ihnen viel zu erzählen. Hallo! Wer ist denn das?«
    Es hatte laut an der Wohnungstür geklingelt. »Wenn es niemand Interessantes ist, bin ich nicht zu Hause.«
    »Sehr wohl, Mylord.«
    Lord Peters Bibliothek war eines der hübschesten Junggesellenzimmer in ganz London. Sie war in Schwarz und Primelgelb gehalten; ihre Wände bedeckten seltene Bücher, und in den Polstern ihrer Sessel und des Chesterfieldsofas fühlte man sich wie in Abrahams Schoß. In einer Ecke stand ein schwarzer Stutzflügel, auf einem großen, altmodischen Rost züngelte ein Holzfeuer, und die Sevrès-Vasen auf dem Kaminsims waren mit rötlichen und goldenen
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