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Ein Toter fuehrt Regie

Ein Toter fuehrt Regie

Titel: Ein Toter fuehrt Regie
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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draußen in Kladow?»
    «Ja…»
    «Das Haus besichtigen?»
    «Nein, nur so mal…»
    «Da waren Sie auch im Keller – oder?»
    Brockmüller schloß die Augen und ließ sich tiefer ins Kissen sinken.
    «Auch im Keller?» wiederholte Mannhardt.
    «Ja.»

17
     
     
     
    Schräg gegenüber der Mordkommission, schon in der Kurfürstenstraße, lag eine Buchhandlung, und Mannhardt stöberte an diesem Vormittag in den Regalen. Seine Einstellung zu Büchern war auch nach der nervtötenden Blätteraktion bei Ossianowski draußen positiv geblieben. Erstaunlich. Wobei ihn zu dieser Stunde in erster Linie die bunten Buchrücken entzückten, das kindliche Vergnügen an Farben. Wenn er ein Buch aus einer der endlosen Reihen herauszog, dann tat er das zu seiner Überraschung – ansonsten war er Rechtshänder – mit der linken Hand… Nur um zu sehen, daß er noch einen kleinen Finger dort hatte und zwei unversehrte Fingerkuppen? Er konnte eben die Gedanken an Brockmüller und an Kuhring nicht vollends verdrängen. Ganz zu schweigen von Ossianowski.
    Der Fall war abzuschließen, noch vor dem Mittagessen; jede weitere Diskussion war sinnlos und hielt sie nur von anderen Aufgaben ab. Nur ein Narr konnte noch daran zweifeln, daß Ossianowski selber Kuhring vergiftet und dann versucht hatte, Brockmüller diesen Mord anzuhängen. Dabei war ihm zugute gekommen, daß Brockmüller Kuhrings Wecker angefaßt hatte und damit in einen bestimmten Verdacht geraten war. Er hatte aber von vornherein falsch kalkuliert, denn Kuhring konnte nach Lage der Dinge unmöglich der Vater von Annelie Brockmüllers Baby sein. Da war der sonst so kluge Owi reingefallen; wahrscheinlich hatte er sich hinreißen lassen von der krankhaften Freude, die er bei der Vorstellung empfand, nun die anderen ins Unglück zu bringen. Solche Dreiecksgeschichten pflegten ja selten mit Freudentänzen zu enden. Verständlich, daß er den beiden blind geglaubt hatte, verständlich auch, daß er sein Wissen genutzt hatte, um Brockmüller ein paar Jahre hinter Gittern zu verschaffen. Treten und getreten werden. Genial? Kaum. Aber verdammt gerissen.
    Ein Mensch zu werden, war schon das größte Unglück, das einem Lebewesen widerfahren konnte. Und unter den Menschen war der am beschissensten dran, der seine Brötchen bei der Mordkommission verdienen mußte…
    Mannhardt griff nach einem Buch. Pulitzerpreis, sieh da! Nat Turner… Nee, William Styron: Die Bekenntnisse des Nat Turner … Er war urlaubsreif. Spielerisch ließ er die Seiten über den rechten Daumen laufen. Auf Seite 31 blieb er hängen und überflog den letzten Absatz. In mancher Hinsicht, so dachte ich, muß eine Fliege mit zu den glücklichsten von Gottes Geschöpfen gehören. Gehirnlos geboren, gehirnlos sich ernährend, wo es Wärme und Feuchtigkeit gibt, paart sie sich gehirnlos, vermehrt sich und stirbt wieder hirnlos, ohne je Elend und Leid kennenzulernen…
    Da hatte er durch Zufall gerade die Stelle gefunden, die seiner augenblicklichen Stimmung am besten entsprach – und das versetzte ihn ruckartig in eine Welt, in der es Sonne gab und Lachen. Komische Reaktion. Irgendein Aberglaube? Vielleicht. Und er zerquetschte mit Styrons Taschenbuch eine Fliege, die über einen aufgeklappten Mondatlas kroch.
    Ohne ein Buch zu kaufen und mit einem feindseligen Blick auf das Regal, in dem die Kriminalromane standen, verließ er den Laden. Was tun? Ein bißchen bummeln? Zurück ins Büro? Der Fall Ossianowski war abgeschlossen; sie hatten sich ‘ne kleine Ruhepause verdient. Aber andererseits gab’s wieder Krach, wenn der Alte ihn beim Nichtstun erwischte. Ora et labora… Arschloch!
    Neben ihrem Sandsteinkasten zogen sie einen Neubau hoch; er sah ein bißchen zu, dann stieg er zum Büro hinauf. Drei Minuten später verfluchte er sich, daß er nicht den Kudamm hinuntergelaufen war.
    Koch kam auf ihn zu, ganz aufgeregt. «Du, der Schloo hat ein Geständnis abgelegt!»
    Mannhardt war verblüfft, brauchte eine Sekunde, um genau zu wissen, wer Schloo eigentlich war. Dann lachte er. «Der hat doch schon vor ein paar Tagen ein Geständnis abgelegt.»
    «Ja – aber das hat er inzwischen widerrufen.»
    Mannhardt verstand die Welt nicht mehr. «Schloo hat doch zugegeben, daß er Ossianowskis Killer war…?»
    «Das hat er nur getan, um uns in die Irre zu führen und seinen Leuten Zeit zu geben, sich abzusetzen.»
    «Mir geht’s jetzt wie Barzel: Ich schau da nicht mehr durch…»
    «Schloo ist
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