Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Toter hat kein Konto

Ein Toter hat kein Konto

Titel: Ein Toter hat kein Konto
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
mich auf und tat zwei, drei Schritte. Zweieinhalb, um
genau zu sein. Der dritte blieb in der Schwebe. Eine der Pappeln war vom Wind
entwurzelt worden und mir direkt auf den Hinterkopf gefallen. Vor meinen Augen
brannten tausend von schwarzen Kreisen umrahmte Kerzen. Die Kerzen wurden
ausgeblasen (bestimmt wieder vom Wind!), und die schwarzen Kreise verwandelten
sich in Scheiben, in Schallplatten, auf denen Glocken läuteten. Ich freute mich
über die hübsche Darbietung. So langsam gewöhnte ich mich an den Zustand wie an
einen alten Freund.
    Jemand hatte mir einen Schlag mit einem Knüppel
verpaßt. Bewußtlos brach ich zusammen.

23

Inschallah!
     
     
    An einem staubigen Ort kam ich wieder zu mir.
Über meinem schmerzenden Kopf pfiff der Wind, und Dachziegel klapperten. Joëlle
hatte am selben Tag von „altem Plunder“ geredet, der auf dem Dachboden des
Pappelhauses herumliege. Wie recht sie hatte! An besonders schönen Tagen lagen
dort sogar dynamische Detektive herum, geknebelt und gefesselt.
    Ich robbte zu zwei schlecht aneinandergefügten
Bohlen, die mir einen Blick auf das gewährten, was sich unter mir abspielte.
Ein Araberquartett wuchtete gerade eine schwere Kiste auf eine andere. Es waren
Sidi-der-Beringte, der schöne Jüngling und der Mann, der mir im Antinéa die Rasierklinge an die Kehle gehalten hatte. Eine Tür, die direkt in meinem
Blickfeld lag, öffnete sich, und Moktar persönlich betrat die Bühne.
Offensichtlich hatte ich ganz schlechte Karten. Bevor sie sich mir widmen
würden, erledigten sie noch die Arbeiten, die dringend zu erledigen waren.
Danach würden sie mich ins Jenseits befördern. Endgültig. Moktar sagte etwas in
seiner Sprache und verschwand wieder. Kurz darauf kam er mit jemandem zurück,
der ihm den Titel als dickste Kugel ernsthaft streitig machen konnte: Maître
Lenormand, auf dem Weg in die eigene Gefängniszelle, wahrscheinlich um
herauszufinden, ob er auch sich selbst gut verteidigen könne.
    Die Gangster unterhielten sich eine Weile über
die Verteilung der Ware, dann fragte Lenormand:
    „Habt ihr geprüft, ob die Kugeln dasselbe
Kaliber haben? Nicht so wie beim letzten Mal
    Eine Kiste wurde geöffnet. Gewehre mit kurzem
Lauf, Parabellums und anderes sympathisches Gerät kamen zum Vorschein. Die
Araber luden einige Waffen, um sich zu vergewissern, daß alles zum Besten
bestellt sei.
    „Wir haben einen Kerl erwischt, der uns belauert
hat“, sagte der arabische Fettsack zuckersüß. „Ich kannte ihn bereits: Nestor
Burma, der Privatdetektiv.“
    „Ah, ja!“ rief der französische Fettsack. „Der
bei euch im Club war. Wir hätten euch vorwarnen sollen, aber der Chef konnte
mich nicht rechtzeitig benachrichtigen. Na ja, an dem Tag ist wohl so einiges
schief gelaufen... Aber, wie zum Teufel, ist er hierhergekommen?“
    „Zuerst ist er uns kurz vor der Kiesgrube
entwischt, und dann hat er Belkacem umgelegt, obwohl das genau umgekehrt
geplant war. Hab gehört, daß Riton unvorsichtig geworden ist und man ihn
deshalb
    „Bringt den Kerl her!“ unterbrach Lenormand die
Liste meiner Vergehen.
    Moktar gab ein Zeichen, und Sidi ging, zusammen
mit dem Rasiermesserhelden, zu einer Treppe, die todsicher zu mir auf den
Dachboden führte. Doch plötzlich bewegte sich niemand mehr im Raum. Alle
lauschten mit gespitzten Ohren auf ein Motorengeräusch, das sich dem Haus
näherte. Covet, um Gottes willen! Covet! Schritte polterten die Treppe in den
ersten Stock hinauf. Die Tür öffnete sich, und zwei Männer stürzten herein.
    „Halt!“
    Der Befehl kam von dem einen der beiden, den ich
kannte: Albert. Der Butler stand in strammer Haltung in seinem beigefarbenen
Regenmantel da. Seine erstaunliche Autorität verdankte er einer
Maschinenpistole, die er im Anschlag hielt. Er trat einen Schritt zur Seite, um
zwei weiteren Männern Platz zu machen. Ein Jüngerer stützte einen Älteren. Der
Ältere trug einen pelzgefütterten Mantel, aus dem sein Kopf wie der eines
Geiers herausragte. Er stützte sich auf einen dicken Stock. Es war Gérard
Flauvigny.
    „Platz da!“ brüllte Albert. „Der Boß will mit
euch sprechen! Hört ihm zu, Saubande! Ihr kennt euren Boß noch nicht, euren
Wohltäter, der euch nach der Befreiung aus dem Knast geholt oder dafür gesorgt
hat, daß ihr nicht eingelocht worden seid. Hier ist er! Und ihr wolltet ihn
verraten! Jetzt verlangt er Rechenschaft.“
    „Ich versteh kein Wort“, keuchte Lenormand. „Was
soll der Unsinn mit dem Verrat?“
    „Seien Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher