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Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan
Autoren: Jeffrey Deaver
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zeigten sich auch auf Mitchells Gesicht Tränen. »Es läuft nicht so, wie ich es geplant habe. Es funktioniert einfach nicht. Mir bleibt keine andere Wahl. Ach, Taylor …« Der Lauf der Waffe zitterte, und sie hob sich ein Stück. Fast hatte es den Anschein, als wollte Reece sich das kalte Metall an die Schläfe halten. Doch dann siegte sein tiefer sitzender Wille, und er richtete den Revolver wieder auf Taylor.
    Sie stand ganz still da. Ihr blieb nur noch übrig, die Augen zu schließen.
    Reece drückte ab.
    Das metallische Klicken des Hahns hallte so laut wie ein Schuss wider.
    Reeces Augen flackerten nervös. Er drückte noch drei weitere Male ab, mit dem stets gleichen Ergebnis. Seine Hand sank nach unten.
    »Sie sind falsch«, stammelte er in dem ungläubigen Ton von jemandem, der es nicht begreifen kann, dass er an einem tragischen Unfall beteiligt ist. »Ist alles falsch?«
    Taylor wischte sich die Tränen von der Wange. »Oh, Mitchell …«
    Burdick trat rasch zu ihnen und nahm Reece die Pistole ab.
    »Die Waffe ist echt, Mitchell«, sagte Taylor, »nur die Kugeln nicht. Ich hatte eine Vermutung, und es fehlte mir noch an Beweisen, dass du es gewesen bist.«
    Reece lehnte sich an die Wand. »O mein Gott …«
    »John!«, rief Taylor.
    Zwischen den Schatten bewegte sich etwas, und John Silbert Hemming trat aus einer Ecke des Konferenzraums. Er schaltete den Recorder ab, den er in der Hand hielt. Reece starrte erst ihn und dann Taylor an. »Sie hätten die Sache schon viel früher beenden können«, sagte Hemming zu Taylor. »Ich hatte längst genug auf dem Band, um ihn zu überführen.«
    Aber sie sah nur Reece an und flüsterte: »Ich brauchte einfach die Gewissheit, ob er es wirklich tun würde.«
    Hemming legte Reece Handschellen an.
    »Wie bist du dahinter gekommen?«, fragte Reece. Sie hatte noch nie solch ein Erstaunen und solch eine Verwirrung in den Augen eines Menschen gesehen.
    »Durch das Gedicht. Lindas letztes Gedicht«, antwortete sie. »Als ich es gelesen hatte, sagte ich mir, dass niemand so etwas schreibt, der vorhat, sich das Leben zu nehmen. Ihre Zeilen waren vielmehr ein Liebesgedicht. Es geht in ihnen nicht darum, sich von diesem Leben zu verabschieden, sondern um Einsamkeit und Alleinsein. Kein potenzieller Selbstmörder würde so etwas hinterlassen.«
    Reece schüttelte den Kopf. »Unmöglich. Zu einer solchen Schlussfolgerung konntest du gar nicht kommen.«
    »Ich habe über alles nachgedacht, was geschehen ist. Über deine strategischen Fähigkeiten, über Claytons Hang, allen Frauen an die Wäsche zu wollen, darüber, wie leicht es für dich sein müsste, von einem deiner Mandanten eine Waffe zu kriegen, darüber, wo du dich in der Nacht aufgehalten hast, in der Clayton ums Leben kam, und über deine Fahrten nach Westchester. Einen konkreten Beweis bekam ich dadurch nicht in die Hand. Den fand ich erst in den Akten. Im Fall Quail Island Lodge. Da ging es um Botulismusbakterien, und beigefügt war der Bericht eines Sachverständigen von der American Biological Supply. Und auf einmal kam mir der Gedanke, du könntest ihn letzte Woche angerufen und bestochen haben, dir eine Botulismuskultur zu besorgen. Außerdem fand ich die Akte des Falles State Farm. Ein Wagen kam da von der Straße ab und stürzte in einen See. Er landete jedoch auf einem Felsvorsprung, was verhinderte, dass er unterging. Wir sind in der Nacht nach der Party an exakt derselben Stelle von der Straße abgekommen. Du wolltest es so aussehen lassen, als wäre Clayton verzweifelt genug, um uns nach dem Leben zu trachten, denn dann wäre auch sein vorgeblicher Selbstmord glaubhaft geworden. Du hast Donalds Namen eingetragen, als du die Akten ausgeliehen hast, aber ich habe auf ihnen deine Fingerabdrücke entdeckt. Über Linda und dich war ich mir nicht sicher, da hatte ich nur eine leise Ahnung. Jedenfalls habe ich Donald angerufen, und wir haben diese kleine Szene hier inszeniert, um Gewissheit zu erhalten.«
    »Es hat dir einfach nicht gereicht, was?«, sagte Reece leise. »Du warst nicht bereit, dich mit einem offensichtlichen Selbstmord zufrieden zu geben. Nein, nicht du. Dein Vater hat für die Toten getan, was er konnte. Er hat sie mit Make-up hergerichtet, sie in ihren Sonntagsanzug gesteckt, sie vielleicht auch in harmlose Karikaturen ihrer selbst verwandelt und sie schließlich in die Kiste gelegt. Nun ja, das und ein paar Tränen sind alles, was wir im Tod bekommen, Taylor, denn das Leben geht unerbittlich
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